Montag 09.08.2024 – Zurück in Luanda
Mein Handy ist am Morgen voll geladen, ich kann warm Duschen gehen – ein bisschen hatte ich Luanda die letzten Tage schon vermisst. Mit meinem Laptop sitze ich den Vormittag über auf der Dachterrasse des Yachtclubs, sichere die unzähligen Bilder der letzten Tage, schreibe an meinem Blog und arbeite an einer Website. Währenddessen erhalte ich die Nachricht, dass die eigentlich heute Abend stattfinden sollende Nachhilfestunde auf morgen verschoben werden muss. Als die stechende Sonne zu heiß wird, mache ich mich dann auf den Weg ins Stadtzentrum zu der Softeisbude und gönne mir eine der großen, mit 750 Kwanza (0,74€) super preiswerten Eistüten. Am Nachmittag begebe ich mich an den keine 100 Meter vom Yachtclub entfernten Strand und gehe eine runde im kühlen Atlantik schwimmen, bevor es wieder zurück in den WLAN-Bereich des Yachtclubs geht und ich den letzten Teil meiner Bilder sichere. Pünktlich fünf Minuten vor dem Start des diesjährigen Apple-Event – das kann ich mir Dank der verschobenen Nachhilfestunde nun angucken – ist das letzte Foto hochgeladen. Eineinhalb Stunden schafft der kalifornische Tech-Konzern es drum herumzureden, dass er auch dieses Jahr wieder keinerlei technische Innovation auf den Markt bringt. Warum gucke ich mir den Kram eigentlich an?
Dienstag 10.08.2024 – Morgen, morgen nur nicht heute
Meine Sachen sind schon halb zusammengepackt, da packe ich sie doch wieder aus. Ich bin hin und her gerissen – weiterfahren oder noch einen Tag in Luanda bleiben? Am Abend müsste ich eine Nachhilfestunde geben. An sich hindert mich das nicht daran weiterzufahren: Mein nächstes Ziel ist gerade einmal 60 Kilometer entfernt – auch wenn ich es erstmal aus Luanda rausschaffen müsste, hätte ich also massig Zeit. Und doch verleitet mich irgendetwas dazu einen weiteren Tag im Yachtclub zu bleiben, die Nachhilfestunde mit dem bewährten WLAN und Strom zu geben und dann erst morgen ganz entspannt weiterzuziehen – Zeit dafür wäre in meiner Angola Planung noch. Nachdem ich meine Sachen zum dritten Mal ein und wieder halb ausgeräumt habe, fälle ich meine endgültige Entscheidung: Ich bleibe heute hier. Den Vormittag kann ich also einen weiteren Tag ganz entspannt auf der Dachterrasse des Segelclubs verbringen und an einem Webentwicklungsprojekt arbeiten. Einen weiteren Tag laufe ich softeisessend durch die mir inzwischen wohlbekannten Straßen der Marina und genieße das breite Angebot an günstigem Streetfood. Als ich nach dem Mittag auf meine Handy gucke, habe ich eine neue Nachricht „Ginge es bei dir vielleicht auch morgen?“. Nachdem ich eine halbe Kriese bekommen habe und kurz überlege doch noch heute weiterzufahren, kann ich eine zweite kurzfristige Verschiebung der Nachhilfestunde abwenden – es bleibt bei heute Abend. Inzwischen werden mehr als die Hälfte der Nachhilfestunden, die ich gebe – bzw. plane zu geben – kurzfristig verschoben oder abgesagt. Regelmäßig erscheinen Schüler auch einfach ohne jegliche Vorankündigung nicht. Das macht den Job als Nachhilfelehrer wesentlich unattraktiver, als er es anfänglich einmal war. Zuverlässigkeit scheint Ihren Wert in der heutigen Gesellschaft vollständig verloren zu haben!
