Montag 30.12.2024 – Suther Peak
Der Himmel ist etwas zugezogen, es ist – verglichen mit den vergangenen Tagen – kühl. Nur 20°C, perfekt für unser heutiges Vorhaben: Am frühen Morgen machen meine Mutter und Ich uns mit einem Uber auf den Weg nach Hout Bay, wo wir den Gipfel des Suther Peak – einem 614 Meter hohen Berg, der einen hervorragenden Panoramablick über die umliegende Landschaft bieten soll – erklimmen wollen. Langsam aber sicher geht es ganz gemächlich in die Höhe. Irgendwann – dem GPS zufolge sollten wir etwa die halbe Strecke geschafft haben – trifft der Wanderweg dann auf einen kurzen Abschnitt, an dem man eine Felswand einige Meter in die Höhe klettern muss. Ganz mein Geschmack, allerdings nicht der meiner Mutter. Nach etwas gutem Zureden bekomme ich aber auch Mama davon überzeugt nicht umzudrehen sondern weiterzumachen. Das ist es wert, denn nach dem steilen Kletterstück geht es die restlichen Meter bis zum Gipfel dann wieder auf „normalen“ Wegen in Richtung des Gipfelkreuzes – das hier meist aus einer einfachen Betonsäule besteht. Zur Belohnung gibt es eine Atemberaubende Aussicht und ein paar Kekse, bevor es denselben Weg, den wir gekommen waren, wieder nach unten geht. Nachdem wir zuhause etwas zum Mittag gegessen, uns im Pool abgekühlt und geduscht haben, mache ich mich alleine auf den Weg zum RCYC. Vergeblich – die Marina ist seit Freitag nur noch leerer geworden. Nun fehlten auch die Boote, die vergangenen Samstag im Rahmen des „CapeToStHelena“-Rennens aufgebrochen waren. Ernüchternd! Ich hatte immer gehofft, den Jahreswechsel nicht mehr in Kapstadt erleben zu müssen. Es ist nicht so, dass es hier nicht schön wäre – ehrlich gesagt könnte ich mir keinen schöneren Ort feststellen, um festzustecken – aber ich wollte endlich weiter! Doch inzwischen war klar, dass ich das Jahr 2025 genauso beginnen würde, wie das jetzige endete – auf der Suche nach einem Segelboot.
Dienstag 31.12.2024 – Kommen & Gehen
Am Vormittag wird es für meine Mutter allmählich Zeit Koffer zu packen. Sie würde den Jahreswechsel nicht gemeinsam mit mir hier in Kapstadt verbringen, sondern heute Nachmittag nach Hause – ins kalte, nasse Deutschland – fliegen. Gerade als wir uns zum Mittagessen auf den Weg zu einer Pizzeria machen, kommen uns Toni und Monika im Auto entgegen – sie waren gerade aus ihrem Deutschland-Urlaub zurückgekehrt und gaben meiner Mutter nun den Staffelstab in die Hand. Am Nachmittag ist es dann soweit: Gemeinsam mit Mama fahre ich zum Flughafen, verabschiede mich und gucke dann winkend zu, wie meine Mutter hinter der Sicherheitskontrolle verschwindet. Wieder zuhause widme ich mich meinen Sylvester-Plänen. Anders als in Deutschland ist privates Feuerwerk in Südafrika vollständig verboten. Das Schwellenland mag in noch so vielen Dingen rückständig sein – was das angeht sind sie dem hochentwickelten Deutschland aber definitiv einen Schritt voraus. Sind wir mal ehrlich, keine rational denkende Person kann es gut heißen, dass man mit der Begründung von „Das ist Tradition!“ auf einmal Sprengstoff unreguliert im Supermarkt verkauft und dann oftmals stark alkoholisierte Personen damit hantieren lässt. Für mich heißt das heute Abend aber konkret: Falls ich zum Jahreswechsel ein Feuerwerk möchte, müsste ich in die V&A Waterfront fahren, wo es um Mitternacht ein organisiertes 5-minütiges Feuerwerk gibt. Dort nur für fünf Minuten Spaß extra mit einem Uber hin zu gurken, ist mir allerdings so blöd und so laufe ich nur auf eine nahegelegen Anhöhe von der ich mir erhoffe zumindest Etwas sehen zu können. Toni und Monika sind – das kann man ihnen nach einem Langstreckenflug auch nicht verübeln – bereits ins Bett gegangen. Die Straßen sind gespenstisch leer. Ein kurzer Jubel ist aus den mit Mauern umringten Gärten einiger Häuser zu hören, als die Uhr von 23:59 Uhr auf 00:00 Uhr wechselt. Am Horizont lässt sich als kleiner Punkt das Feuerwerk der V&A Waterfront erahnen, doch nach fünf Minuten ist auch das vorbei und es herrscht wieder Totenstille. Na dann – Willkommen im Jahr 2025!
