Montag 20.11.2023 – Absagen über Absagen
Meinen Tag begann ich damit, den neusten Blog-Post fertig zu stellen. Morgen würde ich schließlich unterwegs sein – wohin dann auch immer. Das war mein nächster Punkt: Wohin? Ich hatte bisher jeweils zwei Anfragen an Hosts in Lyon, Marseille und Toulouse geschickt. Einige hatten abgelehnt, andere nicht geantwortet. Marseille fiel als direktes Ziel raus – mit sieben Stunden Fahrtzeit, war das nur in Kombination mit Lyon – also in zwei Etappen – machbar. Meine Anfragen in Lyon wurden abgelehnt, so fokussierte sich meine Host-Suche in Laufe des Tages immer mehr auf Toulouse. Auch hier bekam ich allerdings keine Zusagen. Über den Tag hatte ich bestimmt 15 Anfragen geschickt und auf zehn davon eine Absage erhalten – der Rest blieb unbeantwortet. In meinem Maileingang konnte ich inzwischen durch die Absagen scrollen – deprimierend. Genauso wie beim Trampen, brauchte man fürs couchsurfen definitiv eine hohe Frustrationstoleranz. Um auf andere Gedanken zu kommen stellte ich kurz eine Waschmaschine an und bestritt meine täglichen Französischeinheiten. Gegen Abend hatte gab ich noch zwei Nachhilfeeinheiten. Die ruhigen Tage hatten meiner Reisekasse gut getan – nach den beiden Stunden überschritt diese wieder die 500€-Marke. Auch mir hatten die Tage Kraft gegeben. Auch, wenn es sich manchmal blöd und langweilig anfühlte, hatte es gut getan nach über einem Monat unterwegs, sich mal wieder ein bisschen auszuruhen. Als ich mich am Abend auf den Weg in Zimmer machte – Rucksack packen – war es dann wieder einmal Zeit sich zu verabschieden. So oft man neue Menschen trifft und in kürzester Zeit in sein Herz schließt, so oft muss man sich beim Reisen auch wieder verabschieden – da hilft nichts. Ich legte mich ins Bett – ein letzter Blick in die Couchsurfing-App – nichts. Ich würde morgen in eine Stadt fahren ohne zu wissen, wo ich schlafen würde. Das günstigste Hostel war mit knapp 30 Euro pro Nacht zwar eine Notfall-Option, aber definitiv keine Dauerlösung. Als ich mit einem Freund und ihm mein „Problem“ erläuterte, kam ich mir lächerlich vor. Warum sorgte ich mich eigentlich? Noch waren über 24 Stunden Zeit bis ich wieder ins Bett gehen müsste. Wieviel könne in 24 Stunden noch passieren? Ich war noch nicht einmal in der Stadt, um die ich mir gerade Sorgen machte. Etwas beruhigt schlief ich ein.
Dienstag 21.11.2023 – Ende gut, alles gut
Ein Blick auf mein auf mein Display verriet mir, dass sich auch über Nacht nichts getan hatte – nur eine weitere Absage, sonst nicht Neues. Ahrr! Mit gepackten Sachen brachte mich Ilka gegen Zehn nach Périgueux. Von einem dort liegenden Kreisel erhoffte ich mir irgendwie aus dieser doch sehr ländlichen Region herauszukommen. Es dauerte nicht lange bis mich jemand einige Kilometer weiter zur Autobahnauffahrt brachte. Nach 40 Minuten hielt auch dort endlich ein Auto an: Eine Frau fuhr zwar nicht in meine Richtung, hatte mich aber in der Kälte stehen sehen und mir ein heißen Kakao gekauft – wie schön, dass es solche Menschen gibt. Nachdem ich weitere zehn Minuten an der Auffahrt stand, wechselte ich die Taktik und sprach Autofahrer an einer nahegelegenen Tankstelle direkt an. „Wohin fahren Sie?“ „Nach Toulouse.“ „Oh, perfekt, da müsste ich hin. Können Sie mich mitnehmen?“ „Nein, sorry.