Montag 02.06.2025 – Schnitzeljagd gefällig?!
Als Ich mit gepacktem Rucksack mein kleines Zimmer am Stadtrand von Lençóis verlasse, ist es bereits recht spät. Zügig mache Ich mich auf den Weg zur aus dem Ort herausführenden Straße – viel Verkehr herrscht dort nicht leider nicht. Die zwölf Kilometer bis an die Hauptstraße laufen zu müssen, würde mich in meinem ambitionierten Zeitplan für den Tag ordentlich nach hinten werfen und doch scheint es mir die beste Lösung zu sein. Nach einiger Zeit, die Ich die kurvige Straße entlanggestapft bin, bremst neben mir ein weißer Volkswagen ab. Der Fahrer, ein junger Mann mit Kippe in der Hand, bietet mir an, mich ein Stück mitzunehmen. Mit bis zum Anschlag durchgedrücktem Gaspedal rasen wir in dem kleinen Pick-Up in die erste Ortschaft an der Hauptstraße, wo Ich wieder aussteige. Eine knappe Stunde stehe ich dort, bevor ein Lastwagen auf dem Kopfsteinpflaster-Bankett hält und mich einsammelt. Gegen Mittag erreichen wir Itaberaba, wo sich die Wege des LKWs von den meinen trennen. Zu Fuß laufe Ich in der prallen Mittagssonne einmal bis ans andere Ende der Stadt und setze mich dort in die Churrascaria einer Tankstelle. Als Ich nach dem Essen meinen Laptop aus dem Rucksack krame, um eine Nachhilfestunde zu geben, kann ich meine Kopfhörer nicht finden. Noch einmal und noch einmal, durchsuche Ich meinen Rucksack – doch die AirPods bleiben verschwunden. Ich ahne Böses: Meine AirPods mussten in einem der Autos aus dem Rucksack gefallen sein. Vor meinen Inneren Auge sehe Ich die Szene aus dem VW-Pick-Up, welcher mich heute Morgen mit an die Hauptstraße genommen hatte: Mein Rucksack lag auf der Rückbank, ich beugte mich nach hinten und kramte mein Handy aus dem Deckelfach – da muss es passiert sein! Ein Blick in die „Find My“-App meines Handys bestätigt meinen Verdacht: Die Kopfhörer werden mir an einer Tankstelle in dem Ort, wo man mich rausgelassen hatte, angezeigt. Shit! Nachdem Ich die Nachhilfestunde irgendwie ohne Kopfhörer hinter mich gebracht habe, muss Ich mich entscheiden, was Ich nun tat: Das letzte Signal der Kopfhörer war drei Stunden her; die Chancen, dass das Auto noch immer an jener Tankstelle stand, damit ziemlich gering. Da hier bei weitem nicht so viele Leute ein iPhone besitzen, wie in Europa, funktioniert das Tracking von AirTags, AirPods & Co. – gerade in ländlichen Regionen – nur sehr eingeschränkt. Eine Schnitzeljagd, in der ich immer den aktuellen Ping hinterherjage, dürfte entsprechend lang und schwierig werden – waren ein paar Bluetooth-Ohrstöpsel diesen Aufwand wert?! Ich entscheide mich mit gemischten Gefühlen nicht umzudrehen, sondern weiter zu trampen – und das funktioniert wirklich einwandfrei. Ich bekomme einen Lift nach dem nächsten: Erst von einer skeptischen Rentnerin, dann vom einem Schweine-Transporter und dann von einem Kleinlastwagen. Selbst als Ich nach Sonnenuntergang noch einmal im Lichtkegel einer Straßenlaterne meinen Daumen rausstrecke, werde ich zügig mitgenommen. Gegen 20 Uhr erreiche Ich mit dem letzten Lift Valença – 350 Kilometer hatte Ich heute zurückgelegt, obwohl fast die gesamte Strecke über kleine Landstraßen geführt hatte. Meine Freude darüber hält sich allerdings in Grenzen, denn als Ich aus dem Auto aussteige, gibt es einen neuen Ping von meinen AirPods: Sie waren nun an einer eindeutigen Adresse in Lençóis, vermutlich wohnte der Fahrer dort. Wäre Ich doch nur umgedreht …
Dienstag 03.06.2025 – Weder vor noch zurück
