Montag 26.05.2025 – Klausurenphase
Bereits um sieben geht es heute mit einer ersten Nachhilfestunde los. Im Laufe des Vormittags folgen drei weitere – die Klausurenphase vor den Sommerferien lief auf Hochtouren. Zwischen den Stunden bleibt mir immer etwas Zeit, um kurz das Hostel zu verlassen, mir Obst zu kaufen, oder an der Promenade einen frischen Fruchtsaft zu trinken, bevor Ich zurück an den Rechner muss. Um 14 Uhr klappe ich meinen Laptop dann endlich zu; mein Rücken tut von der unbequemen Liegeposition im Bett weh – da in dem einzigen kleinen Gemeinschaftsraum dauerhaft Trubel herrschte, hatte Ich aus dem Bett heraus arbeiten müssen. Als Ausgleich gehe Ich eine Runde an der Promenade spazieren, esse ein Eis mache mich dann auf den Weg zu einem Waschsalon – mir blieb nämlich mal wieder nichts Sauberes mehr zum Anziehen. Während erst die Waschmaschine und dann der Trockner läuft schreibe Ich in dem kleinen Warteraum an meinem Blog. Als Ich zurück ins Hostel komme, lädt man mich dort zum gemeinsamen Abendessen ein – eine Brasilianerin hatte sich entschlossen für das gesamte Hostel Spaghetti Bolognese zu kochen.
Dienstag 27.05.2025 – Pelourinho
Da ich das Hostel erstmal nur für ein paar Tage gebucht hatte und es nun ausgebucht war, muss Ich am Morgen meine Sachen packen – Ich ziehe in ein anderes Hostel zwei Straßen weiter. Dort kann Ich zwar noch nicht einchecken, aber zumindest schonmal meinen schweren Rucksack loswerden, bevor Ich zu Fuß in Richtung Stadtzentrum laufe. Mein Ziel: Pelourinho, ein historisches Viertel mit vielen charmevollen Gassen und kleinen bunten Häusern. Als Ich den Bezirk erreiche, komme Ich mir vor, als wäre Ich in Lissabon: steile Kopfsteinpflasterstraßen führen zwischen kleinen farbenfrohen Gebäuden hindurch. Ganz aus der Luft gegriffen ist der Vergleich mit Lissabon nicht, denn die meisten Bauten in dem Viertel stammen tatsächlich aus der portugiesischen Kolonialzeit. In einem Restaurant lasse Ich mich zum Essen nieder und kaufe mir dann noch eine Flasche frischen Mangosaft, welche Ich genüsslich trinke, während Ich weiter den Distrikt erkunde. Durch einige mit billigsten Fast-Fashion-Märkten übersäte Straßen, mache Ich mich auf den Rückweg zum Hostel, wo Ich den restlichen Nachmittag unterm Ventilator sitze. Am Abend laufe Ich noch einmal an den Strand. Die untergehende Sonne tüncht die gesamte Stadt in ein goldenes Licht, die Wolken am Himmel leuchten dramatisch auf. Der Sonnenuntergang in Salvador ist jeden Tag aufs Neue spektakulär – einen langweiligen Sonnenuntergang habe Ich hier noch nicht erlebt. Zurück im Hostel koche Ich mir etwas zu essen und tippe dann noch an meinem Blog, bevor ich mich schlafen lege.
Mittwoch 28.05.2025 – Gleichgesinnte
Heute darf Ich etwas ausschlafen, bevor Ich um halb elf zu einer Nachhilfestunde am Laptop sitzen muss. Im Anschluss gehe Ich einkaufen – nachdem Ich zum Frühstück den letzten Rest Haferflocken aufgebraucht hatte, lag in der Gemeinschaftsküche nichtmehr viel, was mit meinem Namen beschriftet war. Am Nachmittag schalte Ich mich dann digital zur „Männerzeit“ meiner Rendsburger Heimatgemeinde dazu – was für ein Privileg es doch diese Möglichkeit zu haben. Nachdem die Runde vorbei ist, laufe Ich schnell zum Strand, um auch den heutigen Sonnenuntergang nicht zu verpassen, bevor Ich mir dann etwas zu essen koche, noch etwas an meinem Blog schriebe und mich dann ins Zimmer verziehe. Gerade als Ich ins Bett gehen will, kommt Shengwei, ein chinesischer Reisender, den Ich gestern Abend kennengelernt hatte, in das Dorm. In der Gemeinschaftsküche sitze ein belgische Reisende; sie sei genau wie Ich schon mehre Jahre unterwegs, würde ebenfalls trampen und online Unterricht geben. Interessiert folge Ich Shengwei in die Küche und lerne Annie kennen. Schnell kommen wir ins Gespräch und tauschen uns über unsere Reisen, die schönsten Orte, die verrücktesten Erlebnisse und nicht zuletzt unsere Jobs aus. Die Zeit vergeht, wie im Flug, und so ist es spät, als ich ins Bett gehe.
