Montag 14.10.2024 – Mirabib
Noch etwas verschlafen krabble ich aus unserem Dachzelt. Schon zehn Minuten später sind die Dachzelte zusammengeklappt und wir machen uns auf dem Weg zu einem einige Kilometer entfernten „Stone Arch“. An dem großen natürlichen Steinborgen angekommen, gibt es dann unser Frühstück. Unser nächstes Ziel ist eine über 1000 Jahre alte „Welwitschia“ – eine Pflanze, die ausschließlich in der Namib Wüste wächst. Der Weg zu dem botanischen Wunder führt über eine sich in die Länge ziehende Wellblech-Piste. Die mit unzähligen Bodenwellen überzogenen Straßen bringen das ganze Auto zum vibrieren – so sehr, dass sich Schrauben lösen können und die Aluminium von im Kühlschrank aneinander reibenden Getränkedosen abgeschliffen wird. So faszinierend sie aus wissenschaftlicher sich sein mag – eine Schönheit ist die aus zwei ausgefransten Blättern bestehende Welwitschia nicht – die Pflanze sieht eher wie ein vertrocknetes Häufchen Elend aus. „Ohh! … Das soll nicht so!“ Als ich mich auch hinter das Auto gelaufen komme, verstehe ich, was Oliver meint – unser rechtes Rücklicht fehlt. Anstatt wie geplant in eine Oase zu fahren, müssen wir also erst einmal wieder in die Zivilisation zurückkehren und uns dort um das Auto kümmern. Nach einigen Kilometern sehen wir in der Mitte der Schotterpiste unser Rücklicht liegen, das unglücklicher Weise einen durch den Aufprall auf den kiesigen Boden Schaden genommen hat. Bei Toyota in Swakopmund – hierhin hatte uns die Autovermietung geschickt – macht man gerade Mittagspause – in zwei Stunden würde man sich um uns kümmern. Nachdem wir die Wartezeit in einem kleinen Café überbrückt haben, dürfen wir dann pünktlich um 14.00 Uhr in die Werkstatt fahren. Gute Nachricht: Man hat ein neues Rücklicht da. Schlechte Nachricht: Wir sollen dieses selber zahlen. Nach einigem Telefontaten mit der Autovermietung fahren wir ohne neues Rücklicht zu deren Firmensitz, wo uns zwei Mitarbeiter in Empfang nehmen und das Rücklicht selber wechseln. Das neu eigebaute Rücklicht passt zwar auch nicht so recht, als der Mechaniker aber hört, dass wir das Auto nur noch bis Freitag hätten, zeigt er sich zuversichtlich das die Lampe solange halten würde. Super! Da die inzwischen fortgeschritten ist, müssen wir unseren Oasenbesuch auf morgen verschieben und machen uns auf direktem Weg nach Mirabib – unserem heutigen Schlafplatz. An einer aus dem Wüstenbogen ragenden Felsformation schlagen wir unser Lager mit Blick auf die endlos weite Ebene auf.