Auch als Ich am heutigen Morgen aus meinem Zelt gekrochen komme, bin ich mir noch nicht 100%ig sicher, ob Ich nicht doch noch umdrehen würde. Meine Kopfhörer leuchteten noch immer an derselben Adresse auf, vor allem aber aktualisiert sich das Signal nun regelmäßig. Im Laufe des Morgens wechsle Ich also – im Zwiespalt der beiden Optionen, die mir bleiben – mehrfach zwischen Ortsein- und Ortsausgang hin und her. Weder die Tatsache, dass Ich an keinem der beiden Orte mitgenommen werde, noch der dauerhafte Nieselregen machen es einfacher. Nach drei Stunden muss Ich – unabhängig von der Richtung – vorerst aufgeben, eine Nachhilfestunde wartet auf mich. Während Ich jene gebe, probiere Ich mich noch daran den Host meiner Unterkunft in Lençóis an die Adresse zu lotsen, an welcher meine AirPods sein sollen, doch der Mann stellt sich als nicht sonderlich hilfreich heraus. Nachdem es Mittag ist und Ich immer noch keinen Meter weitergekommen bin – geschweige denn wüsste, in welche Richtung Ich will –, beginne Ich langsam, aber sicher zu verzweifeln. Gestern ging das mit dem Trampen doch so leicht, warum hielt heute nun niemand mehr an?! Ich bin mit meinem Nerven vollkommen am Ende, als am Nachmittag ein schwarzer Hyundai hält und mich einsammelt. Damit war die Richtung nun entschieden: Volle Fahrt voraus! Mein Fahrer lässt mich nach einer halben Stunde in einem kleinen Ort raus, dort stehe Ich dann wieder und versuche mein Glück. Als eineinhalb erfolglose Stunden vergangen sind, habe Ich genug: Ich schultere meinen Rucksack und will in Richtung Busterminal laufen als, der schwarze Hyundai plötzlich wieder neben mir steht, Fahrer mich angrinst – Lift gefällig?! – und mich ein weiteres Mal mitnimmt. Er fahre heute noch bis nach Itacaré – dort wollte auch Ich hin – erzählt mir der im Vertrieb arbeitende Mann mittleren Alters. Allerdings würde er vorher noch in einer weiteren Stadt halten, wo er einen Kunden hätte. Als wir Camamu erreichen, vereinbaren wir, dass Ich mich am Ortsausgang noch einmal am Trampen versuche – sollte Ich nicht weiterkommen, würde mein Fahrer mich in drei Stunden erneut einsammeln und mit nach Itacaré nehmen. Rausgelassen werde Ich direkt neben einem kleinen Kiosk, der unter anderem Kakaofrüchte verkauft – die schmecken im rohen Zustand ganz und gar nicht so, wie man es erwarten würde. Bei dem, was wir um Europa unter Kakao verstehen, handelt es sich lediglich um die gerösteten und dann gemahlenen Kerne der tropischen Kakaofrucht. Inzwischen war es dunkel geworden, der Drei-Stunden-Timer, den Ich mir beim Aussteigen gestellt hatte, seit zwanzig Minuten abgelaufen. Der kleine Kiosk war nun geschlossen, die Straße menschenleer. Angehalten hatte in den letzten Stunden niemand und auch von dem schwarzen Hyundai fehlte jede Spur. Was für ein beschissener Tag! Auf meinem Handy buche Ich mir ein Busticket, damit Ich zumindest noch an meinem Ziel ankäme. Gerade als Ich auf „bezahlen“ klicken will, steht er da: Der schwarze Hyundai. Mein Glaube in die Menschheit ist zumindest in Teilen wiederhergestellt – dieser Mann verdient einen Orden! Zwei Minuten nachdem Ich voller Dankbarkeit zum dritten Mal heute in das Auto gestiegen bin, fällt dessen Licht aus. Bevor wir uns endlich auf den Weg nach Itacaré machen, geht es also zuerst in eine Werkstatt …
Mittwoch 04.06.2025 – Itacaré
