Montag 07.04.2025 – Covigne River Gorge
Vergangene Woche hatte Tim uns von einer nahegelegenen Schlucht erzählt. Man würde dort quasi direkt durch Wasserfälle hindurchklettern. Angetan von seinen Erzählungen machen wir uns am frühen Morgen also mit dem Maxi-Taxi auf den Weg zu jener Schlucht. Nachdem wir eine Dreiviertelstunde lang eine Landstraße entlanggelaufen sind, biegen wir in einen unscheinbaren Seitenweg ab. Gigantische Bambuspflanzen ragen links und rechts des Weges in die Höhe. Immer tiefer geht es einem trockenliegenden Flussbett folgend in den Dschungel hinein. Irgendwann endet der Weg zwischen zwei hohen Felswänden. Hier ziehen wir unsere Schuhe aus und warten von da an im hüfttiefen Wasser durch eine atemberaubende Schlucht, mithilfe von Seilen klettern wir Wasserfälle hinauf und springen in glasklare Felsbecken. Es macht richtig Spaß! Als wir das Ende der Schlucht erreicht haben, entscheiden wir uns sogar noch weiter zu laufen und schlagen uns durchs Dickicht bis zu dem Wasserfall. Als am späten Vormittag wieder auf dem Boot ankommen, widme Ich mich erstmal einigen Nachhilfestunden, bevor der restliche Tag seinen Lauf nimmt …
Dienstag 08.04.2025 – Flucht aus der Trägheit
Im Laufe des Morgens verabschieden sich Stefan und Lea. Die Beiden hatten die Feststellung getätigt, dass sie durch den Komfort den Tim uns bot – wir mussten kaum etwas tun, durften trotzdem hier wohnen, hatten Internet und bekamen etwas zu essen – ziemlich träge wurden. Mit ihrer Bootssuche ging es so nicht voran. Also zogen die Zwei nun zu einem Couchsurfer in der Hauptstadt „Port of Spain“. Ich hingegen würde noch bis ich am Freitag meine Familie auf Trinidad ankäme hierbleiben. Im Laufe des Tages säubern Tim und Ich das Deck mit einer Chemikalie, wir versuchen uns daran ein undichtes Dachfester dicht zu bekommen und montieren die Holzelemente, die wir vergangene Woche abgeschliffen und neu lackiert hatten, wieder. Zum Mittag lädt Tim mich auf eine Pizza ein, am späten Nachmittag setzte ich mich dann an meinen Blog, der mal wieder geschrieben werden will.
Mittwoch 09.04.2025 – Der Blondling im Weißen Haus
Ganz Unrecht hatten Stefan und Lea mit ihrer Feststellung nicht: Obwohl ich nun schon eine Woche auf Trinidad war, hatte ich – abgesehen von unseren Wanderungen – das Gelände der Marina noch nicht ein einziges Mal verlassen. Um das zu ändern, fahre Ich nach dem Frühstück mit Tim nach „Port of Spain“ zu einer Shoppingmall. Nicht nur wollte ich hier eine SIM-Karte kaufen, sondern vor allem erstmal meine „East Carribean Dollar“ in „Trinidad & Tobago Dollar“ umtauschen, damit Ich überhaupt wieder imstande wäre irgendetwas zu bezahlen. Als ich gegen Mittag zurückkomme, sitzt Tim im Salon. Wenn der 60-jährige gerade nicht an seinem Boot rumwerkelt oder Yoga macht, dann scrollt er mit einem Bier in der Hand den ganzen lieben langen Tag durch Facebook & News-Seiten, lacht Lauthals über Trump-Witze und schimpft über den amerikanischen Präsidenten. Es ist fast beängstigend zu sehen mit Leidenschaft Er den Blondling im Weißen Haus verabscheut – ein krasser Kontrast zu der großen Herzlichkeit, mit der Er allen anderen Leuten begegnet. Am Abend erhalte Ich Neuigkeiten von Stefan und Lea. Die Beiden hatten gleich gestern dem CARICOM-Dock, dem zentralen Hafen für alle Containerschiffe auf Trinidad, einen Besuch abgestattet und tatsächlich ein Schiff gefunden, dass auf dem Weg nach Guyana war. Noch war es nicht ganz sicher, doch wenn alles funktionierte, würden die zwei schon übermorgen in See stechen. Wie schade nur, dass ich noch nicht mitkönnte!
