Montag 21.10.2024 – Schon wieder Nudeln?
Viel zu sehen gibt es in Windhoek nicht, mich ich feststellen, als ich mir am Morgen überlege, was ich mit dem heutigen Tag anstelle. Die Entscheidung ist also leicht gefällt: Beine hochlegen, entspannen und das Wetter genießen. Nachdem ich meine Porridge-Schüssel ausgelöffelt habe, schnappe ich mir mein Handtuch und gehe erstmal eine Runde schwimmen. Gegen Mittag gebe ich eine Nachhilfestunde – eine ehemalige Klassenkameradin von mir, hatte mir ihre Schülerin vermittelt, nachdem ihr Studium nun mehr Zeit beanspruchte und sie mit Nachhilfe aufhören musste. Ich komme gerade aus dem Pool heraus, da erreicht mich eine Nachricht: Ein Website-Projekt soll morgen online gehen, jedoch fehlen noch eine Handvoll Inhalte. Ich klappe also wieder meinen Laptop auf und verbringe den restlichen Nachmittag damit, die Internetseite mit Leben zu füllen. Nebenbei unterhalte ich mich mit Alex, einem deutschen Reisenden, der ebenfalls in dem kleinen Wohnzimmer sitzt und gestern die Aufmerksamkeit des ganzen Hostels auf sich gezogen hatte, als er mit seiner angolanischen Freundin Schluss machte. Nachdem ich gegen noch eine weitere Nachhilfestunde gegeben habe, begebe ich mich in die Küche. „Schon wieder Nudeln?“ bekomme ich höhnisch zu hören – Während hier irgendein Garnelen-Gericht und da ein indisches Curry gezaubert werden, hält sich meine Kreativität beim Kochen nach wie vor in Grenzen – eine halbe Packung Nudeln und eine Dose passierte Tomaten. Simpel, sättigend und günstig. Bis in den späten Abend sitze ich noch am Laptop und arbeite an der Website. Erst als meine Augen langsam zufallen, klappe ich auch den Laptop zu und lege mich in mein Zelt.
Dienstag 22.10.2024 – Bleifuß
Kaum bin ich aufgestanden, schon mache ich dort weiter, wo ich gestern aufgehört hatte – Webseiten bauen. Als ich gegen neun Uhr, dann endlich bei der Letzten der 34 Unterseiten auf „Speichern“ klicke, springe ich noch ein letztes Mal in den angenehm kühlen Pool, bevor ich damit beginne mein Zelt abzubauen. Zu Fuß stapfe ich von dem Hostel aus zur Hauptstraße und folge dieser dann, bis ich eine zum Trampen geeignete Stelle finde. Nach einiger Zeit hält ein weißer Audi Sportwagen in der Einbuchtung hinter mir und ich steige zu den zwei jungen Männern – später erfahre ich, dass die beiden gar nicht so jung sind, doch das Schätzen des Alters von dunkelhäutigen Personen fällt mir noch immer extrem schwer – ins Auto. Mit ordentlich Tempo legen wir die 260 Kilometer bis nach Mariental zurück, wo mich die beiden direkt vor einem Campingplatz absetzten. Mal wieder bin ich viel schneller als erwartet an meinem Zielort angekommen und so hat der Campingplatz noch gar nicht offen, wie ich den an dem Tor hängenden Check-In Zeiten entnehme. Glücklicherweise gibt es nur einen Katzensprung entfernt ein Burgerrestaurant, in dem es sich die Zeit optimal überbrücken lässt. Nachdem ich mein Zelt aufgebaut und mir einen für die 3-Pole-Steckdosen passenden Adapter sowie das WLAN Passwort organisiert habe, mache ich einen Abstecher zum erfrischenden Pool der Campsite. Da ich die nächsten Tage wieder einmal in der Wüste verbringen wollte, laufe ich am Nachmittag noch einmal zu einem der Supermärkte der Stadt und decke mich zumindest mit etwas Proviant ein. Als es dunkel wird setzte ich mich dann an meinen Laptop, gebe erst eine Nachhilfestunde und telefoniere dann mit meiner Familie, während ich mir auf dem Gaskocher eine Portion Fertignudeln köchle.