Früh am Morgen klingelt mein Wecker und Ich schleiche mich aus dem 16-Bett-Dormitory, um eine Nachhilfestunde zu geben, nach dieser falle Ich dann erstmal über das kostenlose Frühstück her. Nach Itacaré zu kommen war eine Empfehlung von Annie, der Belgierin aus dem Hostel in Salvador, gewesen. In dem kleinen verträumten Strand-Ort wimmelt es nur so von Rucksackreisenden und trendigen Restaurants. Mindestens jeder zweite läuft einen „Matcha-Latte“ schlürfend mit einem Surfbrett unter dem Arm durch die Innenstadt, ist braungebrannt und tätowiert. „Alle Backpacker fahren dort hin, du kannst da nicht nicht hingehen!“ hatte Annie mir gesagt und mir das Hostel von Adriana, einer liebevollen Frau mittleren Alters, die in ihrem Hostel lebt, empfohlen. Nun war Ich hier! Mein erster Gang führt allerdings nicht zum Strand, sondern zu einem kleinen Technikgeschäft: Ich brauche dringendst neue Kopfhörer! Leider sind AirPods – bedingt durch extreme Import-Zölle für Tech-Produkte – in Brasilien abnormal teuer – fast das doppelte des deutschen Preises. Vorerst kehre Ich also mit einem Paar billiger kabelgebundener Ohrstöpsel zu meinem Laptop ins Hostel zurück um zwei weitere Nachhilfestunden zu geben. Am Nachmittag schlendere Ich ein wenig durch die an einer kleinen Lagune gelegene Stadt und ihre touristischen Einkaufsstraßen. Zurück im Hostel linse Ich einem älteren Brasilianer dabei über die Schulter, wie er in der Gemeinschaftsküche „spanisches Kartoffelomelett“ macht – stimmt, dass fiel neben Instant-Nudeln und Pfannkuchen auch noch in dem Fundus der Dinge, die Ich zu kochen fähig war. Nachdem Lucas sein Omelett fertig hat, bekomme Ich sogar noch ein Stück ab 😊
Donnerstag 05.06.2025 – Samba Party
Sportlich aktiv beginne Ich den Tag und laufe meine wöchentlichen fünf Kilometer. Als Ich verschwitzt wieder im Hostel ankommen, treffe Ich auf Lucas, der gerade frühstückt und mich zu einem Samba-Event einlädt, dass heute Abend stattfinden soll. Nach einer Dusche laufe Ich ein wenig aus dem Ort heraus und mache mich auf die Suche nach drei Stränden, die hier sein sollen. Anders als an dem von einer Lagune geschützten Hauptstrand, sind an den Stränden der Atlantikküste ordentlich Wellen – hier verstecken sich also die ganzen Surfer! Pünktlich zu einer Nachhilfestunde kehre Ich ins Hostel zurück und verbringe in diesem den restlichen Nachmittag hinter dem Bildschirm. Bereits den gestiegenen Sonnenuntergang hatte Ich verpasst, also klappe Ich meinen Laptop heute 15 Minuten früher zu und eile zu einem auf meiner Karte als „Aussichtspunkt“ markierten Hügel, auf welchem sich bereits einige andere Backpacker tummeln. Der Sonnenuntergang ist nach einem wolkenlosen Tag nicht sonderlich spektakulär und doch macht die Szenerie mit der Lagune und den vielen kleinen darin liegenden Bötchen ihn ganz ansehnlich. Um 21 Uhr mache Ich mich mit Lucas dem Weg zu dem Samba-Event, von dem er mir erzählt hatte. Nachdem die kleine, auf der Straße vor einer Bar sitzende Musikergruppe zu spielen beginnt, kommen immer mehr Leute dazu. Das Bier fließt, Straßenhändler kommen mit Ihren Wagen und verkaufen verschiedene Cocktails, die Menge tanzt zu den Samba-Beats. Die heute eng mit dem Karneval verbundene Musikrichtung, hat ihre Wurzeln in der traditionellen afrikanischen Musik. Sklaven brachten diese über den Atlantik nach Südamerika, wo sie sich mit dem Jazz vermischte und zum heutigen Samba wurde. Das Straßenparty geht noch bis spät in die Nacht – gegen halb eins mach Ich mich auf den Weg ins Bett.
Freitag 06.06.2025 – Surf-Spaß, oder doch nicht?!
