Montag 01.01.2024 – Time Out
Abgesehen vom der neunen Endziffer der Jahreszahl auf meinem Smartphone war am diesem morgen alles beim alten: Blog und Jahresrückblick waren noch weit davon entfernt fertig zu sein, mein Babbel-Wochenziel lange nicht erreicht, und einen wirklichen Plan für Marokko hatte ich ebenfalls nicht. Nicht nur in meinem Kopf, sondern auch in meinem kleinen Zimmer herrschte Chaos. Der Inhalt meines Rucksacks war auf dem Boden verteilt und vermischte sich mit den Lebenseinkaufen, die ich mit meiner Familie getätigt hatte. Nachdem ich den gesamten Vormittag daran gearbeitet zumindest irgendeine der Sachen, die dieses Chaos verursachten vorwärtszubringen, sehnte ich mich nach einer Pause. Algeciras hatte allerdings nicht viel zu bieten. Ich entscheid mich für einen auf den Bilder nicht sonderlich spektakulär wirkenden Wasserfall, der etwa eineinhalb Stunden von meinem Hostel entfernt lag – Laut Google Algeciras Top 2 Sehenswürdigkeit. Ich der heißen Mittagssonne ging es in Richtung Wasserfall: Schnell endete die Stadt und die rustikal und ärmlich wirkenden ländlichen Häuser, gaben mir schon fast ein bisschen das Gefühl in Afrika zu sein. Nachdem ich eine knappe Stunde keinem Menschen mehr begegnet war, erreichte ich den Pfad, der entlang eines Fluss zum Wasserfall führte. Die Natur und die Stille boten einen wunderbaren Ausgleich zum dauerhaften am Laptop sitzen. Der Wasserfall war wie erwartet wenig interessant und doch ärgerte ich mich keine Badehose eingepackt zu haben – jetzt eine Abkühlung, das wärs! In der nun noch brennenderen Sonne lief ich zurück zum Hostel und widmete mich dort wieder meinem Laptop und einer Nachhilfestunde.
Dienstag 02.01.2024 – Es gibt nichts, was es nicht gibt
Ambitioniert fügte ich die letzten Bilder in den Jahresrückblick ein und verschickte diesen dann mit einem zufriedenen Gefühl an meine Kontakte. Da ich nun wirklich alles was Algeciras bot ausgeschöpft hatte, wollte ich heute noch einmal nach Gibraltar fahren. Mit dem Bus war ich in etwa einer Stunde auf der anderen Seite der Bucht und lief von La Linea aus über die Grenze. Während man für den Autoverkehr irgendwann einen Tunnel gebaut hatte, führte der Fußweg von der Grenze in die Stadt nach wie vor einmal quer über das Rollfeld des Flughafens. Nur durch eine Linie von den Flugzeugen und dem Tower abgetrennt, überquerten hier Fahrradfahrer, E-Scooter und Fußgänger die Start- und Landebahn des kleinen Flughafens. Direkt neben einem sah man deutlich den Reifenabrieb der hier landenden Flugzeuge. Es gibt wirklich nichts, was es nicht gibt. Mein nächstes Ziel waren die „Mediterranean Steps“ – eine etwa einen Kilometer lange Treppe, die sich entlang der Felswand nach oben bis an die Spitze des Rock of Gibraltar schlängelt. Leider war das dort liegende Naturschutzgebiet aber nicht nur oben, wo die Seilbahn ankam, sondern auch an den unten gelegenen Eingängen mit Ticketkontrollen gesichert und 18€ zu bezahlen, nur um eine Treppe hoch zu laufen, sah ich absolut nicht ein. Ich drehte um, lief ein weiteres Mal quer über das Rollfeld und setzte mich dann in den Bus zurück nach Algeciras. Am Abend stieg dann langsam aber sicher die Aufregung. Ich hatte mein Ticket für die Fähre nun gebucht, das Chaos in meinem Zimmer weitestgehend gelichtet, alle ToDos erledigt – nur noch einmal schlafen und dann ginge es nach Afrika.
