Montag 08.01.2024 – Ruhe
Mein letzter Tag in Chefchaouen brach an und nachdem mich gestern der Wecker viel zu früh aus dem Schlaf gerissen hatte, genoss ich es ausschlafen zu können. Noch halb im Bett liegend konfigurierte ich meine eSIM-Karte, damit ich nun auch wieder SMS an meine deutsche Nummer empfangen könne. Draußen war perfektes Wetter – die strahlende Sonne ließ das blau der Medina aufleuchten, so dass dieses fast kontrastlos mit dem Himmel verschwamm. Dennoch gab es in der recht kleinen Stadt nicht viel neues für mich – Zeit weiter zu ziehen. Seit gestern Abend war ich wie aus dem nichts mit neuer Energie erfüllt. Ich freute mich darauf morgen endlich wieder per Anhalter unterwegs zu sein, neue Orte zu sehen und guckte mir gleichzeitig schon unzählige Mauretanien-Reisebereichte an. Doch heute würde ich noch einmal hier bleiben. Ich ließ mich im Hostel nieder, schrieb an meinem Blog und organisierte mir noch eine weitere Nachhilfestunde für den Abend. Zwischendurch ging ich immer wieder raus, aß eine Hühnchen-Tajine – die hatte sich bewährt –, holte mir einen frischen Mangosaft und las ein Buch. So aufregend „Ich mache eine Weltreise“ immer klingt – auch diese Tage gibt es. Erst durch sie findet man Zeit all das Erlebte zu reflektieren, es wirklich zu begreifen und kann sich neue Ideen, Träume und Ziele aussuchen. Am Abend warteten drei Nachhilfestunden auf mich und sorgten so dafür, dass ich Chefchaouen mit mehr Geld verlassen würde, als ich zu Beginn dieser Etappe hatte. Ein unglaubliches gutes Gefühl – das Gefühl kostendeckend zu leben.
Dienstag 09.01.2024 – Ich hab’s versucht!
Mein Wecker klingelte wieder einmal früh. Für heute hatte ich geplant in einem Restaurant frühstücken zu gehen und danach nach Fes zu trampen. Als ich das Hostel verließ, ahnte ich schon, dass ich den Wecker etwas zu früh gestellt hatte. Sieben Uhr – es war noch stockfinster und die sonst so lebendigen Straßen der Medina lagen wie ausgestorben vor mir. Das Restaurant in das ich wollte, hatte zwar schon geöffnet, doch das Menü, dass ich bestellen wollte, gab es – aus welchen Gründen auch immer – doch nicht. Enttäuscht holte ich mir bei einem Bäcker etwas zu essen und setzte mich in den Empfangsbereich des Hostels – nicht immer fängt der frühe Vogel den Wurm. Als es gegen neun endlich heller wurde, machte ich mich auf den Weg zu dem auserkorenen Ort, von dem ich meine Trampchancen, ganz okay einstufte – ein Kreisel an einer Landstraße, die Chefchaouen mit der Nationalstraße nach Fes verbindet. Trotz wenig Verkehr dauerte es keine dreißig Minuten bis ich mich mit meinem Rucksack in Führerhaus eines Tanklasters quetschte, der mich an die Nationalstraße brachte. Dort wiederrum sammelte mich nach fünf Minuten ein Bus ein, der für 80 Dirham nach Fes fuhr – immerhin 40 Dirham weniger als die normalen Busse und Grand Taxis – ich nahm das Angebot an! Im Bus traf ich auf einen französischen Backpacker, der ebenfalls auf dem Weg nach Fes war. Eine gefühlte Ewigkeit verging. Alle paar Kilometer, hielt der Bus an einer Station oder gabelte an der Straße stehende Leute auf. Eigentlich schon praktisch – man stellt sich einfach an die Straße und irgendwann sammelt ein der Bus ein. Im Bus war es stickig, enge unbequeme Sitze sorgten für Schmerzen im Gesäß und die durch das Fenster scheinende Sonne grillte einen. Die anfänglich noch grüne Landschaft war inzwischen von staubtrockenen Boden mit kargem Buschwerk abgelöst wurden. Nur die mal hölzernen, mal blechernen Verschläge und die schwerstbepackten Esel sah man unverändert am Straßenrand. Mehr als vier Stunden brauchten wir für die weniger als 200 Kilometer lange Strecke – ein Hoch auf deutsche Autobahnen. Nachdem ich im Hostel eingecheckt hatte, suchte ich in dem Wirrwarr der Medina die Ledergerberei, für die Fes so berühmt war. Am Abend traf eine weitere Reisende in dem sonst leeren Hostel ein und wir drehten gemeinsam eine Runde durch die Stadt und aßen etwas. Das WLAN im Hostel funktionierte nicht und so gab es um kurz nach neun nichts, was mich noch davon abhalten konnte ins Bett zu gehen.