Donnerstag 10.04.2025 – Alles geht kaputt
Die meisten Dinge, die es auf dem Boot noch getan werden mussten, waren inzwischen erledigt. Für mich gab es also nicht mehr wirklich etwas zu tun und auch Tim wartete nur noch darauf, dass die Flugpreise sanken, damit Er nach Hause fliegen könne. Gegen Mittag gebe Ich eine Nachhilfestunde und erreiche damit einen wichtigen Meilenstein – ich hatte nun genug Geld zusammengespart, um mir die Fähre nach Venezuela leisten zu können. Ich bin gerade mit meiner Nachhilfestunde fertig, da kommt Tim laut fluchend die Treppe herunter in den Salon. Er hatte einige Ablauf-Löcher in die Auffangwanne der Klimaanlage bohren wollen und dabei aus Versehen den Kühlkörper angebohrt, welcher mit einem lauten Zischen das in Ihm enthaltene Kühlmittel von sich gab. Ein kleiner, aber teurer Fehler – 700$ kostet eine neue Klimaanlage. Das ist vor allem ärgerlich, weil Tim ja gerade kurz davorstand, sein Boot zu verkaufen. Bereits vergangene Woche war bei der Überfahrt das nagelneue Dinghy kaputtgegangen. Die Dinge summierten sich gerade noch einmal – entsprechend groß ist Tims Frust. Mit der defekten Klimaanlage ist es nur eine Frage von Stunden, bis sich der Innenraum des Bootes zu einem Backofen aufgeheizt hat. Als wir zu Abend gemeinsam kochen, gibt dann auch noch der Gasgrill seinen Geist auf – Tim muss erstmal zwanzig Minuten Yoga machen, bevor wir weiterkochen können.
Freitag 11.04.2025 – Das große Wiedersehen
Nach dem Frühstück begleite ich Tim in die Stadt, um eine neue Klimaanlage zu kaufen. Man könnte meinen, dass man für ein paar wenige Tage auf einen derartigen Luxusgegenstand verzichten könnte – doch bei der Klimaanlage des Bootes ging es nicht um Komfort, sondern in erster Linie darum, das Boot vor Schimmel zu schützen. Wird das Boot nicht vernünftig klimatisiert, droht einem nämlich eine pilzige Überraschung, wenn man sein Boot kommende Saison wieder betritt. Nachdem wir die neue Klimaanlage erfolgreich installiert haben, ist es an der Zeit mich Tim zu verabschieden. Die Gastfreundschaft des Kanadiers ist bemerkenswert: Nicht nur hatte er mich – obwohl er theoretisch genug Crew hatte – mit nach Trinidad genommen, ich hatte dann auch noch fast zwei Wochen kostenlos auf seinem Boot leben dürfen. Von der Marina aus fährt am Mittag ein Shuttlebus zum Flughafen, um dort jemanden abzuholen – und da das Hotel, welches meine Familie gebucht hatte, direkt neben dem Flughafen liegt, kann man mich auf dem Weg dort absetzten. Das Hotel ist ein absoluter Kontrast zu meinen sonstigen Unterkünften: Große klimatisierte Doppelbett-Zimmer, ein edler Pool. Es ist, als würde ich einen Schalter umlegen: Von Weltreise auf Familienurlaub – zwei Welten die, abgesehen davon, dass man bei Beidem reist, kaum etwas gemeinsam haben. Den ganzen Nachmittag und Abend warte ich hier darauf, dass meine Familie am Flughafen landet. Schon von Fahrer des Shuttlebusses hatte ich erfahren, dass es heute Vormittag am Flughafen gebrannt hatte, und sämtliche Flüge verspätet seien. So auch der meiner Familie – mit fast drei Stunden Verspätung kommen sie um kurz vor drei im Hotel an und Ich falle Ihnen in die Arme. Meine Mutter hatte ich zuletzt in Kapstadt gesehen – das war noch gar nicht so lange her –, doch meinen Vater und meine beiden Schwestern hatte ich seit über einem Jahr nicht mehr von Angesicht zu Angesicht gesehen.