Mittwoch 03.01.2024 – This is Morocco
Früh stand ich auf, um keines Falls meine Fähre zu verpassen. Frühstücken, Duschen, alle meine Sachen irgendwie in den Rucksack gequetscht bekommen – dann ging es los. Neunzig Minuten vor Abfahrt der Fähre solle man da sein – das schrieb die Betreiberfirma auf dem Ticket. Überpünktlich stand ich sogar zwei Stunden vor Abfahrt vor dem Fährterminal – noch war nicht einmal der Check-In für die frühere Fähre beendet. Unkompliziert tauschte eine freundliche Dame am Schalter mein Ticket gegen, dass der bereits anderthalb Stunden früher fahrenden Fähre. Keine 10 Minuten später hatte ich die Sicherheitsschleuse hinter mir und stand an Deck der Fähre. Den marokkanischen Polizisten, der auf der Fähre mein Einreiseformular entgegennahm, schien es nicht zu stören, dass ich die Hälfte der Felder frei gelassen hatte – Woher soll ich denn auch wissen was meine CIN N° Nummer ist? Er zumindest drückte trotz der Lücken frohgemut den Einreisestempel in meinen Pass. Auf der Fähre summte ich fröhlich den Welthit „Time to say Goodbye“ vor mich hin während meine Stimmung zwischen Vorfreude und Respekt wechselte. Mach ich das grad ernsthaft? Fahre ich gerade ernsthaft nach Afrika? Nach eineinhalb Stunden Fährfahrt betrat ich dann endlich afrikanischen Boden. Ein Shuttletransport und eine weitere Gepäckkontrolle später war ich dann final in Marokko angekommen und – zugegebener Maßen – ziemlich planlos: Weder wusste ich, ob, wann und wo Busse zu meinem Ziel fuhren, noch wusste ich, wo ich überhaupt vom Hafengelände kam und zu allem Überfluss hatte ich nicht einmal Internet. Perfekt! Nachdem ich am Busterminal nicht schlauer geworden war und es irgendwie geschafft hatte die Horde aufdringlicher Taxifahrer abzuschütteln. Fand ich ein Straßenschild, dass mein Ziel angab – „Tétouan“. Im Schatten, ein paar hundert Meter die Straße runter, beschloss ich mich einfach am Trampen zu versuchen – da gibt’s zumindest keine verwirrenden Fahrpläne und Preisstaffelungen. Nach zehn Minuten brachte mich ein Pickup in vom Hafengelände herunter in das nächste Dorf. Dort wiederum sammelte mich eine aus Brüssel kommende Familie mit marokkanischen Wurzeln ein. Die kleine Tochter, mit der ich mir die Rückbank teilte, war alles andere als Schüchtern: Nach einigen Minuten kuschelte sie sich – selbstverständlich unangeschnallt – an mich. Eine uns auf der Straße entgegenkommender Kindergarten-Gruppe kommentierte mein Fahrer mit „This is Morocco“. Auf der Höhe von Ceuta ließ mich die Familie in einem Dorf raus, drückte mir einen 20-Dirham-Schein (etwa 1,80€) in die Hand und erklärte mir, wo ich damit ein „Grand Taxi“ – das marokkanische Sammeltaxi – nach Tétouan bekäme. Zu siebt das Auto füllend ging es dann mit diesem für gerade einmal 17 Dirham (etwa 1,57€) nach Tétouan. Dort angekommen nutze ich das WLAN eines Cafés, um mir ein Hostel zu buchen und machte mich dann durch die einem Labyrinth ähnelnden Gassen der Medina (Altstadt), die gleichzeitig als Basar genutzt wurden, auf den Weg zu diesem. Bei meinem Hostel handelte es sich um einen typischen Ryad. Ein Hotel, in dessen Mitte sich ein mit einem Brunnen gesäumten Innenhof befindet. Schön war’s hier! Als ich noch einmal rausging verließ ich keinesfalls die „Hauptgasse“ – die Gefahr sich hier ohne Google Maps zu verlaufen war unwahrscheinlich hoch. Doch auch in der Hauptstraße fand ich eine Möglichkeit um mein Geld in Dirham zu wechseln und ein Restaurant, in dem ich mir – für knapp über drei Euro – Spagetti Bolognese bestellte. Mein erster Eindruck von Afrika? Deutlich geordneter als gedacht. Klar, anders war’s hier schon, aber diesen absoluten Gegensatz zu Europa, von dem so viele sprachen, den sah ich hier noch nicht.