Mittwoch 11.08.2024 – Auf dem Mond
Ganz entspannt genieße ich ein letztes Mal das prasselnde Wasser der warmen Dusche – Wer weiß, wann ich einem solchen Luxus das nächste Mal begegne – das WLAN und lade noch einmal mein Handy. Am späten Vormittag lasse den Luanda mit seinem Yachtclub und dessen Annehmlichkeiten dann ein für alle Mal hinter mir. Mein nächstes Ziel ist der „Mirador de Lua“ – einem Aussichtspunkt von dem auf eine mondähnliche Landschaft blicken soll. So lächerlich 60km klingen, so herausfordernd sind diese: Mitten im Stadtzentrum spreche ich einen auf dem Seitenstreifen stehenden Pick-Up-Fahrer an und schaffe es so schonmal die innerste Innenstadt zu verlassen. Derweil erzählt mir die gesprächige ältere Herr aus den Zeiten des Bürgerkriegs. Nach zwei weiteren Lift stehe ich endlich an einer nun geradewegs aus Luanda herausführenden Straße, dennoch braucht es vier weitere Autos, bis ich am frühen Nachmittag den Aussichtspunkt erreiche. Der ist zugegebener Maßen recht enttäuschend: Die bunten Farben, die die kraterartige Landschaft hier haben soll kommen sind in echt nicht annähernd so beeindruckend, wie sie auf den Fotos aussahen. Nachdem auch die online markierten Wildcamping-Spots nicht das Gelbe vom Ei sind, beschließe ich noch einige Kilometer weiter zu trampen, bevor ich mein Zelt aufschlage. Glücklicherweise verlässt gerade ein Auto das Dorf und der aus Sierra-Leone stammende Fahrer erklärt sich bereit mich mit in die nächste Stadt zu nehmen. Nachdem ich dort eine Portion gegrillten Fisch mit Kartoffeln ausfindig gemacht habe, stelle ich mich wieder an die Straße und hoffe auf den achten und letzten Lift des Tages. Zwei Soldaten in einem SUV sammeln mich ein und lassen mich 50 Kilometer später mitten im Nirgendwo auf der Hauptstraße raus. Zwei nur scher erkennbaren Autospuren folgend verlasse ich die Hauptstraße und schlage mich immer weiter ins Dickicht bis ich irgendwann die Steilküste erreiche. Mit einem absolut traumhaften Blick – die Farben der Erde sind hier intensiver als am „Mirador de Lua“ – schlage ich mein Zelt über dem Meer thronend auf und koche mir während die Sonne untergeht noch eine Portion „Indomie“.
Donnerstag 12.08.2024 – Kilometer machen
Im Sonnenaufgang baue ich mein Zelt ab und stapfe dann geradewegs durch das Dickicht – die Autospuren denen ich gestern gefolgt war, um hierher zu kommen, finde ich nicht mehr – in Richtung Straße. Ich muss nicht einmal meinen Daumen ausstrecken, schon hält ein skeptisch guckender Lastwagenfahrer und bietet mir an mich in die nächste Stadt mitzunehmen: Cabo Ledo. Auf dem Lastwagenparkplatz am Stadtausgang, an welchem man mich rauslässt, ist die Auswahl an Frühstück begrenzt: Grillhähnchen mit Pommes oder Pommes mit Hähnchen? Ich belasse es bei Pommes – für ein Hänchen ist es mir noch früh. Von Cabo Ledo aus weiter zu trampen, wird ganz unerwartet zu einer echten Herausforderung. Ein Mann, der ein paar hundert Meter vor mir an der Straße steht, hält jedes vorbeikommende Fahrzeug an und vermarktet die freien Sitzplätze – mit etwas Provision – an wartende Menschen. Und wer will schon einen Tramper kostenlos mitnehmen, wenn man sich stattdessen auch ein paar tausend Kwanza dazuverdienen kann. Zwei deprimierende Stunden hält nicht ein einziges Auto an, bis mich dann irgendwann der Fahrer eines Sammeltaxis erlöst und beschließt mich mit ins 200 Kilometer entfernte Sumbe zu nehmen. Gegen Mittag erreiche ich die Stadt, die ich ursprünglich als Destination für den heutigen Tag ausgewählt hatte. Nach kurzer Zeit, die ich durch die – sich größtenteils im Bau befindenden – Straßen des Stadtzentrums gelaufen bin, beschließe ich jedoch, dass Sumbe keinen längeren Aufenthalt wert ist, esse noch etwas zum Mittag und laufe dann wieder zur Hauptstraße. Noch bevor ich an meinem Trampspot angekommen bin, hält ein weißer Pick-Up neben, in dem drei junge Männer sitzen, die mir anbieten mich mit nach Lobito zunehmen. Nach keinen zehn Minuten Fahrt halten wir aber erstmal an einem Restaurant. Man lädt mich zu einer großen Portion Fisch mit Reis und einigen Bieren ein – Abendessen brauche ich heute definitiv nicht mehr. Die Sonne steht schon tief am Himmel, als wir einige Stunden später den Küstenort Lobito erreichen. Die Jungs setzten mich direkt an meinem Ziel ab – einer auf einer Landzunge gelegenen Beach Bar, neben der ich kostenlos zelten könne. Kaum hab ich mein Zelt auf dem Strand aufgebaut, ist es schon dunkel und ich lasse mich ins Bett fallen.