Mittwoch 10.01.2024 – Zeichen von Zivilisation
Der Morgen begann mit dem im Preis von sieben Euro die Nacht inbegriffenen Hostel-Frühstück – kein All-You-Can-Eat-Buffet und doch zufriedenstellend. Mit verzogenem Gesicht kippte ich den mir servierten Espresso runter und verließ dann das Hostel. Ich war auf der Suche nach einem besseren Hostel, denn das mangelnde WLAN machte mir echt zu schaffen. Nicht nur könnte ich so keine Nachhilfestunden aus dem Hostel halten, auch wurde die Zeit von „Draußen ist es dunkel und alle Kantsteine sind hochgeklappt“ bis „Es wäre Zeit schlafen zu gehen“ so von unfassbarer, sich in die Länge ziehender Langeweile erfüllt. Krass, wie sehr man doch von so peniblen Dingen wie WLAN abhängig ist. Eine preislich infrage kommende Hostelalternative fand ich allerdings nicht. Ich besuchte ein weiteres Mal die Gerbereien und machte mich dann auf die Suche nach dem für seine goldenen Türen bekannten „Royal Palace“, etwas außerhalb der Stadt. Bei einem Blick auf Google Maps fand ich nicht weit davon entfernt auch gleich einen McDonalds. Freies WLAN? WLAN! Und es wurde noch besser, direkt neben dem Fast-Food-Restaurant befand sich ein ganzes Einkaufszentrum inklusive eines großem Carrefour – ein ganz normaler Supermarkt!! So schön es war, diese Zeichen westlichen Komforts zu entdecken, so lächerlich kam es mir auch vor, dass ich mich über solche Dinge freute. Nachdem ich mich mit Müsli und Milch eingedeckt hatte, lief ich die knapp vierzig Minuten zurück zum Hostel, schnappte dort meinen Laptop, und setzte mich dann in den McDonalds. Hier könnte ich gleich ohne Probleme meine Nachhilfestunden abhalten und mich in aller Ruhe nach neune Zielen umschauen. Eigentlich führte meine geplante Route mich über Rabat und Casablanca weiter nach Marrakech, doch von großen Städten hatte ich im Moment erstmal genug. Das gleiche Problem hatte mir bereits der französische Backpacker im Bus beschrieben. Am Ende war jede noch so große und tolle Medina dann doch irgendwie gleich. Zwischen den Nachhilfestunden begann ich mich also nach Alternativen umzuschauen.
Donnerstag 11.01.2024 – Sightseeing
Meinen Tag begann ich mit einem Spaziergang: Etwas außerhalb von Fez lagen auf einem Hügel die Ruinen der „Marinid Tombs“. Auch wenn die Mausoleen selbst nicht so spannend waren, lohnte sich der Weg auf den Hügel. Von hier hatte man einen erstklassigen Blick auf die in einem leichten Smog eingehüllte Königsstadt. Zudem bildeten die alten Ruinen einen wunderbaren Kontrast zur dahinterliegenden “Skyline“. Wieder zurück in der Medina besuchte ich das Bou Inania Madrasa. Anders als viele andere muslimische Gebäude ist dieses Schmuckstück marokkanischer Architektur auch der Öffentlichkeit zugänglich. Kaum andere Besucher sorgten dafür, dass man sich dort alle Zeit der Welt nehmen konnte um das Flair zu genießen und ein paar coole Fotos zu schießen. Ein weiterer Punkt stand auf meiner ToDo-Liste: Möglichst ohne Gebühren Geld abheben – meine Dirham Noten gingen nämlich langsam zu neige und somit musste ich aus meinem digital verdienten Geld irgendwie kleine Papierscheinchen zaubern. Nach einigem Suchen fand ich einem Automaten der mir das Geld gebührenlos ausspuckte – dachte ich zumindest – die Abbuchung in Höhe von satten 3% des Abhebebetrags tauchte aber einfach nur ein paar tage später in meinem Konto auf. Inzwischen hatte ich mir eine neue Route ausgedacht. Anstatt über die großen Städte an der Küste wollte ich durchs Landinnere – entlang der Sahara Wüste und des Atlas-Gebirges nach Marrakesch. Busse dorthin gab es kaum – und wenn waren sie teuer – ich müsste mich also auf das Trampen verlassen. „Super Idee, Felix – per Anhalter durch die Wüste“. Was erstmal nicht unbedingt überzeugend klang versprach zumindest mehr Abenteuer als „und dann habe ich diese Sehenswürdigkeit besucht“. Den Abend verbrachte ich – das hatte sich gestern bewährt – Mathe unterrichtend bei McDonalds. Als ich zurück ins Hostel kam stellte ich dann fest, dass auch hier das WLAN inzwischen zügiger funktionierte – die meisten Gäste waren gestern abgereist.