Donnerstag 04.01.2024 – Zum Tee bei Mohammed
Als ich gegen neun auf die Straße trat, wirkte die Stadt wie ausgestorben. Die gestern noch, von Händlern gefüllten Gassen waren nun leer und alle Türen verschlossen. In einem Café frühstückte ich: Ein mit Nuss-Nougatcreme bestrichenes Croissant und ein Avocadosaft waren das Beste, was ich auf Französisch aushandeln konnte. Nächste Herausforderung: Ich wollte ein SIM-Karte. Nachdem ich bei dem größten Anbieter ewig gewartet hatte, nur um dann festzustellen, dass man hier kein Englisch sprach und mein Französisch für technische Dinge um ein Vielfaches zu schlecht war, wechselte ich zu einem anderen Anbieter. Hier gab es zwar keine Prepaid-Karten doch man bot mir einen ein Monatsvertrag an – nehm ich. In einem Laden kaufte ich mir Wasser und Toast und wollte mich dann eigentlich wieder auf den Weg ins Hostels machen. Doch, wofür auch planen? Ein Mann in Berberkutte sprach mich an und führte mich in ein paar Seitenstraßen. Sein Angebot, ihn für eine Tour zu buchen schlug ich aus, doch bereits die ersten Gassen, durch die wir gelaufen waren, hatten mein Interesse geweckt. Anstatt des eher touristisch wirkenden Souks durch den ich gestern zu meinem Hostel gelaufen war, gab es hier einen Markt. Überall standen Auslagen mit einer Vielzahl von Gemüse und Obstsorten. Männer zogen Karren beladen mit großen Säcken durch die engen Gassen. In engen käfigen liefen Hühner herum, wurden dann gepackt, durch die Rupfmaschine gezogen und hingen wenig später kopfüber vor den Geschäften. Fisch, reihte sich an Trödelwaren und Elektrogeräte, für die es definitiv keine OVP mehr gab. Während ich gedanklich noch an kleinen für mich nach Haien aussehenden Fischen hing, zerlegten drei Männer einen Tisch weiter einen großen etwa drei Meter langen Hai. Ich war bereit alles zurückzunehmen, was ich gestern gesagt hatte – auch schon hier ist Afrika ein totaler Gegensatz zu Europa. Während ich fliegenumschwirrtes Süßgebäck betrachtete, kam ich mit einem Mann ins Gespräch. Spontan lädt Mohammed mich zu einem Tee nach Hause ein. Eigentlich bin alles andere als ein Tee-Fan, doch ihn nehme das Angebot an und folge dem älteren Herrn zu seinem direkt in der Medina gelegenen Haus. Auf einer Gasflasche kocht Mohammed den Tee und bittet mich dann in dem gleichzeitig als „Schlafzimmer“ dienenden „Wohnzimmer“ platz zunehmen . Immer wieder am Kabel rüttelnd bringt er den verdreckten Röhrenfernsehr, zum Laufen und bittet mich zu warten – er wolle mir etwas zu Essen holen. Ich kann gar nicht fassen, wie mir geschieht. Ich sitze in einem vielleicht acht Quadratmeter großem Raum, der mit zwei „Betten“ – oder eher „Liegeflächen“? –, einem halbdefekten Röhrenfernseher und einem Tisch ausgestattet ist. Der Hygienezustand ist katastrophal. Wie kann es sein dass ich, ein wöchentlich gewaschene Markenkleidung tragender, iPhone nutzender Junge, der wahrscheinlich den gesamten Hausrat dieses Hauses als „nicht mehr benutzbar“ definiert auf den Müll schmeißen würde, hier eingeladen werde? – Mein Kopf ist voll mit Fragen, Gedanken und Urteilen über die man allein ein ganzes Buch schreiben könnte. Mohammed kehrt mit einem „Kuchen“ – eher einem süßen Teigfladen – zurück und schenkt mir den Tee ein. Den Tee süße ich mir Zucken aus einer Dose, deren Zustand ich als mehr als bedenkenswürdig beurteilen würde. Eine knappe Stunde lang trinken