Montag 17. November 2025
Um acht Uhr geht es mit der ersten Nachhilfestunde los, im Laufe des Vormittags folgen drei weitere. Nachdem der Tag schon halb angebrochen war, lohnt es sich nicht mehr heute noch etwas Großes zu unternehmen – ich gehe also nur kurz etwas zum Mittag essen und verkrieche mich im Anschluss wieder hinter meinem Laptop, nun an einem Webentwicklungsprojekt arbeitend. Als am Abend die Sonne den Horizont rot färbt, gehe ich am Strand spazieren und genieße noch ein wenig die Stimmung der warmen Frühlingsnacht.
Dienstag 18. November 2025
Im Laufe des Vormittags gebe ich noch einmal zwei Nachhilfestunden, dann klappe ich meinen Laptop zu und gehe noch etwas essen. Der Grund, warum ich in Paracas war, war nicht der Ort selbst, sondern die gleichnamige, als Naturreservat zählende, Halbinsel, einige Kilometer südlich des Ortes, die ich besuchen wollte. Ursprünglich war es mein Plan gewesen irgendwie per Anhalter dort hinzukommen, doch in den letzten Tagen hatte ich etwas viel Besseres entdeckt: In Paracas gibt es unzählige Fahrradvermietungen, bei denen man sich für kleines Geld ein Zweirad ausleihen kann. Das Mieten könnte einfacher nicht sein – es dauert keine fünf Minuten, bis ich stolzer Besitzer eines Fahrradhelmes und eines klapprigen Mountainbikes bin. Schnell stelle ich fest, dass mein Vorhaben deutlich anstrengender werden könnte als gedacht: Die Sonne knallt ganz schön, ich habe starken Gegenwind und 16 der 21 Gänge meines Fahrrads scheinen defekt zu sein – zumal die Kette mir innerhalb der ersten zehn Minuten dreimal abspringt. Irgendwie schaffe ich es dennoch bis zum „Playa Roja“, einem kleinen Strand mit – wie der Name schon sagt – rötlichem Sand. Des prekären Zustands meines Fahrrads wegen entscheide ich mich gegen den knapp 20 Kilometer langen Abstecher zum „Playa la Mina“ und fahre die schlaglochreiche Küstenstraße weiter in Richtung der „La Catedral“, einem von seiner Form her an eine Kathedrale erinnernden Felsen. Unmittelbar daneben liegt der „Playa Supay“. Der schmale Strand, auf den die Wellen hinaufrollen, befindet sich direkt vor einer steilen Felsklippe. Die drei Farben – das Braun der Wüste, das Grau des Strandes und das kräftige Blau des Ozeans bilden eine großartige kontrastreiche Szenerie. Für den Rückweg brauche ich auf meinem Fahrrad nur einen Bruchteil der Zeit, die ich für den Hinweg gebraucht hatte – ich habe nun Rückenwind und fliege förmlich zurück in den Ort. Am späten Nachmittag bin ich vollkommen fertig, die viele Sonne und das wenige Wasser hatten mich müde gemacht. Dazu war meine Haut – meine Sonnencreme war nämlich mal wieder aufgebraucht – in der prallen Sonne ganz schön verbrannt. Schlafen tut – egal auf welche Seite ich mich drehe – weh.