“ Das Auto das jungen Franzosen hatte vier freie Sitzplätze, was allerdings auch nichts an seiner Einstellung änderte. Ein anderer Fahrer brachte mich auf die Autobahn, verpasste „meine“ Ausfahrt und setzte mich eine Ausfahrt später aus. Leider ging es hier nur weder in meine Richtung, noch war hier wirklich Verkehr. Immerhin hatte sich inzwischen eine Hostess gemeldet und meine Anfrage mit „vielleicht“ beantwortet. Während meine Chance es heute nach Toulouse zu schaffen also mit jeder Minute sank, stieg zumindest meine Chance dort irgendwo unterzukommen. Über eine Stunde dauerte es bis mich eine junge Frau wieder zurück an die richtige Ausfahrt brachte. Hier musste ich nicht lange warten – nach zehn Minuten saß ich in dem Kastenwagen eines vor sich hin grummelnden älteren Mannes, der mich nach Bergerac brachte. In der Innenstadt abgesetzt, lief ich eine knappe Stunde, bis ich an wieder an einem günstigen Kreisel an der Nationalstraße stand. Noch bevor ich die richtige Ausfahrt erreichte, überredete mich ein Mann mich in eine Stadt abseits der Route zu bringen. Da ich mir erhoffte von dort auf eine Autobahn zu kommen, ließ ich mich etwas zweifelnd auf das Angebot ein. Nach einigen Minuten begann der Fahrer einen vor uns fahrenden Lastwagen davon überzeugen wollen, mich mitzunehmen. Mit waghalsigen Überhol- und Ausbremsmanövern versuchte er den LKW zu stoppen. Als dieser nicht anhielt, hielt mein Fahrer auf offener Strecke an und sagte mir, dass ich von hier schnell in die Stadt käme – die Stadt, in die ich eigentlich nie wollte. Ich hielt kurzerhand eine Moralpredigt, wie sch***e es doch wäre, jemanden auf halber Strecke einfach rauszuschmeißen, nachdem man in ihn förmlich überredet einzusteigen und mein Fahrer drückte wieder aufs Gas. Nach weiteren zehn Minuten waghalsiger Fahrt, stieg ich dann doch freiwillig aus und bekam 4€ in die Hand gedrückt – davon könne ich mir ein Taxi nehmen. Sehr witzig! Eine Stunde verzweifelte ich mit Tränen in Gesicht in dem kleinen Ein-Straßen-Ort, in dem ich rausgelassen wurde. Wie konnte ich nur so dumm sein? Ich sah mich hier schon mein Zelt aufschlagen, als ich ein Auto fand, dass mich zurück nach Bergerac brachte. Nach zwei Stunden stand ich wieder da, wo ich meine Fehlentscheidung getroffen hatte. Inzwischen dämmerte es – die zwei Stunden fehlten mir – im Dunkeln würde es schwierig werden, mitgenommen zu werden. Mit einem „Agen“-Schild – das Ende der Nationalstraße und eine Auffahrt zur Autobahn – stand ich in der Dämmerung. Meine sonst so glühender Optimismus lief inzwischen nur noch auf Sparflamme. Nach einer Viertelstunde hielt ein Lastwagen an. Mit zwei Dosen Cola, die der Fahrer spontan aus seinem Bordkühlschrank holte, stießen wir auf unsere gemeinsamen 100km an – Im Lastwagen mitzufahren war jedes Mal etwas Besonderes. Gegen halb acht stieg ich direkt an der Autobahnauffahrt nach Toulouse aus dem LKW. Die Auffahrt war beleuchtet – hier hätte ich trotz Dunkelheit eine Chance. Einen Müsliriegel und keine zehn Minuten später, saß ich in dem Auto einer Jura-Studentin auf dem Weg nach Toulouse. Um halb neun – nach acht harten Stunden – erreichten wir einen P+R Parkplatz am Rande der Stadt. Meine Hostess, Oriane, hatte inzwischen zugesagt und würde mich sogar hier abholen kommen. Obwohl ich vollkommen am Ende war, dauerte es noch bis kurz nach Mitternacht bis ich auf einer Matratze auf dem Wohnzimmerboden lag und die Augen schloss.
Mittwoch 22.11.2023 – Are you ready tou louse?
