Montag 30.09.2024 – SIM-Karten-Horror
Montag – das SIM-Karten-Geschäft dürfte wieder geöffnet haben. Nach dem Frühstück mache ich mich also auf den Weg in die Stadt, um mein Bedürfnis nach Internet zu befriedigen. Zehn Minuten nachdem dieser geöffnet hat, erreiche den MTC-Store und stoße vor diesen bereits auf eine lange Warteschlage. Nach einer Stunde habe ich mich in der Schlange nicht einen Zentimeter weiterbewegt, noch immer stehen knapp 30 Leute vor … es ist hoffnungslos. Gerüchteweise habe ich gehört, dass man auch bei der Post SIM-Karten registrieren könne. Ich gebe also meinen Platz in der Warteschlage auf und laufe auf die andere Seite der Stadt. Wenige Minuten später halte ich die kleine Plastikkarte in der Hand. Registrieren könne ich die hier zwar nicht, doch angeblich soll man die SIM-Karten seit neusten auch Online registrieren können. Das funktioniert allerdings nur mittelmäßig. Für die Online-Registrierung brauch man ein Passwort, dass per SMS an die Telefonnummer gesendet wird – nur ist die ja noch nicht registriert und so kommt auch das Passwort nicht an. Genervt kehre ich zur katholischen Mission zurück, wo ich auf Nele treffe, die mich rettet, indem sie mir das WLAN-Passwort der Mission verrät. Als ich Schwester Theresa am Nachmittag von meinen SIM-Karten Erlebnissen erzähle, wundert sich diese erstaunt, dass ich nicht einfach an der Schlage vorbei in den Store gelaufen sei. Als weißer Tourist dürfe ich das – das sei ganz normal und würde weder die Menschen in der Schlage noch das Sicherheitspersonal stören. Prinzipiell widerspricht mir dieses, bewusst die Privilegien des Weißseins ausnutzende Verhalten, doch angesichts der Lage bliebe mir – wenn ich nicht einen vollständigen Tag in der Schlage stehen wolle – nicht viel anderes übrig. Den gesamten Abend über sitze ich mit Nele, die jeden Tag bereits gegen Mittag Feierabend hat, im Aufenthaltsraum und tausche mich mit ihr über unsere Auslandserfahrungen aus. Seit ich in Togo war, hatte ich keine fließend Deutsch sprechende Person mehr getroffen – entsprechend gut tut es mal wieder etwas zu plaudern.
Dienstag 01.10.2024 – Tsumeb
Ein drittes Mal in Folge startet mein Tag damit, dass ich mich am Morgen auf den Weg zum SIM-Karten-Shop mache. Da mir spontan jemand aus der Mission anbietet mich mit in die Stadt nehmen zu können, stehe ich eine knappe Stunde vor Ladenöffnung vor dem MTC-Store. Doch auch schon um diese Zeit steht vor dem Geschäft eine endlos lange Schlange. Anstatt mich dort anzustellen laufe ich lieber ein paar nahegelegene Banken ab und versuche den Geldautomaten ein paar Scheine zu entlocken. Bis ich das irgendwann geschafft habe, hat auch der SIM-Karten-Shop offen und ich tue so, wie Schwester Theresa mir gesagt hatte. Zielgerichtet laufe ich an der inzwischen noch länger gewordenen Schlage vorbei geradewegs in das Geschäft. Anders als die Nonne mir es offenbart hatte, sorgt das allerdings sowohl für Empörung unter den brav schlage stehenden Kunden, als für die Aufmerksamkeit des Sicherheitsdienstes. Unbeeindruckt davon drängle ich mich an den nächsten freien Schalter, an dem mir die Dame ebenfalls erklärt, ich müsse in der Schlange warten. Nachdem ich erwidert habe, dass ich Tourist sei und nicht die Hälfte meines Urlaub in der Schlage vor dem SIM-Karten Geschäft warten könne, führt man mich in ein abgetrenntes Büro. Hier auf einmal freundlich vom Chef persönlich bedient und kann zehn Minuten später den Laden mit aktivierter SIM-Karte verlassen. Geht doch! Zufrieden kehre ich zur katholischen Mission zurück, verabschiede mich von den Nonnen und Nele und stelle mich dann an die Straße. Vier Autos später habe ich es bereits in die nächste Stadt Geschäft und muss auch dort nicht all zu lange warten, bis ein dunkel getönter Geländewagen anhält, der ich die restlichen 250 Kilometer bis nach Tsumeb mitnehmen kann. Die dortige Campsite des Kuperquelle-Resorts soll laut Online-Bewertungen ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. An der Rezeption offenbart man mir dann allerdings das die 132 Dollar (6,91€), von denen online alle gesprochen hatten, nur der Preis für das Zelt wären – pro Person kämen da nochmal 66 Dollar (3,45€) dazu. Zähneknirschend zahle ich also über zehn Euro und schlage mein Zelt auf einer der vorgesehenen Flächen auf. Der Campingplatz ist absolut überfüllt: Etwa 15 Fahrzeuge kann ich, während ich in meinem Zelt eine Nachhilfestunde gebe, um mich herum zählen. Neben eigenen Badezimmer für die Campsites, gibt es auch einen „Pool“ der mit seinen acht fünfzig Meterbahnen größer ist, als so manches öffentliches Freibad. Mir widerspricht nicht nur der Preis, die Massen an Touristen, sondern vor allem das Glamping-Gefühl – das absolute Gegenteil des Wildcampens.