Mittwoch 23.10.2024 – Sesriem
Nach der ersten halben Stunde sind noch keine fünf Autos in die richtige Richtung an mir vorbeigefahren. Vielleicht hätte ich doch von Windhoek aus die direkte Route wählen sollen? Weitere zwanzig Minuten verstreichen bis irgendwann zwei Lastwagen am Horizont auftauchen. Nachdem der erste Fahrer mir offenbart hat, dass er nur einige Kilometer weiterfährt, bin ich umso glücklicher, als der zweite Fahrer mir anbietet mich ins 115 Kilometer entfernte Maltahöhe mitzunehmen – in dem geräumigen Führerhaus des Daimlers kann ich derweil sogar mein Handy laden. In Maltahöhe findet die Teerstraße dann ihr Ende – ab hier geht es nur noch auf „Gravel Roads“ tiefer in die Wüste. Es dauert eine gute halbe Stunde, bis zu meiner Überraschung ein vorbeikommender Miet-SUVs anhält – Touristen nehmen normalerweise seltenst Anhalter mit – und ich bei zwei deutschsprachigen Passionisten auf den Rücksitz klettere. Durch eine beeindruckende Wüstenlandschaft mit hohen Tafelbergen geht es nun immer tiefer in die Wüste. An die Fensterscheibe gelehnt döse ich vor mich hin, während die Frau aus „Das Herz des kleinen Jägers“, einem Roman, der die Geschichte afrikanischer Buschmänner erzählt, vorliest. Nach über zwei Stunden Fahrt durch die schier endlose Wüste tauchen auf einmal erste rötliche Sanddünen am Horizont auf. Eine weitere halbe Stunde vergeht bis wir das kleine Sesriem erreichen. Der abgelegene Ort, der das Gate zum Namib-Naukluft Nationalpark beherbergt, besteht ausschließlich aus einer Tankstelle, einer Handvoll Lodges und einem kleinen Shop. Andrea hatte mir, als ich ihr von meinen Plänen erzählt hierherzukommen erzählt hatte, die Nummer ihrer Eltern gegeben, die irgendwo nicht weit von hier auf einer Farm lebten. Eine ganze Stunde vergeht von meinem Anruf bis ein älterer Herr, an der Tankstelle vor der ich warte, auf mich zukommt „Felix?“. Jürgen hatte auf dem Weg noch ein Pärchen eingesammelt, dass mit einem Platten und einem ebenfalls platten Ersatzrad in der Wüste stand. Nachdem das Ersatzrad repariert ist, machen wir uns auf den Weg und helfen noch kurz dem Pärchen bei Wechseln des Reifens. Auf der inmitten der felsigen Wüste gelegenen Farm angekommen, lerne ich dann bei Kaffee und Kuchen auch Andreas Mutter, Ria, kennen. Den ganzen restlichen Nachmittag über sitzen wir auf dem Sofa und unterhalten uns, bis man mir am Abend den neben dem Haus stehenden Wohnanhänger zeigt, in welchem ich die nächsten Nächte schlafen würde.
Donnerstag 24.10.2024 – Pfanne des Todes
Pünktlich zum Sonnenaufgang lässt mich Jürgen vor dem Tor des Nationalparks raus. Ursprünglich hatte ich vorgehabt von dort aus mit dem offiziellen Shuttlepark in das noch 60km entfernte Sossusvlei zu fahren, doch der am Tor stehende Ranger macht mir Hoffnungen, dass ich auch per Anhalter zu der Touristenattraktion kommen würde. Jedes Auto das an ihm vorbei in den Park fährt fragt er also nicht nur nach Kennzeichen und Name sondern nun auch, ob sie nicht noch einen Platz für seinen deutschen Freund übrig hätten – mit Erfolg! Bereits das fünfte Auto sagt ja und ich steige zu vier sächsischen Touristen in den Mietwagen. Vom Gate aus dauert es noch eine knappe Stunde bis wir den zwischen den Dünen gelegenen Parkplatz erreichen. Für die restlichen fünf Kilometer bis zu der berühmten „Big Daddy“ getauften Sanddüne, die neben dem ebenso bekannten „Deadvlei“ – einer staubtrockenen Tonfläche mit Jahrhunderte alten Bäumen – in die Höhe ragt, steigen wir dann auf ein offenes