Dienstag 15.10.2024 – Spitzkoppe
Die Nacht war kalt. Umso schöner ist es, dass Matthias mich mit einer Tasse heißer Schokolade weckt, die er mir ins Zelt bringt. Nach dem Frühstück bepacken wir dann unser Auto und machen uns auf den Weg nach Goanikontes – der Oase, die wir eigentlich schon gestern besucht haben wollten. Nach einer Stunde Fahrt durch die flache weite Ebene, bekommt die Wüste eine dritte Dimension. In einem Tal inmitten einer mondähnlichen Berglandschaft, tauchen dann auf einmal grüne Bäume auf – das muss die Oase sein. Wir stoppen an dem „Rest Camp“ der Oase. Der liebevoll mit alten amerikanischen Oldtimer-Wracks gestaltete Touristenhotspot, bietet neben einem Campingplatz auch einen kleinen Zoo mit lokalen Farmtieren und ein Restaurant, in dem wir uns auf ein Getränk niederlassen. Nach der kleinen Pause ziehen wir weiter und verlassen langsam aber sicher die Namib Wüste. Die Straßen sind wieder geteert, die bis dato noch vegetationslose Landschaft füllt sich langsam mit einigen dornigen Büschen und Bäumchen. Nach einiger Zeit lässt sich am Horizont eine markantes Felsformation erkennen – die Spitzkoppe. Schon am frühen Nachmittag erreichen wir den das Granitmassiv umschließenden Spitzkoppe Nationalpark. Nachdem wir ein bisschen auf den Felsen rund um einen großen Steinbogen herumgeklettert sind, suchen wir uns eine Campsites am Fuße des Berges aus und schlagen dort unser Lager auf. Neben dem atemberaubenden Sternhimmel, den man von hier beobachten können soll – der Vollmond enthält uns das leider vor – ist die Spitzkoppe für einige Felsmalereien bekannt, die die als „Bushman“ bezeichneten Ureinwohner hier vor bis zu 4000 Jahren auf die Felsen gekritzelt haben. Als wir am Abend unseren „Sundowner“ trinken liegt schon etwas Abschiedsstimmung in der Luft. Zwar wären es noch drei Tage bis sich unsere Wege wieder trennen, doch heute war bereits unser letzter Camping-Abend. Gleichzeitig war dieser Tag für meine Reise ein besonderer: 365 Tage – ein ganzes Jahr – war ich nun unterwegs. In Anbetracht dieses Jubiläums bekomme ich von Matthias und Oliver eine – dringend nötige – Packung neue Socken geschenkt. Als die Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist machen wir dann das Lagerfeuer an und lassen unseren letzten Abend in der Natur den lodernden Flammen zuguckend ausklingen.
Mittwoch 16.10.2024 – Omaruru III
Ein letztes Mal bauen wir unsere Dachzelte ab, bevor wir uns zum dritten Mal auf den Weg nach Omaruru machen. Auf der Fahrt herrscht stille – uns allen ist klar, dass unsere gemeinsame Zeit sich nun den Ende neigte. Gegen Mittag schlagen wir bei Irmi auf, wo wir das Auto ausräumen und sortieren, und unsere eignen Dinge von den zum Mietwagen gehörenden trennen. Bei unserem diesmaligen Omaruru-Aufenthalt würden wir allerdings nicht bei Irmi schlafen, sondern bei anderen Freunden von Matthias. Auf einer Farm einige Kilometer außerhalb des Ortes heißen uns Andrea, Gustav und ihr Sohn Alexander willkommen. Nach drei Nächten Camping ist die Freude über eine warme Dusche groß.
Donnerstag 17.10.2024 – Taking Hands
In einem Armenviertel etwas außerhalb von Omaruru, hatte Andrea über die letzten fünf Jahre ein integrativen Kindergarten aufgebaut, um der dort herrschenden Armut zu begegnen – den wir würden wir heute besuchen. Als wir in den Slum fahren, bin ich allerdings erstmal positiv überrascht: Jede der Blechhütten hat ihr eigenen exakt abgestecktes Grundstück, es liegt kein Müll rum, hier und da haben die Menschen um ihre Wellblechverschläge kleine Gärten angelegt. Während ich in vielen Slums bisher gesehen hatte, das Gefühl der Perspektivlosigkeit vermittelt bekam – der Boden mit Müll übersät, überall herrschte Chaos – vermittelte diese Marginalsiedlung einen kleinen Hoffnungsschimmer: Die Menschen geben sich Mühe, das Beste aus ihrer Situation zu machen. Inmitten der Wellblechhütten steht dann auf einmal ein großen Betongebäude – das „Education Center“ von „Taking Hands“ erinnert stark an einen europäischen Kindergarten. Im Innenhof erstreckt sich ein Spielplatz, selbstgebastelte Dinge kleben an den Fensterscheiben, es tobt das Leben. 