Donnerstag 11.01.2024 – Sightseeing
Nach dem Frühstück machte ich einen Spaziergang durch die Medina. Eigentlich hatte ich vor einen Ausflug nach Meknès zu machen, doch mit den abendlichen Nachhilfestunden würde das zeitlich knapp werden und vor allem war Freitag – der islamische Sonntag – und die meisten Dinge wären somit sowieso geschlossen. Auch in Fes waren nur gut ein Drittel der Geschäfte in der Medina geöffnet. Ich kehrte zurück ins Hostel. Inzwischen war ich hier der einzige Gast – zumindest das WLAN war heute also nicht überlastet. Was macht man, wenn man nichts zu tun hat und alleine ist? Richtig, man macht sich Sorgen. Je mehr ich über meine kommenden Ziele recherchierte, desto mehr wurden es davon. Überteuerte Busverbindungen und Hostels, fehlendes WLAN (also auch keine Option Geld zu verdienen) und Berichte über korrupte Grenzbeamte sorgten dafür, dass ich nach einiger Zeit ziemlich eingeknickt und pessimistisch auf meinem Bett saß. Ein erfahrener Backpacker, prognostizierte in seinem Blog die durchschnittlichen Reisekosten in Mauretanien auf 35€ pro Tag – mehr als das doppelte meines Budgets. Englischsprechende Menschen würde man dort genauso selten treffen, wie warmes Wasser und funktionsfähiges WLAN. Es schien als sei das, was ich vor hatte, unmöglich und mit jedem weiteren Westafrika-Reisebericht, den ich las, fraß sich das Gefühl der Ausweglosigkeit weiter in mich hinein, bis ich mir schlussendlich die Tränen unterdrücken musste. Diese Zweifel waren nicht neu – Ich hatte sie bevor ich aufbrach, als ich in Amsterdam keinen Job fand, als ich Brüssel verließ, als ich nach Spanien kam und zuletzt bevor ich die Fähre nach Afrika betrat. Und doch saß ich hier, keine dieser Zweifel hatten sich bewahrheitet, so unlösbar all die Probleme schienen: Ich hatte sie doch alle irgendwie bewältigt – aber erklär das mal einem verzweifelten Jugendlichen, dessen Kopf gerade zu viel Zeit zum Ausmalen unzähliger Worst-Case-Szenarien hat. Mit ein paar YouTube-Videos, einem frisch gepressten Orangensaft und einer YouTube-Predigt lenkte ich mich von meinen Gedanken ab und wartete sehnlich darauf, dass die Zeit bis zu meinen Nachhilfestunden verstrich und ich irgendetwas zu tun hätte. Man sagt immer, dass man reist um andere Ort, Kulturen und Lebensweisen kennenzulernen, doch das, was man dabei am meisten kennenlernt, ist man selbst. Den Abend verbrachte dann ein weiteres Mal bei McDonalds und gab meine Nachhilfestunden.