Ausschlafen – gestern war anstrengend gewesen. Nachdem ich mir zum Frühstück Müsli und Milch organisiert hatte, machte ich mich mit dem Bus auf den Weg ins Stadtzentrum. Ein Host, der meine Anfrage abgelehnt hatte, hatte mir zumindest die Liste mit Empfehlungen geschickt, die er für seine Gäste erstellt hatte. Ich begann die Liste abzuarbeiten. Auffallen tat mir, dass es kaum modernere Häuser gab, was wiederum für ein schönes Flair sorgte, wenn man durch die Straßen flanierte. Von oben sah man ausschließlich rote Ziegeldächer – keine mit Lüftungsanlagen übersäten Flachdächer. Vor dem Capitol, befand sich gerade der Weihnachtsmarkt im Aufbau. Gefallen fand ich auch an den herbstlich-bunt gefärbten ewig langen Baumreihen, die sich entlang des Garonne-Ufers zogen. Zum Mittag kehrte ich in einem Burger Restaurant ein – wer mit Burgern für 3,20€ warb, den konnte ich mir nicht entgehen lassen. Inzwischen war der Anfangs noch bewölkte Himmel aufgezogen und nun – je nach Blickrichtung – strahlend blau. Ich setzte meine Sightseeing-Tour fort – Cafés, Einkaufsstraßen, Kirchen, Brücken, Parks und sogar ein Parkdeck standen auf der Liste. Am Ende der Shoppingstraße fand ich ein Café, dass ich Reichweite des Snipes-Hotspots war – hier könnte ich mich heute Abend niederlassen, meine Nachhilfestunde geben und mich dann zur Smallgroup in Rendsburg dazuschalten. Am Garonne-Ufer warte ich französischlernend darauf, dass die Sonne den Himmel einfärbend hinter der Skyline – wenn man das so nennen kann – verschwand. Zehn Minuten vor der Nachhilfestunde – ich hatte meinen Laptop gerade aufgeklappt – schrieb mein Schüler „Ich kann heute nicht“. Auch die Smallgroup, traf sich heute krankheitsbedingt nicht – Schade! Ich nutze dennoch einige Zeit das freie WLAN und den warmen Sitzplatz aus, bevor ich mich wieder auf den Weg nach Hause machte. Da auf dem Autobahnring von Toulouse eine Demo stattfand, war meine Hostess nicht zum Sport gefahren. Spontan machten wir einen Spieleabend. „Are you ready tou louse?“ fragte mich Oriane. Ich war sowas was von: Double, Hornochsen & Ligretto – wie sich herausstellte, war ich unabhängig vom Spiel meiner Gegnerin einfach unterlegen.
Donnerstag 23.11.2023 – Das ist meine Wiese!
Carcassonne – bisher dachte ich dabei immer an Legespiel, bei dem man versucht durch das Bauen von Burgen, Wegen, Klöstern und Wiesen Punkte zu sammeln. Das Carcassonne eine reale Stadt ist, hatte ich erst vor einer knappen Woche auf der Karte festgestellt. Da muss ich hin! Nach einem kurzen Frühstück stellte ich mich mit einem Schild an die Autobahnauffahrt. Carcassonne war nur eine Stunde von Toulouse entfernt – immer die Autobahn runter – perfekt für einen Tagestrip. Nachdem 45 Minuten lang niemand angehalten hatte und meine Finger langsam kalt wurden, begann ich daran zu zweifeln, ob das ganze wirklich ein Tagestrip werden würde und guckte – nur vorsorglich – schonmal auf BlaBlaCar. Der Himmel war strahlend blau, die Sonne schien und trotzdem hatten wir gerade einmal vier Grad. Durch eine BlaBlaCar-Route inspiriert lief ich eine halbe Stunde zu einem anderen Kreisel – vielleicht könne ich das in der Mitfahrzentrale angezeigte Auto sogar abfangen. Nach weiteren 30 Minuten saß ich dann in endlich einem Auto. Der Mann mit dem ich mir die Rückbank teilte hatte die Fahrt – so weit ich verstand – tatsächlich auf BlaBlaCar gebucht. In Carcassonne ließ man mich an der Mautstation raus. Von dort aus lief ich eine knappe Stunde durch die Stadt bis ich mein Ziel erreichte: Am Rande der eigentlichen Stadt lag auf einem Hügel eine riesige von über 50 Türmen gekrönte Festungsanlage. Ich drehte eine Runde um die Burgmauern und wagte einen kurzen Blick in das sehr touristische Innere. Auch ein Foto, wie ich vor der Stadtmauer auf einer Wiese lag, war obligatorisch – Im Spiel erhöht das Legen der Spielfiguren auf eine Wiese die Chancen auf Punkte nämlich ungemein. Nach knapp zwei Stunden lief ich die fünf Kilometer zurück zur Mautstation und saß keine zehn Minuten später in dem Auto eines jungen Marokkaners. Der brachte mich nicht nur bis vor meine Haustür in Toulouse, sondern stattete mich auch gleich noch mit Croissants und Eistee aus. Ein To-Do stand für heute noch auf meiner Liste: Haare schneiden lassen – Seit knapp zwei Monaten hatte mein Kopf keinen Friseur mehr gesehen. Entgegen sämtlicher Bedenken klappte die Kommunikation mit dem Friseur problemlos und ich spazierte wohlgesonnen aus dem Barber-Shop heraus. Nachdem ich einige Minuten das Internet des Snipes-Hotspots genossen hatte, machte ich mich wieder auf den Weg zum Bus. Der fuhr zu meiner Überraschung allerdings nicht – eine Demo auf der Hauptstraße. Mir blieb nichts anderes übrig, als nach Hause zu laufen. Als ich meine täglichen Französisch-Einheiten abgearbeitet hatte, konnte ich dann mit gutem Gewissen ins Bett gehen.