Donnerstag 29.05.2025 – Kurze Tage
Im Laufe des Vormittags packe Ich meinen Rucksack und fahre mit einem Mototaxi zum Busbahnhof. Aus einer Metropole wie Salvador herauszutrampen ist ziemlich schwierig, daher hatte Ich mich entschieden, die Strecke zwischen „Salvador“ und „Feirra de Santana“ genauso wie schon auf dem Hinweg mit einem Bus zurückzulegen. Am Busbahnhof erwartet mich kein hektisches Treiben, keine aufdringlichen Sammeltaxifahrer – stattdessen ist alles perfekt organisiert, mein Ticket kaufe Ich mir online, der Bus ist auf die Minute pünktlich. Um 15 Uhr erreicht jener Feirra de Santana, wo Ich mich zügig auf den Weg zum Stadtrand mache, um das letzte Sonnenlicht noch auszunutzen. Die Sonne geht hier bereits um kurz nach fünf unter – entsprechend kurz sind die Tage. Und wenn es einmal dunkel ist, geht die Chance per Anhalter noch voranzukommen gegen null. Eine Stunde stehe Ich ohne Erfolg auf dem Seitenstreifen der Autobahn – die Autos rasen, ohne mir jegliche Aufmerksamkeit zu widmen vorüber. Als die Sonne untergegangen und das letzte Licht vollends verschwunden, beginne Ich deprimiert auf meinem Handy nach Nachtbussen zu suchen. Im selben Moment hält ein Kombi neben mir und ein junger Mann bietet mir an mich zum nächsten Posto mitzunehmen – Erleichtert steige Ich ein. An dem Posto angekommen versuche Ich einige Stunden noch einen Lastwagenfahrer zu finden, der mich weiter mitnimmt, doch bleibe auch hier erfolglos, und so schlage Ich in der Hoffnung Morgen besser voranzukommen mein Zelt neben der Tankstelle auf …
Freitag 30.05.2025 – Lençóis
Bevor mein Tag wirklich beginnt gebe Ich am frühen Morgen erst einmal zwei Nachhilfestunden. Dann klappe ich meinen Laptop zu und stelle mich an die Ausfahrt des Postos, auf dem Ich die Nacht verbracht hatte. Mein Ziel: Der kleine Ort Lençóis in dem für seine Wasserfälle bekannten Naturschutzgebiet „Chapada Diamantina“. Schon nach wenigen Minuten hält ein großer LKW und nimmt mich nach Itaberaba – einer Stadt auf der Hälfte der Strecke mit. An der kleinen Tankstelle, an der er mich rauslässt, stehe Ich dann mehrere Stunden und warte auf einen Folgelift. Immer wieder ziehen sinnflutartige Schauer vorüber und zwingen mich einen Unterschlupf zu suchen. Als Ich bereits mit dem Gedanken spiele, doch einfach in eines der vorbeifahrenden Sammeltaxis zu steigen, hält endlich ein Lastwagen auf dem Schotterbankett neben der Straße und sammelt mich ein. Anderthalb Stunden später erreichen wir Lençóis – also fast: Da der Ort nicht direkt an der Hauptstraße, sondern etwas abseits von dieser liegt, brauche Ich für die letzten 13 Kilometer noch einen weiteren Lift – den bekomme Ich aber recht schnell. Chapada Diamantina ist bei Touristen beliebt und so sind einige der Hostels in Lençóis tatsächlich vollständig ausgebucht. In meinen Hostel hingegen, bin Ich der einzige Gast – was unter anderem daran liegen könnte, dass Ich aus Versehen den gesamten 6-Bett-Raum anstatt eines einzelnen Bettes gebucht hatte – Naja, bei einem Preis unter fünf Euro, kann man sich mal vergucken.