Mittwoch 02.10.2024 – Grootfontein
„Wenn Ichs bezahlt habe, dann nutze ich es auch“ denke ich mir am morgen, springe in den Pool und ziehe meine Bahnen. Das letzte Mal, dass ich die Möglichkeit hate „richtig“ zu schwimmen ist immerhin schon ein bisschen her. Nach der Sporteinheit mache ich mich auf den Weg in die Stadt, von der wurde mir gesagt, dass man dort so ziemlich alles bekommt. Tatsächlich mache ich in einem Supermarkt beste deutsche Sonnencreme ausfindig – die habe ich schon ewig gesucht und meine Haut hat sie dringend nötig. Darüber hinaus ist in dem Supermarkt „Oshikandela“ im Angebot. Den einigermaßen günstigen Trinkjogurt hatte ich vor einigen Tagen entdeckt und lieben gelernt – bezahlbare Milchprodukte waren die letzten Monate über sehr rar. Am Nachmittag packe ich dann, nachdem ich ein letztes Mal in den Pool gesprungen bin, meine Sachen und laufe an die Hauptstraße. Nach Grootfontein sind es nur knappe 60 Kilometer und so bin ich bereits eine Stunde später an meinem nächsten Ziel. Allerdings liegt der Campingplatz, auf den ich möchte, nicht im Ort selbst, sondern einige Kilometer außerhalb. Ein Lastwagen nimmt nicht aus dem Ort heraus mit zu der zum „Restcamp“ führenden Schotterpiste. Dort springe ich auf einen Pick-Up, dessen Fahrer mir anbietet mich zumindest den halben Weg mitnehmen zu können. Die „Hälfte“ stellt sich allerdings als nur zwei von den zwölf Kilometern raus. Ich stehe also inmitten der Pampa an einer wenig befahrenden Schotterstraße. Nachdem ich zweieinhalb Stunden gewartet habe und die an einer Hand abzuzählenden Autos, die währenddessen vorbeikamen ohne mich eines Blickes zu würdigen mit einer großen Staubwolke an mir vorbeigebrettert sind, gebe ich auf und beschließe zurück zur geteerten Hauptstraße zu laufen. Gerade als ich diese erreiche biegt ein weiteres Auto in die Schotterpiste ein – man könne ich den halben Weg mitnehmen. Diesmal stellen elf von zwölf Kilometern die „Hälfte“ dar und so verbleibt nur noch ein letzter Kilometer den ich im goldenen Licht der tiefstehenden Sonne zu der Campsite stapfe. Auch wenn die nur einen knappen Euro günstiger ist, gefällt mir der neue Campingplatz sofort besser, als meine gestrige Unterkunft: Mitten zwischen den Felder, mit Blick in die Berge verteilen sich auf der von riesigen Bäumen beschatteten Wiese nur zwei weitere Camper. Einen Pool – nicht ganz so überdimensioniert wie der letzte – gibt es ebenfalls und das WLAN ist um sogar einiges schneller. Ich bin gerade noch dabei mein Zelt aufzubauen, da kommt ein Mann zu mir, reicht mir einen Teller mit Fleisch und Salat und lädt mich dazu ein, mich zu ihm und seiner Frau zu setzten. Bis in den späten Abend sitze ich mit dem freundlichen südafrikanischen Paar, neben deren Camper und unterhalte mich mit Ihnen über Gott und die Welt.