Freitag 24.11.2023 – Per Anhalter nach ALDI
Auch den heutigen Tag plante ich nicht in Toulouse sondern mit einen weiteren Ausflug zu verbringen. Sowohl Oriane als auch die Empfehlungsliste des anderen Couchsurfing-Hosts rieten mir die sonst eher unscheinbare Stadt Albi zu besuchen. Den Ratschlägen der Locals folgend stellte ich mich also auch heute wieder an eine Autobahnauffahrt. Schon nach 10 Minuten nahm mich ein Fahrer mit zur Mautstation. Dort wiederum fuhren keine drei Autos an mir vorbei bis ein Tanklaster anhielt. Obwohl wir uns – der Sprachbarriere wegen – kaum verständigen konnten, stieg ich um 11.20 Uhr in Albi aus. Eine Stunde zehn Minuten – bei 57 Minuten reiner Fahrtzeit, kam das dem Komfort eines Chauffeur-Dienstes nahe. Auf mein BeReal mit den „ALBI“-Schild hatte eine Freundin „ALDI?“ kommentiert. Tatsächlich ließ das abgeschnittene B auf dem Foto, vermuten, dass ich zum Supermarkt und nicht in eine Stadt trampte. Ich hatte keine Vorstellungen oder Erwartungen an Albi gehabt. Umso mehr haute mich der Anblick um, der sich mir bot, als ich das Stadtzentrum erreichte. Drei von Arkaden gestützte Brücken spannten sich imposant über einen spiegelnden Fluss. Links und rechts ragen ebenfalls Bögen aus dem Wasser, die die Häuser an der Flussfront trugen. Wow! Ich überquerte den Fluss und fand mich wenig später, auf einer kleinen Grünfläche wieder, die wohl schon länger kein Tourist mehr betreten hatte. Von dort aus führte ein zugewucherte Treppe in die Tiefe. Mit meiner Handytaschenlampe bewaffnet schlug ich mich durch die Brombeerranken und verschwand dann in dem dunklen Loch. Zwei Ecken und ein paar Treppen später. Stand ich auf Höhe des Wassers zwischen den riesigen Steinbögen unterhalb der Häuser – wo man nicht überall hinkommt. Beim Rückweg über die zweite Brücke genoss ich noch einmal den Anblick der – abgesehen vom grauen Nieselwetter – wundervollen Stadt. Auch die Innenstadt war nicht schlecht – es war wenig los und doch wirkte die Stadt irgendwie lebendig. Nach einer kleinen Pause in einer Markthalle, trat ich meinen Rückweg an. Zehn Minuten, ein Auto nach Toulouse. Zack! – So machte trampen Spaß. In Toulouse suchte ich mir ein Internetcafé. Da Internet dort allerdings Mangelware war, zog ich weiter in einen McDonalds. Hier warf mich die Security raus, nachdem ich eine Stunde am Laptop gesessen hatte, ohne etwas zu essen. Einzig und allein bei Primark störte es niemanden, dass ich bis zwei Minuten vor Ladenschluss an meinem Laptop das freie WLAN ausnutzte. Zeit nach Hause zu fahren – doch Frankreich enttäuschte mich. Die dritte Demo in drei Tagen, sorgte dafür, dass ich auch heute nur zu Fuß nach Hause kam.
