Montag 25.12.2023 – Ungeplanter Zwsichenstopp
Es war Feiertag und alle meine Vorräte waren leer. In einer Seitenstraße fand ich einen einzelnen Bäcker, der offen hatte. Zurück im Hostel traf ich auf einen Deutschen, den ich noch gestern Nacht kennengelernt hatte, der nun einen Supermarkt nennen konnte, der heute trotz Feiertag geöffnet hätte. In der Stadt machte ich mich als erstes auf den Weg zur Kathedrale. Mein gestrieger Fahrer hatte mir erzählt, dass diese die drittgrößte weltweit sei, und tatsächlich wies das Kirchengebäude eine beeindruckende Größe auf. Ich hielt einen Moment inne, als ich vor der imposanten Orgel stand, die gerade „Herbei, oh ihr Gläubigen“ spielte. Von der Kirche aus machte ich mich auf den Weg zum Alcázar – einem prunkvollen maurischen Palast – und lief dann weiter zur Stierkampfarena. Inzwischen war ich hungrig und machte mir im Hostel eine Portion Rührei mit Speck. Da ich morgen unterwegs wäre und danach meine Familie zu Besuch käme, schnappte ich mir meinen Laptop und ließ mich auf einer Bank in der Sonne nieder um dort etwas zu arbeiten. Mein Vater rief per FaceTime an und gab mir eine Roomtour des Rendsburger Gemeinschaftssaal. Seit ich im Herbst weggegangen war, waren viele der Renovierungsprojekte, die ich noch mit geplant hatte umgesetzt worden. Die Decke war weiß gestrichen, neue Fenster und Türen waren entstanden, das Technikpult war neu und von der Decke hingen moderne Lampen. Im Schein der goldenen Sonne besuchte ich den berühmten Plaza de Espana die modern anmutende Holzkonstruktion Setas de Sevilla (Die Pilze von Sevilla). Zurück im Hostel machte ich mir die restlichen Eier und den restlichen Schinken und unterhielt mich mit ein paar der anderen Reisenden. Preis-Leistungs mäßig hatte ich mit diesem Hostel definitiv Glück gehabt: Eine warme Dusche, eine moderne großzügig ausgestattete Küche und nette Leute für den selben Preis für den ich in Lissabon zwischen Bettwanzen geschlafen hatte.
Dienstag 26.12.2023 – Freudiges Wiedersehen
Früh am morgen packte ich meine Sachen in den Rucksack und verließ das Hostel. Mit einem Bus fuhr ich aus dem Stadtzentrum in einen östlich gelegenen Außenbezirk Sevillas. Irgendwo hier – zwischen den Fassaden von Industriehallen und Autohäusern – gab es eine Tankstelle, von der hitchwiki behauptete, es würde maximal dreißig Minuten dauern hier einen Lift zu bekommen. Dort angekommen hielt ich mein Málaga-Schild vor mich und streckte meinen Daumen raus. Ein eiskalter Wind machte das Warten sehr ungemütlich – die Sonne schien zwar, hatte aber nicht genug Kraft um wirklich Wärme zu spenden. Fünfzehn Minuten, kein Auto hielt an. Wie auch? Ein Großteil der Autos ließ sich eindeutig als lokaler Industrieverkehr einordnen. Fünf Minuten später hält ein Auto an – bemerken tue ich das allerdings erst als die Fahrerin aussteigt und mich heranwinkt. Auf der Rückbank ihres Toyotas lege ich dann die 200 Kilometer bis nach Malaga zurück. Zwölf Uhr –Ich hätte noch acht Stunden Zeit, bis meine Eltern und meine große Schwester am Flughafen landen würden. Entspannt lief ich in Richtung des AirBnB’s, das mein Vater gebucht hatte, holte mir im Supermarkt etwas zu essen und klappte dann in der Sonne meinen Laptop auf. Nach ein paar Nachrichten an die Vermieterin klappte dann auch endlich der Check-In und ich war in der Wohnung. Bevor ich irgendetwas anders tat, stellte ich erstmal eine Waschmaschine an und versank dann – anfangs produktiv, später YouTube guckend – in meinem Laptop. Mit der Bahn machte ich mich am Abend auf den Weg zum Flughafen und viel mir freudig mit meinen Eltern in die Arme, als diese aus der Arrvials-Tür kamen. Gemeinsam holten wir den Mietwagen ab, bezogen das AirBnB, kauften ein und ließen uns dann in einem Restaurant nieder. Es fühlte sich an, als sei ich nie alleine gewesen – alles war wie immer, wie jeder andere Familienurlaub auch.
