Mittwoch: 16.08.2023 – Im Rampenlicht
Als alle Sachen gepackt waren ging es zum Bahnhof. Dann kam der erste Schock: Ich hatte in meiner Interrail App nicht den heutigen, sondern den gestrigen Tag als Reisetag ausgewählt. Mist! Der eine Reisetag war nun verfallen. Dennoch blieb mir nichts anderes übrig, als einen weiteren Reisetag für die heute geplante Strecke zu verwenden. Immerhin die Sitzplatzreservierung hatte ich für den richtigen Tag gebucht. Mein nächstes Ziel war die Stadt Split an der Adriaküste Kroatiens. Da man Split jedoch nicht in unter 24 Stunden von Venedig aus erreichen konnte, ging es für mich heute erstmal nach Zagreb. Ich verabschiedete mich von Stella und stieg in den Zug. Um keine Langeweile zu bekommen, kaufte ich schnell noch ein eBook. Nach sechs Stunden Fahrt erreichte der Zug mit einer knappen Stunde Verspätung Ljubljana, die Hauptstadt Sloweniens. Hier hatte ich ursprünglich drei – jetzt nur noch zwei Stunden Aufenthalt. Es nieselte. Da meine mobilen Daten inzwischen aufgebraucht waren, suchte ich erstmal Unterschlupf bei McDonalds. Hier gab es kostenfreies WLAN. Ich guckte mir einige Minuten die Karte an und begann dann mir – ohne Internet – die Bahnhofsnahe Umgebung anzugucken. Als ich pünktlich wieder den Bahnhof erreichte, erfuhr ich, dass der Zug nach Zagreb eine Stunde verspätet war. Na toll, nochmal warten. Als ich Zagreb erreichte war es bereits kurz nach zehn. Anstatt mir ein Hostel zu buchen, hatte ich mir auf Google Maps eine kleine, etwa 15 Gehminuten vom Bahnhof entfernte, Wiese rausgesucht auf der ich heute Nacht mein Zelt aufschlagen wollte. Als ich den markierten Punkt erreichte, musste ich feststellen, dass die kleine Wiese nicht nur direkt neben einer Hauptstraße war, sondern auch von den Scheinwerfern eines benachbarten Lagergebäudes hell ausgeleuchtet wurde. Ich hatte jedoch weder Internet, noch war ich motiviert mir einen anderen Schauplatz zu suchen. Und so kam es, dass ich mein Zelt, während ich mich von Mücken zerstechen ließ, inmitten der kroatischen Hauptstadt aufbaute.
Donnerstag 17.08.2023 – Der Bär im Kettenhemd
Schon um sechs klingelte mein Wecker. Ich wollte noch bevor die Stadt zum Leben erwachte mein Zelt abgebaut haben, um möglichst wenig Aufsehen zu erregen. Um neun müsste ich am Busterminal sein. Von dort wollte ich einen Bus zum Nationalpark Plitvicer Seen nehmen. Ein Bekannter meines Vaters war dort vor einiger Zeit gewesen und die Bilder sprachen für sich. Einsame Holzstege führten durch eine Landschaft aus glasklaren Seen und Wasserfällen. Bis der Bus kam erkundete ich noch ein wenig die Stadt oder zumindest das, was es zu sehen gab, denn auf mich machte Zagreb einen nicht all zu spannenden Eindruck. Als sich nach guten drei Stunden Fahrt die Türen des Busses öffneten, glaubte ich am falschen Ort angekommen zu sein. Anstatt eines einsamen Naturschutzgebietes, fand ich ein großes Ticketcenter vor: Toiletten, Cafés, ein Busparkplatz, ein Hotel und Massen von Menschen. Ich stellte mich an einer der Schlangen an. Als ich an der Reihe war, erklärte man mir, dass es nur noch Tickets für 16.00 Uhr – es war kurz nach zwölf – geben würde … 35€ kostete eins … mir blieb nichts Anderes übrig. Ich nutze die Zeit um mir den nächsten Flixbus zu buchen. 18.15 Uhr? Sollte passen! Nach einer Stunde warten war meine Geduld zu Ende. Ich stellte mich bei Einlass an und tatsächlich schaffte ich es irgendwie den Kontrolleur zu überzeugen, dass ich schon jetzt reinkönne. Innerhalb des Parks war es allerdings nicht weniger voll als davor. Auf dem Steg stand eine lange Schlange Menschen, jeder darauf wartend, dass sein Vordermann weitergeht. Ursprünglich wollte ich den großen Rundweg machen, doch nachdem ich zwei Stunden mit meinem großen Rucksack auf den Stegen in der Mittagssonne in der Schlange gestanden hatte, entschied ich mich dann doch für die kleinere Runde. Also saß ich bereits um 16.00 Uhr wieder am Ticketcenter. Mein Bus würde noch zwei Stunden brauchen … wobei? In wenigen Minuten müsste der frühere Bus kommen. Ich probierte es und tatsächlich las sich niemand die Zeiten auf meinen Ticket durch. Voller Vorfreude saß ich so in dem klimatisierten Bus nach Split. Ein bisschen Entspannung hatte ich dringend nötig. Die Adresse meines Hostels führte zu einem Mehrfamilienhaus. Kein Schild, nichts deutete auf ein Hostel hin. Dennoch betrat ich das Treppenhaus und lief auf gut Glück nach oben. Eine Tür stand offen. Die Leute empfingen mich freundlich. Der Eigentümer sei gerade nicht da, aber das hier sei das Hostel, ich solle mir einfach ein Bett aussuchen. Nach einer knappen Stunde tauchte der Vermieter auf, begrüßte mich, kassierte sein Geld und verschwand wieder. Hmm. So ist das eben, wenn man das günstigste Hostel der Stadt wählt.