Mittwoch 01.01.2025 – Ins neue Jahr gestolpert
Um den letzten Jahreswechsel herum hatte ich unglaublich viel Zeit gehabt das hinter mir liegende Jahr zu reflektieren und meine Erlebnisse Revue passieren zu lassen. Dieses Mal hingegen fühlt es sich eher an als sei ich in das neue Jahr hineingestolpert – ich fühle mich noch nicht bereit für 2025! Und so nutze ich diesen Tag erst einmal, um wirklich im neuen Jahr anzukommen. Ich schreibe an meinem Blog – dafür hatte ich seit meine Mutter zu Besuch gekommen war kaum Zeit gehabt –, erstelle ein Backup meiner Fotos aus den vergangenen Wochen und überlege, wie ich meine Bootssuche noch effektiver gestalten könne. Am 30. Januar läuft mein 90-tägiges Touristen-Visum aus und den Antrag, um dieses zu verlängern hätte ich – wenn ich das gewollt hätte – längst von einigen Wochen stellen müssen. Mir verbleiben also noch exakt 29 Tage bis ich Südafrika verlassen müsste – die Uhr tickt, der Countdown läuft. Aber, wie heißt es so schön: „Unter Druck entstehen Diamanten“ – vielleicht war ein bisschen Visa-bedingter Zeitdruck gar nicht schlecht …
Donnerstag 02.01.2025 – Hoffnungsschimmer
Es ist mal wieder an der Zeit in den Hafen zu fahren. Für den letzten Endspurt bis zum Monatsende hatte ich mir vorgenommen mich mindestens drei Mal pro Woche in der Marina blicken zu lassen. In der Waterfront-Marina gibt es wenig Neues: Die Boote sind noch dieselben, die dazugehörigen Seglern sind nun auch wieder da. „Du bist doch der, der hier letztens überfallen wurde“ erinnert sich einer der Kapitäne und versichert mir „Dein Name steht in allen Chatgruppen – du hast einen guten Ruf“. Einen Steg weiter treffe ich auf ein neues Boot, auf dem oberkörperfrei ein junger braungebrannter Mann sitzt. Theo erzählt mir, dass er von Frankreich als Boots-Tramper bis nach Australien gesegelt wäre und von dort – inzwischen seit Monaten auf dem selben Segelboot – hierher. Irgendwie musste es also doch funktionieren ein Boot zu hitchhiken – das macht Hoffnung. In unserem Gespräch erfahre ich auch, dass Brian – der Segler, der vor einigen Wochen ein perfekt klingelndes Crewgesuch auf Facebook gepostet hatte – nun zwei junge Frauen als Crew an Board hätte – kein Wunder, dass ich da keine Chance hatte. Wir tauschen unsere Nummer aus und Theo leiht mir seine Zugangskarte, damit ich auch die Stege, auf die ich sonst nicht drauf kam, einmal ablaufen könnte. Um die Mittagszeit herum mache ich mich auf den Weg zum Yachtclub. Der deutsche wARC-Segler hatte mir eine Nachricht weitergeleitet, in der es hieß, dass dort australisches Aluminium-Boot liegen würde, dass nach Crew sucht – nur fehlt mir leider der Bootsname. Hoffnungsvoll laufe alle Stege ab, aber kann das Boot einfach nicht finden. Ich hole mir also Hilfe von Marina-Manager – der guckt kurz in seine schlaue Liste und schüttelt mit dem Kopf „Hier liegt nur ein einziges Aluminium-Boot … und das hat keine australische Flagge“.
