Montag 02.12.2024 – Die ersehnte E-Mail?!
Es hat sich mal wieder ein Haufen organisatorischer Kleinkram angesammelt und so verbringe ich den Morgen an meinem Laptop. Beim Scrollen durch meine E-Mails poppt auf einmal eine neue Nachricht auf „Moin Felix, ich habe deine Anzeige auf dem Noticeboard gesehen …“. Ralf, ein deutscher Segler bietet mir an, dass ich mit ihm nach Walvis Bay segeln könne. Die Mail löst in Freude aus. Es gab also tatsächlich Menschen, die einen Blick auf das Online-Anzeigenbrett des Yachtclubs warfen und bereit waren unerfahrene Segler mitzunehmen. Ein großer Katamaran, deutsche Crew … das Angebot schien perfekt. Der einzige Grund warum ich nicht sofort in Jubel ausbrach war das Fahrtziel – Walvis Bay, Namibia. Tatsächlich fuhren die meisten Boote, die von Kapstadt über den Atlantik fahren, erst die Küste entlang in Richtung Walvis Bay bevor sie dann auf den offenen Atlantik raussegelten. Doch der Hafen in Walvis Bay ist winzig und welches Boot würde sich nachdem es schon losgesegelt ist nochmal entscheiden mehr Crew mitzunehmen? So verlockend der Gedanke war, endlich lossegeln zu können – ich konnte das Angebot nicht annehmen. Auf Nachfrage schreibt Ralf, dass er zwischen den Feiertragen von Walvis Bay dann zur Atlantiküberquerung aufbräche, doch dafür habe er schon genug Crew. In mir bleibt ein zwiegespaltenes Gefühl: Ich freue mich, dass meine Anzeige endlich Resonanz zeigt – so wäre es nur eine Frage der Zeit, bis das richtige Angebot käme – und gleichzeitig ärgert es mich zu wissen dass dieses perfekte Boot ohne mich nach Brasilien segeln würde.
Dienstag 03.12.2024 – Trägheitsgesetz
Als ich aufstehe, bin ich noch fester Überzeugung, dass ich mich gleich auf den Weg zum Segelclub machen würde. Eine halbe Stunde später – nachdem ich mich daran erinnert hatte, dass wir heute zum Mittag einen Braai machen würden – hat sich dieser Plan auf „nach dem Mittag“ verschoben – schlussendlich wird mir meine eigene Trägheit zum Verhängnis und auch aus „nach dem Mittag“ wird nichts mehr. Ohne einen akuten Grund – ein Event oder ein bestimmtes Boot von dem ich wüsste – mangelt es mir einfach an Motivation mich ständig aufs neue auf den Weg zum Yachtclub zu machen. Um es mit den Worten zu formulieren, die Isaac Newton in seinem erstem Axiom verwendete: „Eine träge Masse verharrt im Zustand der Ruhe, solange keine äußeren Kräfte auf sie einwirken.“ Jedes Mal kostete mich der Weg in den Yachtclub mit dem Bus schließlich gute zwei Stunden – nur um dann dort ein paar Leute anzuquatschen und mich wieder auf den oftmals fast dreistündigen Rückweg zu machen. Morgen wäre wieder die Segelregatta, dann hätte ich auch wieder einen Anlass in den Yachtclub zu fahren. Morgen, Morgen – nur nicht heute …
Mittwoch 04.12.2024 – SABLE Regatta