Freitag 13.08.2024 – Ananas
Es ist schon Freitag und noch immer habe ich den Blog der letzten Woche nicht fertig bekommen – das hat am Morgen für mich also oberste Priorität. Nachdem der Blog-Post veröffentlicht ist, mache ich mich mit einem der blau-weißen Kleinbusse, die hier im Minutentakt die Hauptstraßen entlangfahren auf den Weg in das Stadtzentrum. Während ich in Angola bisher auf recht wenig Märkte gestoßen war, hat Lobito – unübersehbar direkt neben der Hauptstraße – einen riesigen Markt zu bieten. Obst, Kleidung, Gebrauchtwaren … das volle Sortiment. Ins Auge stechen tuen mir aber vor allem die Unmengen von Ananas. Glaubt man der Theorie von Angebt und Nachfrage, dann müsste ein größeres Angebt zu niedrigeren Preisen führen. Und tatsächlich: Mit einem Preis von 300 Kwanza (0,29€) sind die Ananas – nach drei Ländern, in denen Ananas unbezahlbar teuer waren – wieder genauso günstig, wie einst in Benin. Ganz so saftig und süß, wie dort, sind die Ananas hier zwar nicht und auch in puncto Schneidekunst können sich die Marktfrauen hier einiges von denen in Benin angucken, ich freue mich aber dennoch und verschlinge direkt zwei ganze Ananas. Neben dem Markt hat Lobito auch supermarkttechnisch etwas zu bieten. Anstelle überteuerter europäischer „Carrefour“s und „SuperU“s gibt es in Angola erste Filialen der durch ihre rot gelben Schilder auffallenden südafrikanischen Supermarktkette „Shoprite“. Im Gegensatz zu den europäischen Ketten besteht deren Sortiment nicht ausschließlich aus Import-Produkten, sondern zu großen Teilen aus lokaler Ware, was die Preise wesentlich senkt. Zurück an meinem Zeltplatz genieße ich das sonnige Wetter. Das Wasser im Meer ist erfrischend kühl und glasklar, der Strand – schon fast ungewohnt – frei von jeglichem Müll. Auf einer der Sonnenliegen liegend versorge ich meinen tomatenrot werdenden Körper mit ausreichend Vitamin D, während ich die letzten Seiten meines Buches lese.