Freitag 18.08.2023 – Sommer, Sonne, Strand
Ich schlief ewig. Jedes mal wenn ich aufwachte, dachte ich mir „Du hast nichts geplant, niemand wartet auf dich, kein Stress“, drehte mich um und schlief weiter. Irgendwann stand ich dann auch auf, gönnte mir eine Dusche und packte meine Sachen. Dann ging ich erstmal zum Strand. Der war zwar komplett überfüllt, doch das störte mich gerade nur so mäßig. Schnell hatte ich die Badehose an und genoss das Wasser um mich herum. Den ganzen Tag bewegte ich mich eigentlich nur entlang der Promenade zwischen drei Stränden hin und her. Den ganzen Tag lag ich in der Sonne oder war im Wasser. So wäre das Leben doch perfekt. Naja, fast: Schon seit einigen Tagen hatte ich auf verschiedensten Couchsurfing Plattformen Anfragen gestellt, um mir die Hostelkosten zu sparen. Doch ich erhielt immer nur Absagen. Die Hostels buchte ich – in der Hoffnung einer der Couchsurfing Hosts würde zusagen – immer nur nächteweise. Mein großen Rucksack musste ich also den ganzen tag mitschleppen. Die Hoffnung einen Host für die heutige Nacht zu finden war mittlerweile verflogen. Ich buchte mir also ein Hostel, ging noch einmal ins Wasser und wechselte dann wieder auf normale Klamotten. Auch das neue Hostel war kein Hostel, wie wir es kennen, sondern eine zweckentfremdete Privatwohnung. Die Matratzen waren so dünn, dass ich mich dazu entschied meine Isomatte darüber zu legen. Die Dusche war schimmlig, es gab keine Küche und auch das WLAN funktionierte nicht. Zumindest lag das „Hostel“ in der Altstadt. Und so verbrachte ich den restlichen Abend damit – befreit von dem Gewicht meines Rucksacks – die Altstadt mit all ihren kleinen Gassen und Geschäften zu erkunden.
Samstag 19.08.2023 – Heißgelaufen …
Als Ich am nächsten morgen meine Sachen zusammenpackte, stockte mir der Atem: Mein Handtuch und meine Badehose fehlten. „Okay Felix, wo hast du es zuletzt gesehen?“ – ich ging innerlich den gestrigen Tag durch. Ich musste Handtuch und Badehose wohl am Strand liegen gelassen haben. Ein Couchsurfing Host hatte mir geantwortet: Ich könne zwar nicht beim ihm schlafen, aber er wolle sich mit mir treffen. Wir trafen uns am Strand. Meine Badehose und mein Handtuch waren hier nirgends zu sehen. Also ging ich in Unterhose ins Wasser. Nachdem wir uns etwas unterhalten hatten und ich wieder getrocknet war, verabschiedet ich mich von dem Host. Ich brauchte neue Badesachen. Auf dem Hinweg hatte ich ein Decathlon Werbeschild gesehen. Sechs Kilometer waren es bis zu dem Sportgeschäft. Gut eine Stunde lief bei knapp vierzig Grad durch die Mittagssonne. Der Schweiß tropfte mir aus allen Poren. Dann erreichte ich die Mall of Split. Zeit für eine Pause. Ich genoss die Klimatisierung und das freie Internet – das Shoppingzentrum warb damit, dass schnellste öffentliche WLAN Europas zu haben. Nach weiteren 30 Minuten Fußmarsch erreichte ich Decathlon. Der Weg hatte sich gelohnt, für etwas mehr als zehn Euro bekam ich eine neue Badehose und ein neues Mikrofaserhandtuch. Auch hatte mir bereits ein neues Hostel gebucht – oder besser gesagt ein altes – denn ich entschied mich ins das Hostel der ersten Nacht zurückzukehren. Diesmal sogar gleich für zwei Nächte – meine Hoffnungen ins Couchsurfing waren endgültig verschwunden. Also lief ich wieder zurück ins Stadtzentrum. Erleichtert ließ ich mich in mein Bett fallen, als ich das Hostel erreichte. Ich war völlig fertig. Auch wenn Split für sein Nachtleben bekannt war – alt werden würde ich heute nicht mehr. Lediglich zu einem kurzen Spaziergang in Richtung Hafen konnte ich mich noch aufraffen.