Safari-Fahrzeug um. Keuchend stapfe ich den Kamm der Düne entlang in die Höhe, während Mark, einer der Sachsen, mir vorschlägt, dass ich in meinem Blog dann ja schreiben könne, wie ich von „vier ungeimpften sächsischen Neo-Nazis“ mitgenommen worden sei. Schnell wird klar, dass ich mehr Kondition habe, als meine sächsische Reisegruppe und so trennen sich unsere Wege – irgendwie würde ich schon wieder zurückkommen. Von „Big Daddys“ Spitze aus – übrigens eine der höchsten Sanddünen der Welt – hat man einen atemberaubenden Blick über das umliegende Dünenmeer; erst in über 30km lässt sich am Horizont das Blau des Atlantiks erahnen. Nachdem ich einige Zeit die Aussicht genossen habe, geht es an den spaßigen Teil der Dünentour. Senkrecht renne ich die 325m hohe Düne hinab in Richtung des „Deadvleis“ und kann danach erstmal den Sand aus meinen Schuhen schütten. Die Landschaft des „Deadvleis“ wirkt absolut surreal: Aus dem trockenen Boden, der in sechseckige Tonkacheln gerissen ist, ragen dürre schon lange abgestorbene Bäume, die aufgrund der niedrigen Luftfeuchtigkeit aber dennoch nicht verfallen. Gegen Mittag klettern die Temperaturen auf über 40° Celsius und so beschließe ich mich auf den Rückweg zu machen. Mit einem Beweisfoto überzeuge ich den Shuttlefahrer mich wieder mit zurück zum Parkplatz zu nehmen, denn den als Ticket dienenden Kassenbon hatten die Sachsen mitgenommen. In dem Shuttle lern ich dann auch gleich ein deutsches Mutter-Sohn-Gespann kennen, das mir – nachdem ich meine Geschichte erzählt habe – anbietet, mich wieder mit zurück zum Gate zu nehmen. Kurz vor dem Gate machen wir noch einen Abstecher zu dem ebenfalls beeindruckenden Sesriem Canyon, einer 30m tiefen Felsspalte, die sich durch die Wüste zieht. Am Gate weiß man schon von mir – die Sachsen hatten mich auf den Nationalpark-Eintritt eingeladen und entsprechend das Permit – doch sie hatten das Ganze scheinbar gut mit dem Ranger kommuniziert. Müde von Hitze lasse ich mich aus Sesriem abholen und freue mich als ich das klimatisierte Wohnzimmer des Farmhauses wieder betrete.
Freitag 25.10.2024 – Beine hochlegen
Eigentlich gibt es keinen Grund früh aufzustehen, doch eine Nachhilfestunde am frühen Morgen zwingt mich noch vor Sonnenaufgang dazu aus meinem Wohnwagen zu krabbeln. Auch wenn es hier inmitten der Wüste nicht all zu viel zu tun gibt, hatten Andreas Eltern mir angeboten noch einen weiteren Tage hierzubleiben und mich etwas zu entspannen. Den Vormittag nutze ich um meinen – noch immer eine knappe Woche hinterherhängenden – Blog weiterzuschrieben. Damit komme ich auch ganz gut vorwärts – zumindest so lange, bis ich einen Anruf erhalte: Von der am Montag öffentlich gestellten Website waren nun die ersten Korrekturwünsche eingetroffen, die nun bearbeitet werden mussten. Der Zeithorizont, wie immer: Am besten sofort. Anstatt meinen Blog tatsächlich endlich fertig zu bekommen verbringe ich die weitere Zeit erstmal, mich wieder durch die selben Seiten zu klicken, die ich zu beginn der Woche schon bearbeitet hatte. Zum Mittag hat sich Ria, die lange Zeit in Österreich gelebt hat, etwas besonderes ausgedacht – es gibt Kaiserschmarrn mit Pflaumenkompott. Wie lange hatte ich keine Pflaumen mehr?! Den Nachmittag über sitze ich dann mit Ria und Jürgen auf der Couch und unterhalte mich mit ihnen über Gott und die Welt. Die beiden haben dadurch, dass sie seit vielen Jahren außerhalb Deutschlands und ziemlich isoliert in der Wüste leben auf viele Themen ihre eigene Sicht entwickelt.