Samstag 14.08.2024 – Paradise
Der Zeltplatz direkt am Meer lädt – auch wenn ich ursprünglich gare nicht geplant hatte Lobito zu besuchen – dazu ein noch etwas länger zu bleiben. Neben günstigen Ananas treffe ich bei meinem morgendlichen Frühstückausflug ins Stadtzentrum noch auf etwas Besonders: In einer kleinen Bäckerei gibt es „Pastel de Nata“ – die typisch portugiesischen mit Vanillepudding gefüllten Blätterteig-Törtchen hatte ich zuletzt in Lissabon gegessen. Geschmacklich schafft es die angolanische Variante allerdings nicht ganz an das Original heran. Als ich wieder an der Strandbar ankomme, hat die Sonne es aus dem morgendlichen Dunst hervorgeschafft und es warm genug um schwimmen zu gehen und sich auf einer der Strandliegen zu sonnen. Am Nachmittag beschließe ich dann doch noch den Tag auch produktiv zu nutzen und beginne in meinem Zelt sitzend an einer Website zu arbeiten. Vertieft in den Code holt mich erst ein mir bekannt vorkommendes Auto aus meinem Workflow, das auf einmal auf dem Strand auftaucht – das sind doch … James und Elise. Das französische Pärchen, das mit einem Mietwagen durchs südliche Afrika tourt, hatte ich bereits letzte Woche in Luanda kennengelernt. Gemeinsam gehen wir in der Beach-Bar etwas trinken und fahren dann mit einem der Sammelbusse ins Stadtzentrum, um dort etwas essen zu gehen. Für 2500 Kwanza (2,42€) bekommen wir in einem lokalen Restaurant eine große Portion gegrillten Fisch mit Reis, Bohnen und Salatbeilage. Mit vollem Magen geht es dann zurück und ich verkrieche mich in meinem Zelt.
Samstag 14.08.2024 – Paradise
Heute soll es weitergehen. Früh aufstehen muss ich am Morgen dennoch nicht, denn mein nächstes Ziel – die kleine Stadt Benguela – ist nur 30 Kilometer entfernt und ich müsste nicht einmal trampen – James und Elise würden heute auch weiterfahren und könnten mich mitnehmen. Auch für die Unterkunft in Benguela ist bereits gesorgt – als Eddy mich letzte Woche mit nach Luanda genommen hatte, hatte ein Freund von ihm, den er per Telefon zum Übersetzten engagierte mir seine Hilfe angeboten, sobald ich Benguela bin. Nach dem Aufstehen mache ich mich zum Frühstück also noch einmal auf den Weg ins Stadtzentrum und schieße die günstigste Ananas meines Lebens: 100 Kwanza (0,10€). Inzwischen hält der Ananas-Verkäufer meines Vertrauens auch ein Messer bereit, damit ich mir die Ananas direkt schneiden kann. Zurück in der Beach Bar spiele genieße den letzten Vormittag am Strand. Gemeinsam mit James, Elise und einigen anderen Leuten spielen wir Beach-Volleyball. Nach drei verlorenen Runden klinke ich mich dann aus und kühle mich im Atlantik ab. Gegen Mittag heißt es dann Sachen packen und ich quetsche mich den in den vollgepackten Land Rover Discovery, den James und Elise gemietet haben. Am Morgen hatte mir Nunu – so heißt Eddys Freund – geschrieben, dass er unterwegs wäre. Ich solle einfach mein Zelt irgendwo aufbauen und mich wie zuhause fühlen. Die Adresse, die er mir geschickt hatte, führte dabei zu einem Apart-Hotel, dass mit Bilder einer luxuriösen Poolanlage wirbt. Ein bisschen Enttäuschung ist also dabei, als ich mein Zelt auf den Hinterhof des Apart-Hotel zwischen ein paar Containern aufschlage – doch kein Pool, aber immerhin ein sicherer und kostenloser Schlafplatz. Den Nachmittag über erkunde ich noch ein bisschen die kleine Stadt, bevor ich am Abend früh vor den Mücken in mein Zelt flüchte und dort mit meiner Familie telefoniere.
Wow, I knew Felix at Benguela (Caotinha) when I was doing Scuba diving. I’m really impressed with him history and journey. Keep going Felix 😍🙌🏾
Angola ist ja wirklich sehr beindruckend. Die hilfsbereiten Menschen und der einmalige Wasserfall und die Landschaft.
Sieht so aus als wenn der schwierigste Teil Afrikas hinter Dir liegt.
Pass auf und geniess die einmalige Reise