wir gemeinsam Tee, unterhalten uns und essen den extrem süßen Teigfladen. Auch schlafen, könne ich bei ihm, bietet mir der Marokkaner bereitwillig an – das zweite Bett sei frei. Mohammed raucht währenddessen einen Joint und erzählt mir frohgemut über das hier blühende Cannabis Geschäft – ich verzichte. Dann, gerade als ich langsam gehen möchte, macht Mohammed auf einmal seine Hose auf, guckt mich erwartungsvoll an und bittet mich um irgendetwas. Was genau er möchte verstehe ich nicht – oder möchte ich es einfach nicht verstehen? Mich für Tee und den Kucken bedankend, mache ich mich seine Bitten vehement ablehnend aus dem Staub. Woww! Was für eine Erfahrung! Auch wenn das Ende diesem Erlebnis irgendwie einen bitteren Nachgeschmack verleiht, bin ich dennoch dankbar für diesen Erlebnis – so einen Einblick bekommt man nicht alle Tage. Den restlichen Tag verbringe ich in den Straßen der Medina: Der Hai von eben, ist inzwischen in Stücke zerlegt. Auffallen – oder nicht auffallen – tuen mir die wenigen Touristen hier. Abgesehen von einer kleinen geführten Gruppe, hatte ich in diesem Viertel keinen anderen Touristen entdeckt und auch die Händler, wirkten nicht so, als wären Touristen ihr Hauptgeschäft, sondern vielmehr als gingen sie echt und unverblümt ihrer – mal mehr, mal weniger harten – Lebensrealität nach.
Freitag 05.01.2024 – Die Blaue Perle
Das Wetter mit dem mich Tétouan am heutigen Morgen empfing wirkte alles andere als afrikanisch. Bei strömendem Regen lief ich durch die Straßen, die heute eher reißenden Flüssen ähnelten, in Richtung „Gare Routiere“. Hier wartete bereits ein Grand Taxi, dass noch genau einen Platz frei hatte und brachte mich nach Chefchaouen – der blauen Perle Marokkos. Seit dem Bestehen von Instagram ist das kleine Bergdorf mit seiner ganz in blau getünchten Medina ein beliebtes Ziel für Touristen. Neben seiner Farbe ist Chefchaouen – auch Amsterdam Afrikas genannt – aber auch für seinen Geruch bekannt. Das im Rif-Gebirge angebaute Cannabis, wird hier in großen Mengen konsumiert. Tatsächlich wurde mir die beliebte Droge an jedem der folgenden Tage mindestens zehnmal angeboten, während ich durch die Stadt spazierte. Vom Endpunkt meines Sammeltaxis aus waren ging es zu Fuß eine halbe Stunde in die Innenstadt, wo ich mir ein Hostelbett buchte – bei sechs Euro pro Nacht tut das hier dem Geldbeutel deutlich weniger weh, als es noch in Europa der Fall war. Den Tag über nahm ich mir Zeit durch die blauen Gassen der Medina zu spazieren. An einer Straßenecke gönnte ich mir einen frischegepressten Orangensaft – lächerliche 90 Cent. Anders als in Tétouan, gab es hier keine Haie und Hühner zu kaufen, sondern mit dem Namen der Stadt bedruckte Produkte, Schmuck, und Djellabas – die traditionellen Berberkutten. Vor den Restaurants standen nun überall Leute mit einer englischen Speisekarte in der Hand, die jeden nicht einheimisch aussehenden Passanten terrorisierten. Aber auch hier waren die Restaurants spotbillig und so ließ ich in einem nieder – mit etwas über sieben Euro war die Lammkottelet-Platte das teuerste Gericht auf der Speisekarte. Die günstige Preise hoben die Stimmung und dennoch musste ich aufpassen nicht zu sehr in Euphorie zu verfallen und meine Ausgaben weiterhin in Grenzen zu halten. Was ich hier schmerzlich vermisste war ein klassischer Supermarkt – lediglich kleine Minimarkets ermöglichten einem