Sonntag 20.08.2023 – Zwischen Freude und Schmerzen
Auf den heutigen Tag hatte ich mich schon lange gefreut. Ich wollte tauchen gehen. Bei einer örtlichen Tauchschule hatte ich einen Bootstrip inklusive zwei Tauchgängen und Ausrüstung gebucht. Bereits um halb neun holte mich ein Shuttle Service am vereinbarten Treffpunkt ab und brachte mich zur Tauchbasis. Hier erhielt ich meine Ausrüstung. Wir wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Dann ging es ins Boot. Wir fuhren eine ganze Weile bis wir den ersten Tauchspot erreichten. Bei jeder Welle, über die das Zodiak flog, spritzte einem kühles Wasser ins Gesicht. Der Wind ließ die Haare nur so flattern. Ich hatte ein breites Grinsen im Gesicht. Wir erreichten eine kleine Insel in deren Windschatten und ein Riff erwarten würde. Es dauerte nicht lange bis ich die Flasche auf dem Rücken und die Flossen an den Füßen hatte und mich rückwärts in Wasser fallen ließ. Die Sicht war erstklassig. Wir tauchten ab. Nach den ersten Metern machten meine Ohren Probleme, der Druckausgleich funktionierte auf der einen Seite nicht. Ich stieg ein wieder ein bisschen nach oben. Immer noch nicht. Mist! Die restliche Gruppe war bereits einige Meter unter mir. Dann knackte es einmal. Der Druck auf meinem Ohr verschwand und ich konnte weiter abtauchen. Ich schwebte durch eine Unterwasserlandschaft aus größeren Steinen und Seegras. Überall waren kleine schwarze Fische hin und wieder begegneten uns auch größere bunte Fische und kleine Schwärme. Nach 40 Minuten tauchten wir wieder auf. Die Flaschen wurden gewechselt und der Motor sprang wieder an. Am nächsten Tauchspot erwartete uns in zwanzig Metern Tiefe das Wrack eines Fischkutters. Wieder hatte ich beim Abtauchen Probleme mit dem Druckausgleich. Doch noch einigen Versuchen kam ich runter. Es lohnte sich. Obwohl das Schiff aus Holz war, war das Wrack erstklassig erhalten. Alle Details – Seilwinden, das Ruder, eine Strickleiter, Fischerkörbe – waren noch sichtbar und selbst der Mast und die daran befestigten Leinen hatten die letzten 30 Jahre auf dem Meeresgrund unversehrt überstanden. Vollkommen zufrieden stieg ich aus dem Wasser – wie gerne würde ich hier noch ein paar Tauchgänge machen. Doch als wir wieder an der Basis ankamen fühlte ich mich gar nicht mehr gut. Ich hatte starke Schmerzen in meinen einen Ohr. Es tat mir innerlich weh, als ich die Frage des Guides, ob ich denn jetzt das „6-Dives-Package“ nehmen würde, verneinen musste – doch so machten weitere Tauchgänge keinen Sinn. Die gesamte Rückfahrt machte ich mir Gedanken über den nicht nachlassenden Schmerz in meinem Ohr. War mein Trommelfell gerissen? Müsste ich zum Arzt? Hatte sich etwas entzündet? Könnte ich in zwei Wochen wieder Tauchen? Erst als ich im Hostel eine Schmerztablette nahm begann der Schmerz langsam nachzulassen. Meine Motivation nochmal rauszugehen war dennoch niedrig und so begann ich ein bisschen zu planen. Da ich nun keine weiteren Tauchgänge machen konnte und einer der Fahrttage meines Interrail Tickets verfallen war, hatte ich genug Zeit einer ursprünglichen Idee nachzugehen: Ich wollte nach Montenegro und Bosnien & Herzegowina. Also buchte ich mir einen FlixBus und schlief dann ein.
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