Eigentlich hatte Ich heute weiterreisen wollen, doch Itacaré war fürs Surfen bekannt und genau dazu war Ich in den letzten zwei Tagen noch nicht gekommen. Ich buche nach dem Frühstück also eine weitere Nacht in Adrianas Hostel und mache mich auf die Suche nach einem Surfbrett-Verleih. Die stellt sich als wesentlich schwieriger heraus, als man es in einer Backpacker-Hochburg wie Itacaré erwarten würde, denn die meisten Shops bieten nur einen tageweisen Verleih an – mir reicht es allerdings, das Board für ein paar Stunden zu haben. Nach etwas hin und her, finde Ich einen Shop, der meinen Wunsch nachkommt und laufe mit einem Brett unter dem Arm in die großen Wellen. Schon das Herauspaddeln wird zur Herausforderung: Die Bucht ist auf beiden Seiten von felsigen Klippen begrenzt und so führt der einzige Weg zum „Line-Up“, jener Zone, in der man auf die passende Welle wartet, quer durch die Brandung. Doch auch nachdem Ich es vom Strand weggeschafft habe, habe Ich nicht mehr Spaß. Entweder sind die Wellen viel zu groß oder sie sind so klein, dass sie dem Aufwand, danach wieder zurückpaddeln zu müssen, nicht gerecht werden. Hinzu kommt, dass man beim Verleih nur noch technisch anspruchsvollere „Shortboards“ gehabt, hatte – so gelingt es mir nicht ein einziges Mal auf dem Brett zum Stehen zu kommen. Frustriert gebe Ich nach einer Stunde das Board vorzeitig wieder ab und verziehe mich ins Hostel, wo Ich an meinem Blog schreibe. Gegen Abend laufe Ich zu dem kleinen über der Lagune gelegenen Hügel und genieße von dort noch einmal den Sonnenuntergang.
Samstag 07.06.2025 – Glück beim Trampen
Ich hatte mir keinen Wecker gestellt und so ist es schon kurz nach acht, als Ich aufwache. Hektische packe Ich meinen Rucksack, schiebe mir einige Stücke Kuchen in den Mund und laufe dann die Straße entlang aus dem Ort heraus. Ein weiteres Mal in Brasilien breche Ich zu einer langen Tramp-Etappe auf: 1500 Kilometer sind es nach Ouro Preto – ehrgeizige drei Tage plante Ich dafür ein. Ich muss nicht allzu lange warten, bis ein weißer Toyota Hilux mit einer dreiköpfigen Familie darin hält. „Ilhéus?“ frage Ich, man nickt, Ich steige ein. Während wir losfahren, erklärt mir die 17-jährige, fließendes Englisch sprechende Teenager-Tochter, die neben mir auf der Rückbank sitzt, dass man auf dem Weg nach Ilhéus noch einen Strand besuchen wolle – Ich dürfe aber gerne mitkommen. Schon wenig später verlassen wir die Hauptstraße und folgen einem Feldweg zu einem Parkplatz mitten im Nirgendwo. Von dort geht es dann zu Fuß noch einmal anderthalb Kilometer die steile Küste hinab, um den Jeribucaçu Beach zu erreichen. Der Strand gilt als einer der schönsten der Region – noch gestern hatte Ich ein paar Bilder von hier gesehen und mich geärgert, dass Ich dort ohne fahrbaren Untersatz wohl kaum hinkäme. Es ist der beste Beweis dafür, dass man nicht alles planen, sondern sich manchmal nur auf die Menschen, die man trifft, einlassen muss. Nachdem wir etwas an dem Strand verweilt und jeder eine kalte Kokosnuss getrunken haben, steigen wir wieder ins Auto und halten zehn Minuten später erneut am Straßenrand: Hier gäbe es einen Wasserfall, den man sich angucken wolle und ein Restaurant, in dem wir dann etwas Essen gehen würden – Ich sei eingeladen! Das touristische Restaurant liegt direkt neben der überraschend großen „Cachoeira do Tijuípe“ und hat erstklassiges Essen. Auf Empfehlung von Maria, der Tochter der Familie, probiere eine „Moqueca“, ein für die Region typischer mit Reis servierter Seafood-Eintopf. Nach dem Mittagessen legen wir noch einen weiteren Stopp an einem Aussichtspunkt mit Blick über die endlos langen schneeweißen Sandstrände der Küste ein, bevor wir dann nach Ilhéus fahren. Es ist bereits 15 Uhr und Ich war noch nicht weit – Ilhéus ist gerade einmal 75 Kilometer von Itacaré entfernt – gekommen, als Ich mich von der Familie verabschiede, aber das war es Wert: Diese nette Familie kennenzulernen, die kleinen Attraktionen, die ich sonst verpasst hätte, und die Gespräche mit Maria während der Fahrt – Trampen ist so viel mehr als einfach nur von A nach B kommen! In Ilhéus warte Ich recht lange auf einen Folgelift. Als Ich – nach aufkommenden Zweifeln – dann doch noch jemanden finde, lässt dieser mich am äussertes Rande der nächsten Stadt aussteigen. Bis Ich es zu Fuß ins Stadtzentrum geschafft habe, ist es dunkel; ich hole mir noch etwas zu Essen und laufe dann schonmal in Richtung Ortsausgang, wo Ich mein Zelt hinter einer Tankstelle aufschlage und in diesem den restlichen Abend an meinem Blog tippe.