Mittwoch 27.12.2023 – Ich hab am meisten Gärten
Heute hatten wir geplant Granada zu besuchen. Bevor wir uns nach dem Frühstück auf den Weg machen konnten, mussten wir jedoch erstmal etwas anderes klären. Damit ich auch nach dem Verlassen der EU weiterhin Bestätigungscodes und Ähnliches an meine deutsche Handynummer empfangen kann, musste ich diese auf einen 0€-Prepaid-Vertrag übertragen. Knapp eine Stunde saßen ich und mein Vater parallel in den Hotlines der Telefonanbieter, bis dies endlich geklappt haben zu schien. Mit dem Mietwagen fuhren wir nach Nerja und guckten uns dort den „Balcon de Europe“ – einen der Hauptaussichtspunkte an der Costa de Sol – an. Nach einem Eis ging es dann von dort weiter zur Alhambra-Festung in Granada. Genauso wie auch Carcassonne, diente diese Festungsanlange mit ihren Gärten, Türmen und Arkaden und als Vorlage für ein Legespiel. Wir ließen uns in einem Restaurant direkt vor den Alhambra-Mauern nieder. Nachdem wir feststellen mussten, dass bereits alle Tickets für die Festung ausverkauft waren, fuhren wir auf einen nahegelegenen Hügel. Von hier aus sahen wir nicht nur die Alhambra von oben, sondern bekamen auch einen Eindruck von den endlosen Olivenplantagen die sich bis zu den schneebedeckten Bergen am Horizont erstreckten. Eine Landschaft wie aus Werbeaufnahmen und anders als die Alhambra selbst, vollkommen sehr touristenarm. Dem Navi folgend fuhren wir zu einem Aussichtspunkt direkt in der Innenstadt Granadas. Meinem Vater lief der Schweiß über die Stirn während er den breiten SUV durch die recht schmalen Straßen der Altstadt manövrierte. Wieder zurück in der Wohnung in Málaga kochten wir uns Abendessen. Wie sehr hatte ich das vermisst – eigentlich unkompliziertes Essen, dass man aber doch nicht kochte, wenn man nur eine Person war und lediglich eine miserable Hotelküche zur Verfügung hatte. Gleichzeitig besprach ich mit meinem Vater meine Backup-Strategie, um sicherzustellen, dass meine Dateien nicht abhandenkommen.
Donnerstag 28.12.2023 – Warum nehmt ihr nicht den Fahrstuhl?
Wieder einmal war Sachen packen angesagt – besonders blöd, wenn man seine gesamten Sachen zum Trocknen im Apartment verteilt hat. Heute würden wir uns auf den Weg zu meiner letzten Station auf dem europäischen Kontinent machen – Algeciras. Aber erstmal guckten wir uns Málaga an. In einer Kirche entdeckten wir eine Krippenlandschaft. Unglaublich liebevoll und detailliert sah man Nachbildungen der verschiedenen Szenen der Weihnachtsgeschichte – von Marias Begegnung mit dem Engel bis zur eigentlichen Krippenszene. Weiter ging es durch die Innenstadt zur Alcazaba – einer auf einem Berg gelegenen Festung. Der anstrengende Weg nach oben wurde mit einer hervorragenden Aussicht über Málaga belohnt. Als wir den Berg wieder runter kamen kam mein Vater, der währenddessen in einem Café gewartet hatte, grinsend auf uns zu – es hätte auch einen Aufzug gegeben. Im Hard-Rock-Cafe stärken aßen wir zu Mittag, bevor wir uns dann langsam auf den Weg Richtung Süden machten. In einem großen Outlet-Center kauften wir mir noch schnell einen neuen Pulli – mein eigentlicher Pulli war mit einem Bibelvers und einem großen Kreuz auf dem Rücken bedruckt, was in einigen Ländern auf meiner kommenden Route nicht all zu gut ankommen könnte. Weiter ging es zu einer Kaffeepause nach Marbella – die Stadt der Schönen und Reichen. Ganz so schön wie ihr Ruf war die Stadt nicht, die Marmorfassaden mit Grünspan überzogen und bröckelnd. Irgendwann ließ sich am Horizont der Rock of Gibraltar erahnen. Da war er nun – das Ziel meiner ersten Etappe lag nun in Sichtweite, musste aber noch bis morgen auf mich warten. Wir checkten in unserem Hotel ein. Vier Sterne prangten unter dem Hotellogo – die Hostels in denen ich sonst war konnten sich normal nicht mal einen Stern leisten. In einem nahegelegenen Einkaufszentrum fanden wir noch etwas zu essen, bevor es im Hotel noch einen Cocktail gab und dann ins Bett ging.