Donnerstag 03.10.2024 – Achtung, herabfallende Meteoriten
Die Sonne ist kaum aufgegangen, da steige ich schon mit Simon und seiner Frau ins Auto und wir machen uns zu der nur drei Kilometer von dem „Restcamp“ entfernten Highlight der Region – dem Hoba Meteoriten. Der riesige Stein, der vor etwa 80.000 Jahren aus dem All auf unsere Erde gefallen sein muss, ist der größte Meteorit, der je auf unserem Planteten gefunden wurde. Um einen zehnminütigen Blick auf den Metallklumpen außerirdischen Ursprungs werfen zu dürfen muss man als Tourist satte 250 Dollar (13,08€) zahlen. Ich habe Glück dass Simon und seine Frau mich einladen – als Südafrikaner bekommen sie – und ich mit ihnen – zudem zum Local-Tarif in die Attraktion. Bevor die beiden mich wieder auf dem Campingplatz absetzten, drückt Simon mir noch zwei Tüten Biltong – lokales Trockenfleisch – sowie 800 südafrikanische Rand (41,78€) in die Hand und gibt mir seine Adresse – ich solle mich melden wenn ich in Südafrika wäre und dürfte gerne zu Besuch kommen. Den restlichen Vormittag über genieße ich die Ruhe auf dem idyllischen Campingplatz, auf dem ich nun wieder vollkommen alleine bin und springe einige Male in den Pool. Irgendwann kommt dann Hunger auf. Einkäufe zu planen ist nicht gerade meine Stärke und so habe ich – abgesehen von dem Biltong, dass ich heute morgen bekommen hatte – nichts Essbares mehr. Ich bin heilfroh als die Gärtnerin, die neben mir die einzige Person auf dem Gelände ist, irgendwas von „Mittagsessen“, „Stadt“, und „mitnehmen“ stammelt. Allerdings verschwindet die kleine Frau daraufhin einen kleinen Feldweg entlang in die Pampa laufend in den Feldern. Einig Zeit warte ich noch, bevor ich mich dann entschließe mich auf eigne Faust auf den Weg in die Stadt zu machen. Doch leider finde ich nirgends ein Auto, dass mich mit ins zehn Kilometer entfernte Grootfontein nehmen könnte und auch den Ort zu dem Gärtnerin verschwunden sein könnte kann ich nicht ausfindig machen. Mir bleibt also nichts anderes übrig als auf dem Campingplatz zu bleiben und darauf zu warten , dass am Abend die Beisitzerin wiederkommt und den kleinen Lebensmittelshop öffnet.
Freitag 04.10.2024 – Waterberg
Nachdem ich am frühen Morgen schon eine Nachhilfestunde gegeben habe, packe ich langsam aber sicher mein Zelt zusammen. Da hier weg Trampen sich schon gestern als nicht funktional entpuppt hatte, frage ich ein österreichisches Paar in dem Flitterwochen, dass mit einem Mietcamper neben mir campt, ob die beiden mich mit zurück zur geteerten Hauptstraße nehmen könnten. Da die beiden – genauso wie ich – als nächstes zum Waterberg fahren, bietet mir das Paar einen direkt Lift zur heutigen Attraktion und auch noch ein Müsli zum Frühstück an. Schon als anderthalb Stunden später wir auf den Parkplatz des Waterberg National Parks rollen, sitzen neben uns die ersten Warzenschweine und Baboons. Gemeinsam wandern wir einen schmalen Pfad entlang das markante Felsplateau hinauf. Der Waterberg trägt seinen Namen aufgrund der hohen Niederschlagsmengen rund um den Berg – tatsächlich sieht es um das Plateau wesentlich grüner aus, als in der restlichen Region. Da die Preise um in National Park direkt am Fuße des Waterbergs zu campen ins Extreme gehen, beschließe ich am späten Nachmittag noch etwas weiter zu trampen. Ich verabschiede mich also von den beiden Österreichern und setze mich an die wenig befahrende Dirt-Road. Zwei Stunden setzte ich mir als Limit – werde ich bis dahin nicht mitgenommen, würde ich doch hier campen. Exakt drei Minuten vor Ablauf meines Ultimatums kommt dann endlich ein Auto aus dem Nationalpark heraus und sammelt mich ein. Meine nächste Mitfahrgelegenheit ist der Manger des Waterpark Resorts persönlich – leider erzählt er mir das erst nachdem ich mich beschwert habe, wie teuer das Campen in dem Nationalpark sei. Ups! Im Sonnenuntergang lässt er mich an einer Campsite nicht weit von der Hauptstraße heraus – hier zahle ich direkt schon 10€ weniger als am Waterberg. In Empfang genommen werde ich auf der Farm von einem älteren Mann der sich mit Hans-Jürgen vorstellt und mir dann zeigt wo ich mein Zelt aufschlagen könne.