Mittwoch 19. November 2025
Nach einem einfachen Frühstück schultere ich meinen Rucksack und laufe an den Ortsausgang von Paracas. Mit einem Bus geht es von dort an die Panamericana. Hier muss ich nicht allzu lange warten, bis ich in einen Autotransporter steige, der angibt Richtung Lima zu fahren – nur noch knappe 250 Kilometer sind es bis in die peruanische Hauptstadt. Nach einer knappen Stunde Fahrt halten wir auf einer schlammigen Fläche am Straßenrand und mein Fahrer lässt seinen LKW mit dem Hochdruckreiniger vom Dreck der langen Fahrt befreien. Wenig später halten wir wieder, diesmal um Essen zu gehen. Es gibt „Chicharron“, Schweinefilets, die gemeinsam mit Zwiebeln und Kartoffeln auf Brot gegessen werden. Nach anderthalb weiteren Stunden Fahrt setzt mich mein Fahrer in einem Industriegebiet noch ein paar dutzend Kilometer außerhalb von Lima ab. In einem Restaurant mit akzeptablem WLAN schalte ich mich von dort zuhause zur „Männerzeit“ dazu. Schnell finde ich im Anschluss einen Kleintransporter, der mich weiter mit in die Stadt hineinnimmt. Nach einer halben Stunde Fahrt biegen wir schließlich auf die szenische Küstenautobahn, die die Steilküste entlang zwischen Lima und dem Pazifik verläuft. In Lima anzukommen, fühlt sich surreal an. Vor zweieinhalb Jahren, in den Osterferien 2023, kurz vor meinem Abitur, war ich hier im Familienurlaub gewesen. Wir hatten meine große Schwester besucht, die hier einen Internationalen-Jugend-Freiwilligendienst machte. Damals war Peru für mich unglaublich weit weggewesen und die Vorstellung, dass ich es hier auf meiner Weltreise hinschaffen wollte, klang irgendwie surreal. Doch nun war ich hier – ohne 12-stündigen Flug, ohne überhaupt ein Flugzeug benutzt zu haben! Zwar haben wir damals im Urlaub unter anderem auch Puno und Cusco besucht, wo ich in den letzten Wochen bereits vorbeigekommen war, doch hier wird mir das Ganze noch einmal so richtig bewusst. Mein Fahrer lässt mich direkt an dem zum Stadtteil „Miraflores“ hinaufführenden Treppen heraus. Ich erkenne den Surfstrand wieder, das Restaurant, in dem wir damals essen waren, die kleine Crêpe-Bude … glücklich wieder hier zu sein mache ich mich auf den Weg zu meinem Hostel.
Donnerstag 20. November 2025
Meinen ersten Tag in Lima verbringe ich wieder damit zu arbeiten. Am Vormittag stehen vier Nachhilfestunden an, am Nachmittag pflege ich noch eine Handvoll neue Angebote auf der Website eines Motorradreisen-Anbieters ein. Das Internet in meiner Unterkunft ist zufriedenstellend schnell und dank des großen Supermarktes, der nur eine Straße von dem Hostel entfernt ist, muss ich nicht einmal, um mich zu verpflegen, mehr als 100 Schritte laufen. Hin und wieder surrt vor meinem Zimmerfenster eine Drohne vorbei, deren Lautsprecher verkünden, dass sie Teil des Sicherheits- und Überwachungskonzept des Stadtteils Miraflores ist. Miraflores ist das touristische High-Society-Viertel der abgesehen davon zu großen Teilen aus armen Marginalsiedlungen bestehenden Millionenmetropole. Hier sehen die Straßen europäisch aus, es gibt Fußgängerzonen mit westlichen Fastfood-Ketten und guten Restaurants und an jeder Ecke stehen Mitarbeiter der „Serenazgos“, dem peruanischen Ordnungsamt, welche einen schon nach fünf Minuten, die man scheinbar grundlos an einer Stelle steht, zum Weiterbewegen auffordern. Am Abend gönne ich mir mit einer Pizza ein wenig kulinarische Abwechslung von den Reisgerichten, die es hier sonst mehr als genug gibt.
Freitag 21. November 2025
Auf der Choquequirao-Wanderung war mir die letzte der Gaskartuschen aus meinem in Buenos Aires angeschafften Vorrat leergegangen – es war also mal wieder Zeit für das „Wo finde ich eine passende Kartusche?“-Spiel. Selbstbewusst spaziere ich gleich nach dem Aufstehen den Malecón entlang zur nächsten Filiale, der chilenischen Outdoorausrüstungs-Kette „Tattoo“ – wenn es die irgendwo gibt, dann dort! Doch leider enttäuscht mich der Mitarbeiter, als ich kurz nach Ladenöffnung das Geschäft betrete – man habe keine Gaskartuschen. Immerhin weiß er, wo ich stattdessen eine finden soll. Die Adresse, die er mir gibt, ist nur wenige Blöcke von meinem Hostel entfernt und so laufe ich den ganzen Weg, den ich gekommen war, wieder zurück. Den Nachmittag verbringe ich im Hostel und schreibe den aktuellen Blogpost fertig, damit dieser morgen pünktlich online gehen kann.