Samstag 26.11.2023 – Kalt, wärmer, wärmer, wärmer
Mein Rucksack war schnell gepackt. Heute ginge es für mich weiter – „Barcelona“ lautete mein nächstes Ziel. Zwischenzeitlich hatte ich überlegt auch Andorra noch einen Besuch abzustatten, aber in dem kleinen Staat gab es nur einen Handvoll Hosts, die Hostels waren teuer und die Temperatur von -5° Celsius lud nicht gerade zum Campen ein. Nachdem wir beim Bäcker frische Brötchen geholt hatten, machten Oriane und Ich uns auf den Weg auf einen kleinen Berg am Rand von Toulouse. Oriane hatte mir angeboten hier mit Blick über die Stadt zu Frühstücken – das konnte ich mir nicht entgehen lassen. Der Ausblick war erstklassig, die Sonne strahlte, nur ein bisschen kalt war es. Nach dem Frühstück setzte Oriane mich an einem Kreisel ab – von hier sollte es nach Spanien gehen. Nach einer Stunde war ich keinen Meter weitergekommen. Zwischendurch waren zwei andere Tramper vorbeigekommen und hatten sich nach einer ebenfalls erfolglosen halben Stunde zu Fuß zur Mautstation bewegt. Nach weiteren 10 Minuten, die nichts passierte, schulterte auch ich meinen Rucksack und stapfte hinter der Leitplanke, die zwei Kilometer zu Mautstation. Es dauerte keine Viertelstunde bis ich in einem Auto saß, dass mich in die letzte größere französische Stadt bringen würde. Das kam mir entgegen, denn in Spanien sollte das Trampen deutlich schwieriger – angeblich fast unmöglich – sein. So könnte ich noch ein Frankreich ein Auto erwischen, dass mich nach Barcelona bringt. Schon dort wäre es knapp doppelt so warm, wie in Toulouse, erzählte mir mein Fahrer. Wieder stand ich an einer Mautstation und wartete. Die Autos fuhren hier eins nach dem anderen durch zwei nebeneinanderliegende Schranken – keine Chance mein Schild nicht zu sehen. Trotzdem dauerte es 45 Minuten bis in dem T4 eines polnischen Jazz-Musikers saß. Er war auf dem Weg zu einem Jazz-Konzert. Nachdem wir die Grenze überquert hatten, hielten wir an einem Supermarkt – Bier kaufen. Als ich in einem Außenbezirk Barcelonas ausstieg, war es bereits dunkel. Mein Fahrer wusste noch nicht wo genau sein Konzert stattfand und würde erstmal hier warten. Für die letzten zehn Kilometer nahm ich also einen Zug. Im Stadtzentrum angekommen, erwarteten mich mit Weihnachtsbeleuchtung behangene Palmen. Es war warm – nicht warm warm, aber so warm, dass die in Toulouse noch angenehme Thermohose nun zur Qual wurde. Noch immer hatte ich von keinem Host in Barcelona eine Zusage bekommen. Ich musste mich entscheiden – direkt ins Hostel oder noch ein paar Anfragen schreiben und warten. Mir warm, der Rucksack war schwer, ich war fertig – zähneknirschend zahlte ich die 40€ die man im zweitgünstigsten Hostel der Stadt von mir verlangte um bis Montag ein Bett zu haben. Nach knapp zwei Monaten unterwegs das erste Mal, dass ich eine kommerzielle Unterkunft bezog. Als ich meinen Schlafsaal betrat grauste es mich – 7 stählerne Hochbetten, dazwischen gerade so genug Platz für die Rucksäcke und Taschen, die weit davon entfernt waren in die viel zu kleinen Spinde zu passen. Jede meiner bisherigen Unterkünfte würde ich dem hier vorziehen Aber was solls? Ich brauchte nun mal ein Bett. Viel wichtiger: Ich war in Spanien und es war warm. Wie lange hatte ich davon geträumt?