120 Kinder verschiedenster Altersgruppen werden hier betreut. Da es vielen Kindern an der Möglichkeit auf eine staatliche Schulen zu gehen mangelt, wird in dem Kindergarten nicht nur gespielt, sondern „Taking Hands“ übernimmt auch einen Bildungsauftrag und betreibt eine richtige kleine Schule. Nicht zuletzt bekommt jedes der Kinder in der hauseigenen Kantine eine Portion warmes Mittagessen – nicht selten ist das für die Kinder die einzige „richtige“ Mahlzeit des Tages. Und auch wir sind heute teil des Programms: Nachdem Matthias mit seiner Gitarre und den Kindern ein paar Lieder gesungen hat, darf ich die Chance nutzen um einen kleinen Vortrag über meine Reise zu halten. Gegen Mittag machen wir uns auf den Weg zu Irmi, die nur wenige Minuten von dem Zentrum entfernt wohnt, und kühlen uns dort im Pool ab. Am Nachmittag sind die Kindergartenkinder bereits wieder zu hause, in dem Zentrum findet nun eine Hausaufgabenbetreuung, für die älteren Kinder statt. Auch hier packt Matthias noch einmal seine Gitarre aus und ich erzähle von meiner Reise, bevor wir dann wieder nach Hause zurückkehren. „Taking Hands“ finanziert sich ausschließlich durch Spenden – mehr über die Organisation und ihre wertvolle Arbeit findest du hier. Am Abend statten wir der nicht weit entfernten „Omaruru Game Lodge“ noch einen Besuch ab und trinken dort in Gesellschaft mit sehr zutraulichen Nashörnern und Giraffen einen Sundowner.
Freitag 18.10.2024 – Abschied
Mau Mau spielend sitzen wir im Wohnzimmer. Matthias und Oliver haben ihre Koffer bereit gepackt und in das Auto geladen. Sie würden sich in wenigen Stunden auf den Weg nach Swakopmund machen, von wo aus sie morgen nach Kapstadt weiter fliegen würden. Und auch ich würde mich morgen weiter auf meinen Weg in Richtung der südafrikanischen Metropole machen. Noch 1700 Kilometer – zumindest auf direkter Route – in einem knappen Monat dürfte ich das Etappenziel meiner Afrika-Etappe schlussendlich erreichen. Der Abschied ist emotional: Es eine großartige Zeit gewesen, die nun ihr Ende fand. Winkend gucke ich der Staubwolke hinterher, die der Pick-Up auswirbelt, als Matthias und Oliver über die Auffahrt rollen. Zum Glück verbleibt mir nicht all zu viel Zeit, um darüber nachzudenken, dass ich nun wieder alleine war: Die letzten elf Tage hatten wir unglaublich viel erlebt – und zum Blog schreiben war dabei nicht gekommen. Ich verkrieche mich also erstmal hinter meinem Laptop und bringe die Geschehnisse der letzten Tage zu Papier. Am Nachmittag steige ich mit Alexander und Gustav ins Auto – wir würden die Farm eines Freundes von Ihnen besuchen, der Oldtimer sammelt. Eine eigene Brücke führt auf das große Anwesen, auf welchem der ältere Herr lebt. In einer Scheune, die er selbst sein „Museum“ nennt, stehen dicht an dicht alte Chevrolets, Land Rover, Mercedes und ein Mustang – jedes der Fahrzeuge ist restauriert, fahrtbereit, zugelassen und ein kleines Vermögen wert. Am Abend machen wir uns auf den Weg zu weiteren Freunden der Familie – wir sind zum Braai eingeladen. Im Garten an einer langen Tafel sitzend genieße ich ein weiteres Mal einen der landestypischen Grillabende, bevor wir uns spät mit vollem Magen auf den Nachhauseweg machen.