hier sich außerhalb der Restaurants zu ernähren. Zum Sonnenuntergang machte ich mich auf den Weg zu einer Moschee auf einem Berg außerhalb der Stadt und wurde dabei von einem selbsternannten Guide begleitet, der am Ende enttäuscht war, dass ich ihn nicht dafür bezahlte dass er mir unaufgefordert den gesamten Weg über nicht von der Seite wich und mich zutextete. Der Sonnenuntergang war nicht sonderlich spektakulär, doch ich traf währenddessen auf einen etwa fünfzigjährigen Kanadier, mit dem ich ins Gespräch kam. Er hatte damals sein Elternhaus verlassen und wollte drei Jahre lang Europa und Asien bereisen. In Europa blieb er hängen, fand Arbeit, Freundin und Auto. Nach dreizehn Jahren setzte er seine Reise dann fort, bis er irgendwo in Asien hängenblieb. Dort hatte er nun seinen Job gekündigt und brach ein drittes Mal zu seiner Reise auf. Lange tauschten wir uns über unsere Pläne und Ideen aus, bevor ich mich ins Hostel verzog: In den letzten Tagen hatte ich unzählige Eindrücke gewonnen, für die es erstmal ein bisschen Zeit brauchte, um sich zu setzten.
Samstag 06.01.2024 – Hinter den Kulissen
Auf der Suche nach einem Supermarkt verließ ich am Morgen die blaue Medina und begab mich in die Randviertel Chefchaouens. Schnell merkte ich, wie aus den touristischen Märkten der Innenstadt wieder „echte“ Märkte wurden. Zwischen lebenden Hühner und Gemüse kaufte ich mir an einer der kleinen Buden einen „Crêpe“ – oder zumindest die marokkanische Version davon. Während mich die Preise in der Innenstadt schon in Euphorie versetzt hatten, waren diese hier nochmals günstiger. Eine Hühnchen-Tajine – ein traditionelles marokkanisches Schmorgericht aus Fleisch und Gemüse – kostete hier keine 2,50€. Ein paar Straßen weitert fand ich ein Restaurant das für zwanzig Dirham (1,84€) ein Frühstücksmenü anbot: Heiße Schokolade, frischer Orangensaft, und drei Gebäcke deiner Wahl. In einem kleinen Souk traf ich auf haufenweise Markenklamotten – oder soll ich eher sagen „Klamotten mit Markenlogo“? Ich genoss es fernab aller Touristen und aufdringlichen Händler durch die Gänge und Straßen zu stöbern und ließ mich schlussendlich in einem Restaurant nieder, um die „Tajine au Poulet“ zu probieren. Während ich dort am Tisch saß kam ich mit Amadou, einem jungen Senegalesen, der am Tisch neben mir saß, ins Gespräch. Wir tauschten uns über meine Reisepläne, den Senegal und seine Lebensgeschichte aus – Genau solche Gespräche waren der Grund, warum ich es liebte abseits der Touristenplätze unterwegs zu sein. Am Nachmittag verzog ich mich ins Hostel: Es wartete eine Nachhilfestunde auf mich und ich brachte meine Erlebnisse der vergangenen Tage zu Papier – gar nicht so einfach. Den Sonnenuntergang genoss ich – diesmal mit weniger Wolken, dafür aber ohne kanadischen Gesprächspartner – musikhörend wieder vor der Moschee außerhalb der Stadt. Zurück in der Stadt kaufte ich mir eines der Grieß-Fladenbrote, die hier überall in Straßen und Restaurants angeboten und serviert wurden. Den restlichen Abend verbrachte ich blogschreibend im Hostel – Wenn man dabei, all die Dinge die man erlebt hat, erst einmal so richtig verarbeiten muss, dauert das deutlich länger als sonst. Obwohl ich vielmehr schieb, als es sonst der Fall war, musste ich dennoch feststellen, dass ich dennoch nur einen winzigen Bruchteil meiner Eindrücke und dazugehörigen Gedanken unterbringen konnte.