Es ist wieder Mittwoch – heute Nachmittag würde im Yachtclub wieder das Segelrennen stattfinden. Eine ganze Woche war ich nicht im Hafen gewesen, umso motivierter und zuversichtlicher war ich heute. Am späten Vormittag rollt mein Bus in das Terminal im Stadtzentrum und ich mache mich zu Fuß auf den Weg zum Yachtclub. Ich derweil eine neue Strategie entwickelt – anstatt auf die Stege zu gehen, positioniere ich mich nachdem ich im Restaurant einen Milchshake getrunken habe, einfach am Ende der Stege und spreche dort jeden an der an mir vorbeiläuft. Das funktioniert gut, ich komme mir vielen Menschen ins Gespräch – nur weiß leider niemand von einem Boot das nach Crew suchen könne. „Ende des Monats ist dieses St. Helena Rennen, vielleicht kommst du dort auf eines der Boote“ „Die Oyster World Rally soll heute in der Waterfront ankommen, da könntest du es mal probieren“ „Heute Abend ist die SABLE Regatta, da kannst du Kontakte knüpfen“ „Du musst dafür sorgen, dass die Leute dich hier kennen – niemand nimmt einen Unbekannten mit“ Die Tipps, die mir gegeben werden sind alle lieb und nett gemeint – allerdings ist keiner von ihnen neu für mich oder bringt mich weiter. Um sechzehn Uhr melde ich mich dann bei der Rezeption und bekomme ein Segelboot vermittelt auf dem ich heute Abend mitsegeln dürfte. War letzte Woche noch ordentlich Wind, so herrscht neue nahezu Flaute. Auf einigen Passagen müssen wir das Segel mit der Hand rausdrücken, damit es nicht in sich zusammenfällt und wir überhaupt noch irgendwie vorwärts kommen. Anstelle des hektischen Racing-Charakters, den ich letzte Woche erlebt hatte, geht es auf dem Boot heute wesentlich ruhiger zu, so bleibt mehr Zeit für Gespräche. Leider ist das heutige Rennen das letzte des Jahres, gemeinsam mit der restlichen Crew sitze ich nach dem Rennen mit einem Bier im Club und lausche der Preisvergabe. Fasziniert hören sich die beiden Segler meine Geschichte an – ich müsse unbedingt ein Boot finden, solle um jeden Preis weitermachen mit dem was ich tue, beteuert man mir. Neue Ideen, wie ich an ein Boot komme, haben die zwei aber auch nicht …
Donnerstag 05.12.2024 – Luxusyacht-Träume
Ein weiteres Mal mache ich mich am Morgen auf den Weg in die Stadt. Anders als sonst ist mein Ziel heute allerdings nicht der Royal Cape Yacht Club, sondern die Waterfront. Gestern waren dort laut dem Online-Live-Tracking die ersten Yachten der Oyster World Rally angekommen – einer sechszehnmonatigen Weltumsegelung an der 22 Luxusyachten teilnehmen. Tatsächlich entdecke ich in der kleinen direkt in der Waterfront gelegenen Marina einige Yachten, die zweifellos zu der Rally gehören – im Gegensatz zu den Luxusyachten hier wirken die Boote im RCYC fast wie kleine Nussschalen. Vielleicht auch gerade weil hier die luxuriösen der Luxusyachten liegen, hat man die Marina vorbildlich gesichert – jeder Weg auf die Stege wird entweder durch ein verschlossenes Tor oder einen Wachmann gesichert. Einige Minuten gucke ich durch die Gitterstäbe des Zauns noch der an Deck rumhantierenden Crew einer deutschen Yacht zu, bevor ich mich dann auf den Rückweg mache. Auch wenn ich nicht in die Marina reinkam, war meine Hoffnung noch nicht ganz erloschen – alle Yachten der Rally waren auf Instagram vertreten – ich könnte die Crews also einfach anschreiben. Als ich am Nachmittag zuhause in meinen Maileingang gucke, finde ich eine freudige Nachricht: Ralf, dem ich heute morgen geschrieben hatte, dass ich nicht im Walvis Bay segeln würde, hatte mir zugesagt dass ich seinen Katamaran nächste Woche gemeinsam mit ich von Simons Town um die Kap-Halbinsel herum in den RCYC segeln könne – ein optimaler Törn um ein bisschen weitere Erfahrung zu sammeln.