Freitag 03.01.2025 – Kurze Haare & Gartenarbeit
Meine Haare waren schon wieder viel zu lang geworden – vor allem, wenn ich bald auf einem Segelboot wäre und dann einen knappen Monat keine Möglichkeit hätte, sie schneiden zu lassen. Ich drehe am Vormittag also eine Runde zum nächstgelegenen Friseursalon und lasse meine Frisur wieder an das sommerliche Wetter anpassen. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen meinen Blog heute fertig zu schreiben, doch irgendwie fehlt der „kreative Flow“ – stattdessen scrolle ich also durch Social Media. Als am Nachmittag dann auch YouTube nichts mehr bietet um meine Langeweile zu stillen, mache ich mich im Garten nützlich: Kompost schreddern und umschichten, Trittseine verlegen, Steingranulat verteilen. Nach getaner Arbeit grillen – sorry, ich mein natürlich „braaien“ – wir gemeinsam.
Samstag 04.01.2025 – Zurück in Hout Bay
Meine letzten Besuche im Hafen von Hout Bay liegen – nachdem diese nie ergiebig gewesen waren – schon einen ganzen Monat zurück. Doch irgendwas veranlasst mich dazu dem kleinen, hauptsächlich der Fischerei dienenden, Hafen eine zweite Chance zu geben. Ich fahre also schon am frühen Morgen mit dem Bus in die Stadt und von dort direkt weiter nach Hout Bay. Meine Vermutung soll sich bestätigen: War hier vor einem Monat noch kein einziges internationales Boot gewesen, lagen nun eine ganze Handvoll mit internationalen Flaggen markierte Boote in der Marina. Zwei Boote erzählen mir das sie gerade Crew an Board genommen hätten – nun seinen sie voll. Mist! Von nun müsste ich also nicht nur regelmäßig die beiden Häfen in der Stadt besuchen, sondern auch noch so oft wie möglich bis nach Hout Bay gurken. Andererseits freue ich mich, dass viele Boote dort sind. Denn viele Boote erhöhen nicht zuletzt meine Chance auf einem der Boote mitzukommen. Auf dem Rückweg laufe ich noch einmal durch die Marina in der Waterfront, bevor ich mich auf den Heimweg mache. Am Abend gebe ich die erste Nachhilfestunde des neuen Jahres – die deutschen Schulferien sind kommende Woche in den meisten Bundesländern vorbei – dann geht es wieder richtig los!
Sonntag 05.01.2025 – Neujahrsvorsätze
Der Sonntag beginnt – wie so oft – mit einem Gottesdienst. Als ich beim Stehcafé nach dem Gottesdienst mit einigen Jugendlichen aus der Gemeinde beisammen stehe, kommen wir auf die Idee dass wir in der kommenden Woche gemeinsam einen kleinen Roadtrip entlang der Westküste machen könnten. Wieder zuhause beginne ich gleich nach dem Mittagessen an meinem Blog zu schreiben – die kommende Woche würde voll werden und entsprechend wenig Zeit dafür würde ich in den kommenden Tagen finden. Als am Nachmittag die Sonne etwas weniger stark wird, wird es für mich Zeit mich einem Neujahrsvorsatz zu widmen, um diesen nicht direkt in der ersten Woche wieder fallen zu lassen – laufen gehen. Es war einmal vor langer, langer Zeit – bevor ich mein Abitur schrieb und eine Weltreise machte – da ging ich wöchentlich eine Runde laufen. Und genau damit wollte ich dieses Jahr wieder beginnen: Jede Woche mindestens fünf Kilometer laufen gehen. Verschwitzt komme ich nach 30 Minuten wieder zuhause an, gucke freudig auf mein Handy und stelle fest, dass mein Pace – die durchschnittlich benötigte Zeit pro Kilometer – seit 2022 gar nicht all zu sehr nach oben gegangen war. Am Abend telefoniere ich dann noch wie gewohnt mit meiner Familie, bevor es rechtzeitig ins Bett geht.