Samstag 13.01.2024 – Es geht weiter …
Endlich ging es weiter! Zu Fuß musste ich mich auf die andere Seite der Stadt begeben, um dort die Autos abzupassen. Zwei Stunden lang lief ich durch den außerhalb der Medina gelegenen Teil von Fes. Nicht alle Straßen sind hier asphaltiert, auf den vielen brachliegenden Flächen liegt überall Müll, der ab und zu auch einfach brennt, dazwischen unzählige Straßenhunde. Krass, wie anders eine Stadt aussieht, wenn man die touristischen Ecken erst einmal verlässt. Ich bin schon vollkommen durchgeschwitzt als ich gegen zwölf meinen Startpunkt erreiche. Noch bevor ich einen Schluck trinken und ein paar Kekse essen kann, hält ein Taxifahrer und bringt mich kostenlos ein kleines bisschen weiter aus der Stadt raus. Dort dauert es knappe 10 Minuten bis mich ein Franzose einsammelt. Er uns sein Kumpel fahren gemeinsam mit ihren zu Wohnmobilen umgebauten Lastwagen durch Marokko. An jeder Kreuzung zeigt mein Fahrer in welche Richtung er fährt und ich bestätige mit einem Nicken, dass das auch meine Route ist. Nach einer Stunde kommen wir in Ifran zum stehen, die beiden Jungs machen hier Pause und fahren dann für die Nacht in einen nahegelegenes Naturschutzgebiet. Ich überleg kurz mitzukommen, doch man sammle hier eine Freundin ein – für mich ist kein Platz mehr. Ich stelle mich also wieder an die Straße. Ein Vater mit seinem Sohn hält an, nachdem wir einige Kilometer gefahren sind, beschließt der Vater einen spontanen Roadtrip zu machen und mich ganz bis an mein heutiges Tagesziel zu bringen. In einem modernen angenehm kühl klimatisierten Auto mit Glasdach durchqueren wir den mittleren Atlas. Anfangs laufen Affen auf der Straße und sitzen auf den geparkten Autos. Mit der Zeit lichtet sich der Wald und geht in endlos weite grüne Hochebenen über. Kilometer weit kein Haus, kein Mensch, kein Zaun. Ab und so sichtet man ein paar Zelte, in denen die Hirten leben, die ihr Vieh hier im Gebirge halten. Die Panoramaaussicht beeindruckt so sehr, dass es mir schwer fällt nicht jeden Moment auszusteigen und mein Zelt auszuschlagen. Je weiter wir kommen, desto trockener wird die Landschaft und aus den Hochebenen wird kahle Wüste. Nach etwas über zwei Stunden erreichen wir dann Midelt und mein Fahrer drückt mir zum Abschied einen 200 Dirham-Schein (ca. 18,50€) in die Hand. Ich mache mich auf den Weg zu einem Campingplatz. Der Eigner erzählt mir, dass ich für dasselbe Geld auch ein Hotelzimmer bekäme und ruft seinen Cousin an. Dieser wartet vor dem Hotel auf mich, dass dann doch mehr als der Campingplatz kostet. Man nimmt mich mit in ein weiteres Hotel in dem ich nach kurzen Verhandlungen dann tatsächlich für etwa 6€ ein Einzelzimmer erhalte. Bei dem Preis kann ich nicht mal bemängeln, dass die Dusche ausgebaut, die Spülung defekt und die Matratze härter als der Boden ist. Der Cousin lädt mich noch auf einen Tee in seinen Teppichladen ein und präsentiert mir sein Angebot, bevor ich endgültig mein eigenes Zimmerchen genieße.