Sonntag 08.06.2025 – Ausflug in die Pampa
Die Welt ist in dichten weißen Nebel gehüllt, als Ich am Morgen aus meinem Zelt krieche. Ein paar Haferflocken mit Milch zum Frühstück, dann mache Ich mich auf die Suche nach einer nächsten Mitfahrgelegenheit. Auf den Sattelitenbildern sah es so aus, als ob Itabuna endlich wieder an einer größeren Autobahn lag – das bedeutet mehr Autos und vor allem längere Lifts. Doch als Ich über das vermeintliche Autobahnkreuz laufe, fährt dort nicht ein einziges Fahrzeug. Entsprechend lange muss Ich warten, bis ein weißer Pick-Up hält und mich einsammelt. Nach drei Stunden erreichen wir Itapetinga, von wo aus Ich zwei Optionen habe, um weiterzukommen. Entweder Ich folge der Autobahn oder Ich kürze über einige kleine Ortschaften ab und spare so knappe 100 Kilometer. Meine zwei Navigationsapps sind sich uneinig, welche Option die bessere ist, und so entscheide Ich mich – Googles Karte vertrauend – für die kürzere Route. Schnell bekomme Ich einen Lift in die erste Ortschaft – ein junger Mann und dessen älterer Vater nehmen mich mit. In dem Ort angekommen beichtet man mir dann, dass von hier aus niemand dort hinfahren würde, wo Ich hinwill; jeder würde über die längere, besser ausgebaute Autobahnroute fahren. Der Fahrer verspricht mir, dass er gleich sowieso, wieder zurück nach Itapetinga fahren würde, er bringe nur kurz seinen Vater nach Hause. Was er nicht erwähnt, ist das sein Vater auf einer Farm außerhalb des Ortes wohnt. Eine Dreiviertelstunde lang fahren wir von dem sowieso schon kleinen Ort staubigen Feldwegen folgend in die Pampa. Kritsch gucke Ich auf meinem Handy zu, wie die Minuten verstreichen, während wir immer weiter weg von jeglicher Zivilisation fahren – mein Plan Strecke zu machen, würde wohl auch heute wieder nicht aufgehen. Aber wie war das? Trampen ist so viel mehr als einfach nur von A nach B kommen! Nach dem 83sten Kuhgatter erreichen wir die Farm, laden den alten Mann und seine Sachen aus und kehren um. Drei Stunden sind vergangen, bis Ich wieder in Itapetinga stehe und nun meiner anderen Navigationsapp folge. Nach einiger Wartezeit bekomme Ich einen Zwei-Stunden-Lift in einem Lastwagen, der mich mit nach Vitoria da Conquista nimmt. Dort lade Ich erstmal mein Datenvolumen auf – nach einem Monat in Brasilien, war der Tarif ausgelaufen – und telefoniere mit meiner Familie. Kurz vor Sonnenuntergang gelingt es mir noch einen weiteren LKW zu stoppen – so schaffe Ich am Ende des Tages dann doch noch eine ganz akzeptable Kilometerzahl.
Lieber Felix,
es ist immer wieder schön zu sehen, dass dich die Mathematik dann doch weiter begleitet, nachdem du deine Oberstufenunterlagen verbrannt hast. Ich denke auch immer wieder gerne an dich und deinen Kurs, vor allem als ich mit dem Nachfolgerkurs auf dem Weg zum Abi war.
Liebe Grüße,
Gustav