Sonntag 07.01.2024 – Auf trockenem Fuße
Um sieben Uhr klingelt mein Wecker – Ich schaffe es gerade diesen auszuschalten, bevor ich wieder einschlafe. Es dauert bis um kurz vor zehn, bis ich an der Grand Taxi Station stehe. Mein Plan für heute: Einen Wasserfall mitten in Rif-Gebirge besuchen. Doch abgesehen von mir, wartet noch keiner in dem Sammeltaxi. Nach einer halben Stunde gesellet sich ein italienisches Backpacker-Pärchen zu mir. Eine weitere halbe Stunde später kommen zwei Asiatinnen und wir einigen uns darauf trotz dem verbleibenden freiem Platz unsere Fahrt zu beginnen. Während ich aus dem Fenster gucke, beeindrucken mich nicht nur die Berge, sondern auch die ländlichen Häuser, die ich entlang der Straße entdecke. Während Männer mit von Eseln gezogenen Pflügen die Felder bewirtschaften, backen Frauen in an der Straße stehenden Lehmöfen Fladenbrote – Marokko wirkt hier noch einmal ganz anders, als in der Stadt. Nach 45 Minuten Fahrt erreichen wir den kleinen von touristischen Restaurants und einem großem Parkplatz dominierten Ort nahe des Wasserfalls. Zwei Stunden Fußweg sind es von hier zu dem Naturhighlight. Auf dem Weg bin ich nicht alleine – touristisch ist es hier. Neben dem Fluss, an dem der Wanderweg verläuft sind mitten im Wald immer wieder kleine Cafés und Restaurants mit Terrassen direkt am Fluss zu finden, die jedoch alle den Eindruck hinterlassen, schon etwas länger keine Gäste mehr empfangen zu haben. Nach einer Stunde wird der Weg schlechter und noch etwas stelle ich fest: Das kontinuierliche Rauschen des Wasser hatte mit einem Mal aufgehört. Als der Weg das nächste Mal den Fluss kreuzte, war klar warum: Von dem Fluss war nur noch ein ausgetrocknetes Flussbett übrig. In der Hoffnung, dass das Wasser so plötzlich, wie es verschwunden war auch wieder auftauchte, kämpfte ich mich weiter den verlassenen Pfad entlang. Wenn man still war hörte man Schreie und konnte sogar den einen oder anderen Berberaffen beobachten, der hier in den Bäumen lebte. Ansonsten: Absolute Stille. Immer tiefer führte der Pfad in den dschungelähnlichen Wald hinein. Irgendwann begann dann wieder ein leises Rauschen. Nach einer weiteren halben Stunde, stand ich dann vor dem Wasserfall – oder besser gesagt: Seinen Überresten. Nur noch die Form der dahinterliegenden Felsen deutete an, wie groß der Wasserfall einst gewesen war. Das Becken unter dem Wasserfall, war – abgesehen von einem kleinen Tümpel, in den es regenartig reinplätscherte – auf trockenem Fuße begehbar. Enttäuschend und beeindruckend zugleich. Um meine Badehose nicht umsonst eingepackt zu haben, gönne ich mir eine Dusche in dem eiskalten Wasser. Wenig später taucht das Backpacker-Pärchen aus dem Grand Taxi auf – abgesehen von ihnen hat es allerdings keiner der Touris, die anfänglich den Weg füllten, bis hierhin geschafft. Erfrischt, laufe ich den Weg zurück und bin froh auf dem Parkplatz – wenn auch ein leeres – Grand Taxi zu finden – die Italiener hatten sich nämlich entschiedenen den siebenstündigen Weg zurück nach Chefchaouen zu Fuß zurückzulegen. Nach einem Warten füllt sich das Taxi und es geht zurück ist Hostel. Hier warten zwei Nachhilfestunden und der wöchentliche FaceTime-Call mit meinen Eltern auf mich.
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