Sonntag 27.11.2023 – Welcome
Mein erstes Ziel in Barcelona, war nicht irgendeine Touri-Attraktion, nicht der Strand, sondern eine Kirche – die Hillsong Church. Auf meinem Weg dorthin, lief ich dann doch an einer Touri-Attraktion vorbei – die Sagrada Famila. Eine imposante Kirche, die mit ihren Türmen und sonstigen kunstvoll gestalteten Elemente auch gut ins Disneyland passen würde. Obwohl es Sonntagmorgen ist, findet hier kein Gottesdienst statt. Stattdessen stehen Touristen Schlange vor den Ticketschaltern und Sicherheitskontrollen. In wie fern kann man so etwas überhaupt noch als Kirche bezeichnen? In welchem Verhältnis stehen die Ausgaben für z.B. evangelistische Zwecke zu den Ausgaben, die in ein solches Gebäude fließen? Was wenn aus Kirche auf einmal Kommerz wird? Obwohl ich dieses Gebäude kritisch sehe, mache ich noch ein paar Fotos, bevor ich weiter in Richtung Hillsong Campus ziehe. Das schwarz gestrichene Gebäude wirkt von Außen eher wie eine Lagerhalle – ein großer „Jesus“-Schriftzug und das Hillsong Logo machen dennoch klar, dass auch das hier eine Kirche ist. Kaum bin ich durch die Tür gekommen, werde ich herzlichst empfangen. Der Gottesdienst ist noch eine Stunde hin, aber durch die Menge an Menschen, mit denen ich mich unterhalte, vergeht die Zeit wie im Flug. Für die Übersetzung bekomme ich ein paar Kopfhörer in die Hand gedrückt und werde dann von einer Mädels-Gruppe meines Alters in den Gottesdienst begleitet. So kommt es auch dazu, dass ich den Worship-Part in der ersten Reihe verbringe. Nach wenigen Minuten Predigt, blende ich die spanischen Worte aus und es fühlt sich beinahe so an, als ob das, was ich auf meinen Kopfhörern höre, live ist. Wow! Ermutigt und begeistert verlasse ich den Gottesdienst und mache mich auf den Weg zum Strand – Den muss ich heute einfach einmal kurz gesehen haben. Vom Strand aus geht’s wieder in die Innenstadt. Um 16.00 Uhr findet dort ein Couchsurfing-Meet-Up in einem Café statt. Insgeheim erhoffe ich mir dort einen Hosts zu finden, bei dem ich die restliche Woche unterkommen kann. Mit etwa zehn Leuten sitzen wir an einem Tisch. Ich führe eine angeregte Unterhaltung mit einem Reisenden aus Bulgarien – die Zeit vergeht wie im Flug. Bevor ich wieder los muss, tauschen wir noch kurz Nummer aus – auf mich warten jetzt zwei Nachhilfe-Stunden. Nachdem mein Schüler den Sinus- und den Kosinus-Satz verstanden hat, schreibe ich noch ein paar Anfragen an Hosts – ich wolle nicht länger als nötig in dem Hostel bleiben. Recht zügig bekomme ich eine Zusage auf BeWelcome – eine Couchsurfing-Alternativplattform, die ich als bereits als inaktiv abgestempelt hatte: Die nächsten zwei Nächte könne ich bei dem Host verbringen – das entspannt meine Finanzen. Noch heute morgen hatte ich mir Sorgen gemacht, wie lange mein Geld reichen würde, wenn ich weiter im Hostel bleiben müsste. Doch, wenn ich noch einmal drüber nachdenke, bin ich finanziell unglaublich gesegnet: Als ich in Amsterdam aufgebrochen war, hatte ich die Hoffnung, dass ich gerade so bis Spanien kommen könnte, bis ich wieder Arbeit suchen muss. Nun war ich in Spanien und hatte noch immer mehr als 400€ in meiner Reisekasse – verrückt, dass ich mir bei der Kassenlage schon sorgen mache, wenn man bedenkt, dass ich anfangs eine ganze Woche ohne Geld ausgekommen war. Zufrieden drehte ich noch eine Runde durchs Viertel bevor ich in meinem Bett verschwand.
Hallo Felix, jetzt muss ich Dir mal kurz eine Nachricht schicken. Ich habe mit großem Interesse Deinen Bericht gelesen und Bauklötze gestaunt. Was machst Du für Erfahrungen. Die wirst Du Dein Leben lang nicht vergessen. Gott behüte Dich weiterhin und schenke Dir eine reich gesegnete Adventszeit.
Liebe Grüße auch von Brunhilde,
Hartmut