Samstag 31.05.2025 – Immer der App nach
Nachdem Ich am Morgen etwas meine Sachen sortiert und einen Blog-Beitrag hochgeladen hatte, verlasse Ich am Vormittag das Hostel und stapfe einem Wanderweg folgend in die Wildnis. Mithilfe einer Wanderapp hatte ich eine Wanderung zu einem der weiter entfernten Wasserfälle geplant, dort würde Ich dann in meinem Zelt übernachten und morgen zurückkehren. Die ersten Kilometer komme Ich gut voran, die Aussicht kann sich sehen lassen, der Trail ist gut zu erkennen. Nach sechs Kilometern zeigt meine App dann an, dass ich abbiegen müsste. Während geradeaus ein schöner Wanderweg führt, ist mein Trail ein eher schlecht als recht zu erkennender Trampelpfad durch schulterhohes Gras. Steil führt der Pfad einen Hang hinab und wird dabei immer schlechter – immer wieder verliere Ich den Weg, finde Ihn dann aber doch wieder. Nach einem Kilometer, für den Ich eine knappe Dreiviertelstunde gebraucht hatte, stehe Ich vor einem Fluss. Hier ist in der App ein Campingplatz eingezeichnet – der existiert in Form einer kleinen planen Sandfläche auch – den Fluss soll Ich einmal durchqueren und dann einem Seitenarm dessen in eine Schlucht folgen. Nur ist der Fluss zum Ende der Regenzeit ziemlich voll und hat einiges an Strömung. Sorgen macht mir zudem, dass in einer zweiten Wanderapp der Trail hier endet und die auch die Höhenlinien nicht dafürsprechen, dass man auf der anderen Seite des Flusses weiterkäme. Nachdem Ich beschlossen hatte, dass meine Wanderung hier wohl enden würde, probiere Ich mich dann doch – zuerst in Badehose und ohne Rucksack – an der Gewässerüberquerung – erfolgreich. Und sogar der Trail ist auf der anderen Seite einigermaßen erkennbar. Ich hieve also auch meinen Rucksack durch den reisenden Bach und setze meine Wanderung fort. Nach einigen hundert Meter wird jedoch klar, dass das eine dumme Idee war; der Trail ist schon bald vollkommen verschwunden. Und selbst wenn Ich mich – nur der groben Richtung meiner Wanderapp folgend – weiter ins Dickicht schlagen würde, wäre Ich dabei so langsam, dass Ich keinesfalls noch vor Sonnenuntergang den Wasserfall, der mein Ziel war, erreichen würde. Mir bleibt nichts anderes übrig als umzukehren. Wieder zurück auf der anderen Seite des Flusses, beschließe Ich mein Lager auf der kleinen Sandfläche aufzuschlagen und den restlichen Tag einfach dort zu verbringen.
Sonntag 01.06.2025 – Cachoeira do Sossego
Sobald die Sonne sich am Morgen über den Horizont gehoben hat, mache Ich mich auf den Rückweg. Doch den schon gestern nur schwerlich erkennbaren Trail nun zurückzuverfolgen, stellt sich als echte Herausforderung raus. Anfangs finde Ich den Weg gar nicht und muss mich querfeldein durch das mir bis zum Kopf gehende Gestrüpp schlagen. Immer wenn ich den Weg wieder gefunden zu glauben habe, ist er zehn Meter weiter wieder verschwunden. Fast eineinhalb Stunden brauche Ich so, um einen Kilometer zurückzulegen und bin ziemlich erleichtert, als Ich wieder auf dem gut sichtbaren Hauptwanderweg stehe. Schnellen Schrittes mache Ich mich auf den Rückweg nach Lençóis. Als Ich gegen zehn das Städtchen wieder erreiche, brauch Ich erstmal vernünftiges Frühstück. Etwas außerhalb der Stadt beziehe Ich ein kleines Einzelzimmer und ruhe mich ein wenig aus. Gegen Mittag schnüre Ich dann erneut meine Schuhe und mache mich auf dem Weg zur „Cachoeria do Sossego“, dem bekanntesten Wasserfall der Region. Der Weg dorthin ist gut erschlossen, folgt einem Flussbett und bietet einige spektakuläre Gesteinsformationen. Einzig und allein den letzten Kilometer muss man über große Felsen durchs Flussbett kraxeln, bis man unter dem beeindruckenden Wasserfall steht. Ich gehe eine Runde schwimmen und mache ein paar Fotos, bevor Ich mich wieder auf den Rückweg machen – für den späten Nachmittag ist Regen angekündigt, zudem wartet meine Familie auf unseren wöchentlichen FaceTime-Call.
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