Samstag 26.10.2024 – Ein Satz mit X
Zwei Äpfel, zwei Brötchen, Rusks, einen Packung Nüsse – Ria hatte mich reichlich mit Proviant versorgt, bevor mich Jürgen gegen neun zur Tankstelle nach Sesriem bringt. Bei so vielen Touristen, die hier täglich die Dünen, dürfte es ein Kinderspiel werden von hier wegzukommen – ich soll noch eines besseren belehrt werden. Die erste Hürde besteht darin, dass es von Sesriem aus zwei Straßen gibt, die in die Richtung führen, in die ich möchte. Allerdings gibt es nur einen Felix, und so habe ich egal wo ich stehe, immer das Gefühl, dass die Mehrheit der Fahrzeuge, die andere Straße nutzt. Hinzukommt, dass die typische Namibia-Rundreise-Route vom Norden aus in den Süden führt. Die meisten Autos kommen also gerade aus Lüderitz – dort wo ich hin möchte – und fahren in Richtung Swakopmund – dort war ich bereits. Stunde um Stunde vergeht ohne das sich irgendeine Form der Besserung zeigt – niemand fährt in Richtung Süden. Es dauert nicht lange da ist mein bisheriger Wartezeitrekord von drei Stunden überschritten – das ich diesen heute verdoppeln würde, ahne ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Es vergehen weitere Stunden. Inzwischen stehe ich an der Tankstelle, an der gesamte Verkehr einmal auftankt, bevor er weiterfährt. Doch auch wenn ich hier schnell mit Menschen ins Gespräch komme – meine Reise ist nun in mindestens vier deutschen Pauschalrundreise-Gruppen das Gesprächsthema des Tages – einen passenden Lift finde ich nicht. Gegen fünfzehn Uhr bekomme ich immer seltener Swakopmund als Ziel genannt und immer mehr Fahrzeuge fahren nur noch zu den umliegenden Campingplätzen und Lodges. Des Tag war gelaufen – nach über sechs Stunden erfolglosem Warten, wähle ich wiederwillig Rias Handynummer und bitte darum mich wieder abzuholen.
Sonntag 27.10.2024 – Hackengas
Neuer Tag, neues Glück. Gestern hatten mir sowohl die Tankstellenarbeiter, als auch der am Gate stehende Ranger empfohlen früher zu kommen – diejenigen die in Richtungen Süden fahren, würden direkt nach Toröffnung losfahren. Pünktlich um sechs stehe ich also vor der Einfahrt des Nationalparks und hoffe darauf, dass ein Auto anhält das nicht Swakopmund, sondern in Richtung Süden oder Osten weiterfährt. Der kalte Wind lässt meine Gänsehaut zittern – solange die Sonne noch nicht draußen ist es in der Wüste eisig kalt – 14° Celsius haben wir am heutigen Morgen. Inzwischen stehe ich schonwieder drei Stunden an der Straße und noch immer fehlt jeder Hoffnungsschimmer – das frühe Aufstehen, hatte sich bisher nicht gelohnt. Ich halte meinen Daumen schon gar nicht mehr raus, als ein Auto aus dem Nationalpark gerollt kommt und dennoch neben mir hält. Meine Mundwinkel fliegen förmlich nach oben, als man mir erzählt, dass man nach Mariental – zurück zur Hauptstraße – fahren würde und einen Platz für mich frei hätte. Gegen kurz nach zwölf lässt mich das britische Paar in dem kleinen Örtchen raus, in dem ich vor vier Tagen meinen Trip in die Wüste gastartet hatte. Die Straße ist wieder geteert – nun könne mich nichts mehr aufhalten. Naja, nichts außer dem einen durchgestrichenen Tramperdaumen zeigenden Straßenschild, das genau dort steht, wo ich jetzt gerne stehen würde. Ich stelle mich also neben das Schild und versuche mich trotzdem einmal am Trampen – mit Erfolg, die Locals scheint das Schild genau so wenig zu interessieren, wie mich. 250 Kilometer später steige ich an einem Kreisel kurz hinter Keetmanshoop aus. Es ist inzwischen sechszehn Uhr und noch immer verbleiben drei Stunden Fahrzeit bis in die kleine Hafenstadt Lüderitz, die mein Ziel ist. Ich überlege gerade schon in Keetmanshoop zu bleiben, da hält ein Pick-Up mit dem Fahrtziel Lüderitz. Im Sonnenuntergang erreichen wir das windige Küstenörtchen, und mein Fahrer setzt mich – nachdem er bei einem Supermarkt gehalten hat, damit ich mir etwas zum Abendessen kaufen kann – direkt vor dem Hostel, das ich mir rausgesucht hatte, ab.
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