Samstag 12.04.2025 – Fix und fertig!
Nach ein paar Stunden Schlaf lassen mein Vater und Ich uns zum Flughafen bringen, um dort einen Mietwagen abzuholen. Nachdem mit dem eigenem Fahrbahren Untersatz alles geklärt ist, geht es dann wieder zurück ins Hotel zum Frühstück – das braucht nicht nur lange, sondern fällt auch noch recht schmal aus und so geht es direkt nach dem Auschecken in die nächste Mall zum Starbucks. Im Anschluss machen wir uns auf den Weg zum Fährterminal – den Großteil unseres Urlaubs würden wir nämlich nicht auf Trinidad, sondern auf der Nachbarinsel Tobago verbringen. Stundenlang stehen wir in der Warteschlange. Die Fähre ist gross und modern, dennoch ziehen sich die drei Stunden Fahrt in die Länge. Als die Fähre in Scarborough, der Hauptstadt von Tobago, ankommt, ist es bereits dunkel. Anders als auf Trinidad sind die Straßen auf der Schwester-Insel schmal, bergig und kurvig. Unsere Unterkunft liegt ganz am anderen Ende der Insel – die ist zwar „nicht so groß“, aber dennoch sind das 40 Kilometer. Langsam tasten wir uns die Straßen entlang. Was einen hinter der nächsten Kurve erwartet? Ungewiss. Zumal man durch die blendenden Lichter des risikofreudig fahrenden Gegenverkehrs, sowieso kaum etwas erkennen kann. Als wir spät am Abend endlich Charlotteville erreichen, sind wir fix und fertig. Doch an Ruhe ist nicht zu denken: Auf dem Dorfplatz, der nur knappe 100 Meter von unserer Ferienwohnung entfernt ist, findet gerade eine Wahlkampfveranstaltung statt – und unser rustikales „Chalet“ ist in etwa so hellhörig wie mein Zelt!
Sonntag 13.04.2025 – Pirates Bay
Am nächsten Morgen sieht die Welt ganz anders aus. Aus dem Fenster unseres Wohnzimmers hinaus, guckt man direkt auf eine kleine verträumte Bucht mit türkisblauem Wasser. Da alle anderen noch schlafen, gehe ich erstmal eine Runde laufen, bevor es dann Frühstück gibt. Im Laufe des Vormittags machen wir uns auf den Weg zur „Pirates Bay“, einer zehn Gehminuten von unserer Unterkunft entfernten Bucht, in der es einen Strand, wie aus dem Bilderbuch geben soll. Und die Bilder haben nicht gelogen: Im Schatten von Palmen und einigen großen Felsen erstreckt sich ein menschenleerer perfekter Sandstrand, einige kleinere Korallenriffe befinden sich in Schnorchel-Reichweite. Wow! Im Anschluss an das Mittagessen mache ich mich auf die Suche nach frischen Früchten, meine große Schwester begleitet mich. Nachdem wir bei einem Straßenstand bereits Ananas und Kochbananen gekauft haben, fehlen nur noch Kokosnüsse. Ich bitte einen auf der Straße rumhängenden Local, der mich sowieso gerade angesprochen hatte um Rat – „Weißt du wo Ich Kokosnüsse kriege?“. Der Local überlegt kurz und gebietet uns dann Ihm zu folgen, meine Schwester guckt mich kritisch an. Zehn Minuten folgen wir dem Rasterlockenträger durch irgendwelche Hinterhöfe und zwielichtige Gassen, der Blick meiner Schwester hatte sich inzwischen von kritisch zu vorwurfsvoll geändert „Felix!!“. Irgendwann stoppt der Locals unter einer Palme in einem Scheinbaren Garten, pflückt uns drei Kokosnüsse, und wir machen uns auf den Rückweg. Aus einem Schuppen neben einem Tennisplatz zaubert er dann eine Machete, mit der er uns die Kokosnüsse aufschlägt. Ich drück ihm etwas Geld in die Hand und wir laufen zurück zur Unterkunft. „Mit dir geh ich nicht nochmal einkaufen!“ keift meine Schwester. „Frischer bekommst du’s nicht!“ entgegne Ich ihr.