Freitag 06.12.2024 – Manhunt
Ich schlafe lange aus, den ich habe heute nichts vor. Die Wettervorhersage hatte recht gehabt, dicke Regentropfen fallen vom Himmel – den ganzen Tag lang soll es regnen. Den Vormittag über kommt mir das schlechte Wetter ganz gelegen – so finde ich endlich Zeit meinen Blog fertig zu schreiben. Spätestens am Nachmittag gehen mir dann aber die Beschäftigungsmöglichkeiten aus. Meine Langeweile endet als ich auf YouTube eine neue Serie entdecke – „Manhunt“. In dem Format werden acht Spieler in einer Großstadt ausgesetzt und dann von einem siebenköpfigen Jägerteam gejagt. Dieses erhält regelmäßig die GPS-Standorte der Spieler. Wer nach 96 Stunden noch nicht vom Jägerteam gefangen wurde, hat gewonnen. Das Konzept erinnert an Brettspiele wie „Mister X“ und „Scotland Yard“ – nur eben nicht auf einem Spielbrett, sondern real – inmitten der Millionenmetropole Bangkok. Ich schaue eine Folge nach der nächsten, bis ich am Abend noch eine Nachhilfestunde geben muss.
Samstag 07.12.2024 – Weihnachtswünsche
Ein weiterer Tag beginnt mit dem Vorhaben mich auf den Weg zum Yachtclub zu machen – und ein weiteres Mal löst sich dieses in Luft auf, als ich mein Hirn einschalte: Es ist Samstag, der einzige Bus in die Stadt fährt heute um sechs Uhr fünfzig und es ist … kurz vor neun – das wird also nichts mehr! Stattdessen verbringe ich also einen weiteren Tag damit zuhause rumzugammeln; gucke die „Manhunt“-Serie bis zur aktuellsten Folge und lasse mir schon einmal die ersten Dinge zu Haus erklären. Toni und Monika würden am Montag für einige Wochen nach Deutschland fliegen – ich hingegen würde hier bleiben und mich tagtäglich weiter auf die Suche nach einem Segelboot machen. Ganz ehrlich: Die Vorstellung von einem Weihnachten in Deutschland, zuhause bei meiner Familie reizt mich ebenfalls. Allerdings hatte ich eine Mission, die es zu erfüllen galt – und die vertrug sich mit dieser Vorstellung nicht. Mein einziger Weihnachtswunsch? Ein Segelboot über den Atlantik.
Sonntag 08.12.2024 – Bring & Braai
Schon zwei Kerzen brennen auf dem Adventskranz der auf unserem Frühstückstisch steht – unglaublich, wie die Zeit vergeht. Nach dem Frühstück machen wir uns dann wieder auf den Weg zur Stadtmission. Im Anschluss an den Gottesdienst gibt es heute ein „Bring&Braai“ – die südafrikanische Variante eines „Bring&Share“-Buffets. Nach vier Sonntagen habe ich auch hier inzwischen das Gefühl angekommen zu sein. Die Kinder albern nach dem Gottesdienst mit mir rum, so wie ich es sonst nur aus meiner Gemeinde zuhause kenne. Dieses Gefühl des Zuhause-seins hatte ich schon lange nicht mehr gehabt – im gesamten letzten Jahr hatte ich mich an keinem Ort länger als zwei Wochen aufgehalten. Das Gefühl ist schön und zugleich erinnert es mich an die Hummel in meinem Hintern, daran, dass ich endlich wieder weiterreisen möchte. Als wir am Nachmittag auf der Terrasse sitzen, kommt Marion mit einigen Freunden wobei. Die Johannesburgerin würde die kommenden drei Wochen – solange Monika und Toni in Deutschland sind – das Haus sitten, sie wäre für die nächsten drei Wochen also meine Mitbewohnerin. Schrittweise geht Monika alle Punkte durch, die für das „Housesitting“ zu beachten sind – an was man nicht alles denken muss.
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