Samstag 05.10.2024 – Weihnachten
Noch 80 Kilometer bis Okahandja. Nach langer Vorfreude war es heute so weit und ich würde dort auf Oliver und Matthias, zwei gute Freunde von mir, treffen. Die beiden waren nach Namibia in den Urlaub geflogen, hatten sich einen Camper gemietet und mir angeboten sie auf dem Roadtrip begleiten. Nachdem ich den Vormittag über – von einem über den Campingplatz streuenden Pfau beäugt – an meinem Laptop gesessen und Blog geschrieben hatte, baue ich gegen Mittag mein Zelt ab und laufe zur Hauptstraße. Wenig später sitze ich in einem kleinen Auto, dass mich die letzten Kilometer bis zum Treffpunkt mitnimmt. In der Shoppingmall des Orts sitzend vertreibe ich mir die Zeit und warte darauf, dass Mathias und Oliver, die gerade in Windhuk gelandet sein müssten, sich auf den Weg zu mir machen. Um kurz nach 17 Uhr rollt der weiße Toyota Hiace mit den beiden Dachzelten drauf auf die Shell-Tankstelle an der ich warte und ich fall mir mit den beiden in die Arme und wir stellen gemeinsam fest, wie surreal es war nun gemeinsam hier zu sein. Die nächsten zehn Tage würden wir gemeinsam verbringen und den Etosha-Nationalpark, Swakopmund und die Namib-Wüste erkunden. Unsere Hintergründe könnten dabei unterschiedlicher nicht sein: Für Oliver ist es erste große Reise außerhalb Europas, Matthias hat jahrelang hier in Namibia gelebt und ist hier quasi zuhause. Und ich, ich war den gesamten Weg von Deutschland hierher auf abenteuerliche Weise auf dem Landweg gereist. Kurz vor Sonnenuntergang – Matthias akkurater Zeitplanung sei Dank – kommen wir pünktlich in Omaruru an und werden von Irmi, einer Freundin von Matthias und unserer Gastgerberin für die ersten Nächte, in Empfang genommen. Die ältere liebevolle Dame mit großem Redefluss lebt etwas außerhalb der Stadt. Von der Terrasse aus, auf der wir zu Abend essen, guckt man in die Natur und kann die an das kleine künstlich angelegte Wasserloch kommenden Tiere beobachten. Ein traumhafter Ort! Am Abend gibt es für mich dann noch ein vorgezogenes Weihnachten – Matthias und Oliver packen die Dinge aus, die sie mir aus Deutschland mitgebracht hatten. Eine Isomatte, eine neue Powerbank, Rucksack-Ersatzteile, Netzteile und nicht zuletzt Marmelade von meiner Mutter und eine Packung Elmshorner Kölln Schokomüsli.
Sonntag 06.10.2024 – Farmgottesdienst
Aus meinem weichen Bett tapere ich am Morgen auf die Terrasse und scheuche dabei direkt den Boekkies auf , der sich dem auf einem der Sessel sitzenden Oliver auf wenige Meter genähert hat. Nach einem leckerem Frühstück an einem reich gedeckten Frühstückstisch, machen wir uns auf dem Weg zu Gottesdienst. Deutsche Lobpreislieder, eine deutsche Predigt – und dann noch von meinem Rendsburger Pastor – das hatte ich ehrlich vermisst. Nachdem Matthias erwähnt hatte, dass ich von Deutschland hierher „gelaufen“ sei, stehen die Leute nach dem familiären Farmgottesdienst Schlange um mit sich mit mir zu unterhalten. Zurück zuhause bei Irmi geht es erstmal in den kühlen Pool, bevor ich dann mit meiner Familie telefoniere. Am Nachmittag checken wir dann die Campingausrüstung des Mietwagens auf Vollständigkeit und die Dachzelte auf Funktionalität, damit wir, wenn wir morgen in den Nationalpark fahren würden, keine unerwünschtesten Überraschungen erleben. Wie in Namibia typisch gibt es zum Abendessen Braai mit Salaten und reichlich Fleisch. Mathias hatte schon angekündigt, dass die Ernährung in den nächsten Tagen etwas einseitig fleischhaltig werden könnte – ein echter Männertrip eben. Am Abend packt Matthias seine „Skorpionlampe“ aus. Im blauen Licht der UV-Lampe leuchten die giftigen Spinnentiere hell auf. Ganz schön erschreckend, was hier alles kreucht und fleucht – Barfuß laufen sollte man hier lieber nicht.
Viel Spaß beim Roadtrip fuer Euch drei.
Hast du die Wartenschweine vom Warterberg auch gleich wiedererkannt? So schön Felix in Namibia zu sehen.
Ja Waterberg, die Landschaft und die Warzenschweine bringen
schöne Erinnerungen zurück