Sonntag 14.01.2024 – Welcome to Sahra Desert
Kurz nach Sonnenaufgang verlasse ich das Hotel und laufe eine Stunde entlang der Nationalstraße zu einem Kreisel, von dem ich trampen möchte. Links und rechts erstreckt sich Kilometer weit eine Wüste aus trockenen Steinen bis diese am Horizont mit den Bergen verschwimmt. Völlig deplatziert wirkend, steht neben der Straße mitten im nirgendwo ein Kinderspielplatz. Lediglich alle fünf Minuten kommt ein Auto vorbei, die Kälte durchzieht den ganzen Körper. Nach knapp einer Stunde, die mir deutlich länger vorkommt, hält ein Auto: Zwei Männer nehmen mich mit in Richtung Errachidia, der nächsten großen Stadt. Der Fahrer drückt fleißig aufs Gaspedal und so dauert es keine 10 Minuten bis wir in einer Polizeikontrolle stehen. Die triste Landschaft wird hier nun durch hohe Berge aufgelockert – jeglicher Grünschimmer fehlt dennoch. Nach etwa der halben Strecke nach Errachidia werde ich in einem kleinen Dorf irgendwo inmitten des Atlasgebirges rausgelassen. Die nun an mir vorbeifahrenden Autos grüßen freundlich, als sie mich ein zweites Mal am Straßenrand stehen sehen – durch die zügige Fahrweise hatten wir die meisten Autos, die bereits an mir vorbeigefahren waren überholt. Nach kurzem Überlegen, steig ich in ein Sammeltaxi das gerade wenige Meter vor mir hält – hier ist einfach zu wenig Verkehr zum Trampen. Kurz vor eins erreiche ich Errachidia. In fünf Stunden müsste ich Nachhilfe geben und noch war ich über zwei Stunden Fahrtzeit vom meinem Ziel – der Merzouga Wüste – entfernt. Nachdem ich aus der Stadt rausgelaufen bin, dauert es nicht lange bis ich wieder in einem Auto sitze. Fahrtziel: Erfoud – die letzte Stadt, bevor es in die Wüste geht. Die bergige Landschaft wurde inzwischen durch eine bis an den Horizont reichende trockene Ebene abgelöst. Wie aus dem nichts taucht in dieser Landschaft ein Canyon auf. Innerhalb des Canyons erstreckt sich ein Meer aus Palmen, das hohe Steilwände von der vollkommen platten Wüste abgegrenzt wird. Als wir in Erfoud rainfahren, werde ich persönlich von dem Polizeioffizier – der Cousin meines Fahrers begrüßt „Welcome to Sahara Desert“. Die Stadt wirkt surreal: Palmen stehen auf dem staubtrockenen Boden, dazwischen Lehmhäuser, die farblich nicht vom Boden zu trennen sind, spielende Kinder und Eselskarren. Ich werde an einer Straße ausgesetzt von der es nun direkt in die Wüste geht. Schnell errege ich hier Aufmerksamkeit. Ich bin von Kindern umzingelt und ein älterer Mann versucht Transportmöglichkeiten für mich zu organisieren. Touristen die sich in schicken SUVs und Kleinbussen zu Hotels in der Wüste fahren lassen, gibt es hier wie Sand am Meer, doch ein trampender Europäer – das scheint eine Besonderheit zu sein. Nach einigem hin und her – am späten Nachmittag fahren die wenigsten in die Wüste – bringt ein älterer Local einen Mann zu mir. Er fahre gleich in die Wüste – nicht nach Merzouga, aber in eine Region wo Hotels seien – und könne mich mitnehmen. Der Mann versichert mir, dass WLAN für meine Nachhilfestunden dort kein Problem sei und sagt mir – als bei den Hotelpreisen schlucken muss – dass ich auch einfach irgendwo mein Zelt aufbauen könne. Auf dem Beifahrersitz eines Allrad-Geländewagens geht es in die Wüste. Nach einiger Zeit verlassen wir die Straße und Fahren quer Feld ein in die endlose Sandkiste. Nach einer Stunde halten wir vor einem mitten im Nirgendwo stehenden Hotel – hier solle ich in der Rezeption nach WLAN fragen. Auf meine Frage, wo ich hier am besten mein Zelt hinstelle antwortet man mir mit „This is desert“ – ich könne überall zelten. Das WLAN im Hotel ist schlecht und reicht nicht mal aus, um auf Google Maps zu gucken wo ich eigentlich bin – Nachhilfestunden sind undenkbar. Die Hotelgäste verlassen mit einem schicken Reisebus das Resort und auf einmal ist es beängstigend leer dort – keine Autos, keine Menschen mehr. Während ich innerlich schon verzweifle, geht plötzlich das WLAN. Bis in den Abend sitze ich in der Hotellounge, gebe Nachhilfestunden und telefoniere mit meinen Eltern. Das Licht in der Lounge ist inzwischen aus und seit einigen Stunden ist mir kein Mensch – weder Gast noch Angestellter begegnet. Erst kurz vor Ende meiner letzten Nachhilfestunde kommt ein Mitarbeiter und schaltet das Licht ein – das ich hier sitze, scheint ihn nicht zu stören. Als ich fertig bin, schultere ich meinen Rucksack und laufe geradeaus einige hundert Meter in das dunkle Nichts. Mitten im Nirgendwo baue ich mein Zelt auf. Was für ein verrückter Tag! Beim Einschlafen höre ich dann leise aber deutlich Buschtrommeln in der Ferne. Vollkommen surreal!
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