Samstag 19.10.2024 – Windhoek
Zwei Wochen war es inzwischen her, dass ich zum ersten Mal in Omaruru angekommen war. Nach den zwei schönen und erlebnisreichen Wochen, war es nun wieder Zeit meinen Weg Richtung Süden fortzusetzten. Nach dem Frühstück bringt mich Andrea an den Ortsausgang von Omaruru, wo ich mich an die Straße stelle. Es dauert keine fünf Minuten bis ein vorbeibrausender Land Cruiser anhält und der dort drin sitzende Farmer mir anbietet mich mit nach Karibib zu nehmen. In Karibib muss ich dann schon wesentlich länger warten: Erst nach 50 Minuten, die ich in der prallen Sonne vor mich hin brutzele, hält ein Kleinlastwagen und der freundliche junge Namibianer lässt mich einsteigen. Um die Mittagszeit erreichen wir Okahandja und ich steige aus. Genau hier hatten mich Matthias und Oliver vor 14 Tagen eingesammelt. Die von hier nach Windhoek führende nagelneue – auf meiner Karte existiert die Straße noch gar nicht – vierspurige Autobahn, ist zu meiner Enttäuschung aber nicht viel befahren. Däumchen drehend sitze ich auf meinem Rucksack am Straßenrand und gucke den wenigen Autos nach, die ohne mich eines Blickes zu würdigen vorbeidüsen. Auf einmal kommt eines der Fahrzeuge auf dem Seitenstreifen zurückgerollt. „Wo willst du hin?“ „Windhoek.“ „Steig ein!“ Mein Fahrer arbeitet als Sportreporter für das namibische Fernsehen und hatte gerade vom dem Laufwettbewerb, der in heute morgen in Omaruru stattgefunden hatte, berichtet. Als wir 80 Kilometer später die namibische Hauptstadt erreichen, bringt mich sympathische Mann der sympathische Mann sogar bis vor das Tor meiner Unterkunft. Im Garten eines kleinen Hostel am Rande des Stadtzentrums kann ich kostengünstig mein Zelt aufschlagen. Solange die Sonne noch scheint verbringe ich den Nachmittag an der zum Hostel Poolanlange, bevor ich mich am Abend in eine der Sitzecken setzte und das stabile und schnelle Internet ausnutze.
Sonntag 20.10.2024 – Christuskirche
Nach einem gemütlichen Frühstück mache ich mich durch die ruhige, noch etwas verschlafen wirkende Hauptstadt auf den Weg zur Stadtmission. In Afrika ist nichts zuverlässiger als der Buschfunk und so weiß man dort schon, dass das neue Gesicht, das während des Gottesdienstes in den Stuhlreihen sitzt, ein verrückter Weltreisender ist, der gerade „zu Fuß“ durch Afrika läuft. Gegen Mittag liefert mich ein Taxi wieder vor dem Hostel ab, wo ich kurz eine Nachhilfestunde gebe und mich im Pool abkühle. Am Nachmittag mache ich mich dann auf den Weg in die Innenstadt, um die Sehenswürdigkeiten Windhoeks zu besichtigen – all zu viele davon gibt es allerdings gar nicht. Hauptattraktion der größten Stadt Namibias ist die auf einem Kreisverkehr stehende Christuskirche, die mit ihrem romanischen Baustil noch aus deutschen Kolonialzeiten stammt. Um einen besseren Blick auf die Kirche zu bekommen , fahre ich im benachbarten Unabhängigkeitsmuseum – das Museum selbst ist leider geschlossen – zum Restaurant im obersten Stock, welcher in jede Richtung einen Balkon und somit 360° Blick über Windhoek bietet. Erschöpft von der Hitze kehre ich zurück in das Hostel und springe in den Pool. Neben mir sind in dem kleinen gemütlichen Hostel auch einige andere deutsche und so mangelt es nicht an Gesellschaft.
Danke, Felix, für die gemeinsame schöne Zeit!! Es war ein unvergessliches und einmalig besonderes Abenteuer und ich bete weiter für deine vor dir liegende Reise um Schutz und Segen!