Freitag 29.12.2023 – Ihr Ziel befindet sich auf der rechten Seite
Es dauerte keine halbe Stunde bis wir vom Hotel aus die Stadt La Linea erreichten, die die Grenze zu Gibraltar markierte. Gerade einmal sechs Quadratkilometer groß ist die felsige britische Exklave an der Straße von Gibraltar, auf der es abgesehen von einem steil in die Höhe ragenden von Affen bewohnten Felsen – dem Rock of Gibraltar – nicht viel gibt. Die Grenzkontrolle war schien hauptsächlich Show zu sein. Lediglich ein flüchtiger Blick auf den Personalausweis genügte um ohne weitere Kontrollen in das Vereinigte Königreich einzureisen. Mit einem Shuttlebus fuhren wir zur Talstation der auf den Berg führenden Seilbahn. Das erste, auf das man auf dem Berg traf waren die Reste militärischer Anlagen. Einer Aussichtsplattform mit Glasboden wurde die Aufmerksamkeit von auf ihr herumkletternden Berberaffen geklaut. Mit viel Schweiß kämpften wir uns bis an die oberste Kante des Felsens nur um dort festzustellen, dass wir dem falschen Weg gefolgt waren. Hier führten lediglich die berühmten Mediterranian Steps – eine Treppe, die so steil war, dass man für einen Kilometer zwei Stunden brauchte – wieder nach unten. Im Inneren des Berges befindet sich neben sämtlichen Tunneln und Bunkern auch eine natürliche Höhle – riesige orgelartig anmutende Tropfsteine leuchteten im buten Licht der Scheinwerfer untermalt mit passenden Geräuscheffekten. Letzte Station auf dem Felsen war eine Hängebrücke. Viel beeindruckender als die Brücke selbst war allerdings ein kleines Äffchen, dass photogen und glücklich mit einem Stein spielend, an den Seilen der Hängebrücke kletterte. Wir waren inzwischen auf halber Höhe des Bergs und mussten so wieder ganz nach oben laufen, um von dort mit der Seilbahn nach unten zu kommen. Nachdem wir in der kleinen Stadt etwas gegessen hatten nahmen wir den Shuttlebus zurück zur Grenze – so war zumindest der Plan. Nur war es inzwischen 15.33 Uhr und der letzte Shuttlebus fuhr um halb vier. Nach einigen Minuten die wir auf eine Verspätung des Busses hofften, nahmen wir einen der öffentlichen Linienbusse. An der Grenze erwartete uns eine ewig lange Fußgängerschlange. Was hier los? Ein Reporter des GBC (Gibraltars Variante vom BBC) lief filmend an uns vorbei. Nur langsam ging es in der sich inzwischen bis zum Flughafen stauenden Schlange vorwärts. Immer wieder versuchten sich Leute an der Schlange vorbeizudrängeln, wurden ausgepfiffen und schließlich von der Polizei zum Ende der Schlange begleitet. Nach einer Stunde waren wir an der Reihe und wurden nach einem Blick auf das EU-Logo unseres Passes einfach durchgewunken. Was hier los war? Ich weiß es bis heute nicht. Am Abend fuhren wir noch einmal nach La Linea und aßen dort in einem Steakhouse, das neben leckerem Fleisch auch sehr gute Cocktails hatte.