Samstag 22. November 2025
Schon zwei Tage hatte ich größtenteils im Hostel herumgesessen, einen dritten wollte ich das nicht tun. Ich organisiere mir am Morgen also eine Karte für das Express-Bus-System und fahre mit einem der gnadenlos überfüllten Vehikel ins historische Zentrum Limas. Jenes gleicht – zumindest für mich als Kulturbanause – weitestgehend den Stadtzentren anderer südamerikanischer Städte: Ein rechteckiger „Plaza de Armas“ in der Mitte, mittig darauf die Statue irgendeines wichtigen spanischen Eroberers und darum ein paar asiatische Touristen mit Selfiestöcken, auf einer Seite eine große Kathedrale, auf den anderen drei Stein zahlreichen Gebäuden mit kunstvoll und detailreich gestalteten Fassaden. Schnell habe ich den touristischen Teil des Zentrums abgehakt und stoße nur ein paar Straßen weiter auf ein Viertel, in dem mehr Leben herrscht – einen Straßenmarkt. Der Menge folgend drifte ich durch die schmalen Gassen, in denen Händler alles von Früchten bis hin zu Autoreifen verkaufen. Hoch im Kurs scheint im Moment allerdings vor allem Weihnachtsdeko zu sein – bunt glitzerndes Lametta, stapelweise Christbaumkugeln und lebensgroße aufblasbare Weihnachtsmänner dominieren das Sortiment der meisten Stände. Am Nachmittag kehre ich ins geordnete und – abgesehen von den sprechenden Drohnen – ruhige Miraflores zurück. Das Wetter war heute nach drei grauen Tagen wieder sonnig und so gehe ich am Abend noch ein wenig an der Steilküste spazieren, bevor ich mir dort den Sonnenuntergang angucke.
Sonntag 23. November 2025
Meinen Aufenthalt in einer großen Metropole wollte ich – wie schon so oft auf dieser Reise – dafür nutzen, mal wieder vor Ort in einen Gottesdienst zu gehen. Von unserem damaligen Familienurlaub kannte ich auch schon eine Kirche, die bilinguale Gottesdienste anbot und so mache ich mich nach dem Frühstück zu Fuß auf den Weg zur „Calvary Chapel Church“. Leider muss ich während des Gottesdienstes feststellen, dass nur der zweite der zwei sonntäglichen Gottesdienste auf Englisch übersetzt wird – ich gebe also mein Bestes die spanische Predigt zu verstehen. Gegen Mittag mache ich mich zügig auf den Rückweg ins Hostel und gebe von dort eine Nachhilfestunde – einer Schülerin war spontan eingefallen, dass sie morgen ja Klausur schreibt und zu dem Thema noh ein paar Fragen hätte. Am Nachmittag gehe ich surfen – das kann man direkt an dem Strand unterhalb der Steilküste. Hier hatte ich vor zweieinhalb Jahren mein erstes Mal auf einem Surfbrett gestanden. Ich gehe wieder mit derselben Surfschule ins Wasser und stelle freudig fest, dass ich mich im Laufe der Jahre tatsächlich ein wenig verbessert hatte. Noch mehr freue ich mich darüber, dass ich diesmal ohne Seeigel auskomme – damals war ich beim Abspringen vom Board in einem der hier zahlreich vorhandenen stacheligen Unterwassertiere gelandet. Eine schmerzhafte Erfahrung!





















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