Samstag 30.12.2023 – Weiter südlich geht nicht
Das hoteleigene Frühstücksbuffet hatte uns gestern nicht überzeugt. Nicht falsch verstehen – Im Vergleich zu meinem sonstigen Frühstück gab es im Hotel ein wahrhaftiges Festmahl, doch die vier Sterne und seinen Preis von 15€ war das Hotelbuffet definitiv nicht wert. Stattdessen tranken wir also einen Kaffee in einem kleinem Café und holten uns Brötchen bei Carrefour. Mit dem Mietwagen ging es dann nach Tarifa. Vor allem meine Schwester wollte unbedingt in die für ihre Surfstrände berühmte Küstenstadt, die den südlichsten Punkt Kontinentaleuropas markiert. Nachdem wir am Strand einige Minuten einem Surfer zuguckenden, wie er gegen die Wellen ankämpfte, liefen zu einer dem Strand vorgelagerten, mit einem Damm verbunden Halbinsel. Ein Tor sperrte die militärisch genutzte Insel ab, auf der dann der wirklich südlichste Punkt des europäischen Festlands lag. Unser Weg endete allerdings vor dem Tor – weiter südlich ging einfach nicht. In der Innenstadt trafen wir auf eine Laufveranstaltung, bei der gerade die letzte Läuferin das Ziel erreichte. Nachdem wir in einem Restaurant gegessen hatten, ging es zurück nach Algeciras. Kurz guckten wir uns die kleine von ihrem Fährhafen dominierte, aber sonst nicht wirklich sehenswürdige Stadt an und fuhren dann noch einmal nach Gibraltar. Dieses Mal nahmen wir das Auto mit über die Grenze und hatten so die Möglichkeit in der „Catalan Bay“ anzuhalten und Fotos von dem kleinem dort stehenden Fischerdorf zu machen, bevor wir zum Sonnenuntergang an den „Point of Europe“ fuhren. Mit dem Meer vor meinen Füßen, einem idyllischen rot-weißem Leuchtturm im Hintergrund und dem „Rock of Gibraltar“ zu meiner rechten guckte ich dem – abgesehen davon – recht unspektakulärem Sonnenuntergang zu. Zum Abendessen ließen wir uns in demselben Restaurant wie schon am Vorabend nieder und zauberten so dem Kellner ein Lächeln aufs Gesicht – die Qualität der Cocktails und des Fleisches hatten genauso wie der Preis überzeugt.
Sonntag 31.12.2023 – Geht meine Uhr flasch?
Und ein weiteres Mal Sachen packen. Als alle Sachen im Kofferraum verstaut waren, zum Frühstück suchten wir uns ein kleines Café mit guter Frühstückskarte. Danach fuhren wir zu einem Hostel in Algeciras, dass mein Vater – noch bevor ich eine Zusage von einem Couchsurfing-Host aus Gibraltar erhielt – für mich gebucht hatte. Zeit Abschied zu nehmen – für wie lange genau, wusste keiner von uns. Nach ein paar Umarmungen und Tränen sah ich die Rücklichter des Mietwagens dann hinter einen Häuserecke verschwinden. Die verbleibende Zeit, bis ich einchecken könne füllte ich damit den Segelhafen von Algeciras zu suchen. Doch entgegen all meiner Hoffnungen herrschte hier vollkommene und es gab keine Aussichten darauf noch einmal etwas Geld zu scheffeln, bevor ich nach Afrika aufbräche. Im Hostel angekommen vertiefte ich mich in meinen Laptop. Die gesamte letzte Woche hatte ich nicht an meinem Blog geschrieben, nach der Weihnachtspause wartete zudem auch wieder eine Nachhilfestunde auf mich, ich wollte noch einen Jahresrückblick schreiben, das Französischeren war seit Wochen auf Stand-By und zu guter letzte musste ich auch noch ein bisschen recherchieren – denn abgesehen davon, dass ich mit einer Fähre nach Afrika fahren wollte, hatte ich nicht wirklich viel Plan. Um nicht vollkommen in meinem Workflow zu versinken, machte ich einen ausgedehnten Spaziergang an den Strand. Das nächste mal wagte ich mich erst um halb zwölf auf die Straße. Tick tack – mein Handy sprang auf Null Uhr um – Happy New Year – In den Straßen Algeciras blieb es ruhig. Nach einigen Minuten hörte man es dann knallen. Doch anders als in Deutschland, verursachte das Feuerwerk hier vor allem Lärm und Gestank, anstatt eines Farbenspiels am Himmel. Die Anzahl der bunten Feuerwerksbatterien die an dem Abend den Himmel erleuchteten, ließ sich – anders als die ohrenbetäubender Knalle – an wenigen Händen abzählen. Etwas enttäuscht verzog ich mich in mein Bett.
Gute Reise in ein Neues Jahr, in ein unbekanntes Land.
Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost was kommen mag.
Er ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiß an jedem neuen Tag!!