Montag 06.10.2025
Drei Probestunden sowie eine normale Nachhilfestunde stehen heute auf meinem Tagesplan. Seit ich vor knappen zwei Jahren das letzte Mal Probestunden über die Online-Nachhilfe-Plattform gegeben hatte, hatte sich einiges geändert: Probestunden waren nun vorerst unbezahlt. Entschied sich der Schüler im Anschluss einen Vertrag mit der Plattform abzuschließen, wurde die Einheit nachträglich vergütet. Im Gegenzug waren die Probestunden nun auf nur 30 Minuten gekürzt worden – geradeso genug Zeit, um sich kennenzulernen, abzutasten, um welche Themen es geht und auf welchem Level der Schüler ist, und dann noch ein wenig inhaltlich zu arbeiten, damit der Schüler ein Gefühl davon bekommt, wie die zukünftigen Stunden aussehen könnten. Die Schüler könnten dabei unterschiedlicher nicht sein. Im Anschluss an die Nachhilfestunden gehe ich erstmal auf dem Markt etwas zum Mittag essen und erhalte währenddessen die Nachricht, dass bereits die erste Schülerin einen Vertrag abgeschlossen hätte. Zurück im Hostel folgt eine weitere Nachhilfestunde, bevor ich dann mit meinen Eltern telefoniere. Sie haben eine freudige Überraschung für mich: Mein Vater würde mich zu meinem Geburtstag für eine Woche besuchen kommen. Im Anschluss an das Telefonat bin ich also erst einmal damit beschäftigt einen Zeitplan für die verbleibenden drei südamerikanischen Länder zu erstellen, um abschätzen zu können, wo es denn Sinn ergeben würde, mich mit meinem Vater zu treffen. Relativ schnell fällt die Wahl auf das kleine Ecuador – nicht nur passte das zeitlich gut, auch gab es dort einige vielversprechende Tauchplätze 🙂
Dienstag 07.10.2025
Unmittelbar nach dem Frühstück gebe ich eine morgendliche Nachhilfestunde – die erste reguläre Stunde mit der gestern neu gewonnen Schülerin – und im Anschluss noch eine weitere Probestunde. Im Laufe der nächsten Wochen schlossen insgesamt drei von den vier Probestunden-Schülern einen Vertrag bei der Plattform ab – eine zufriedenstellende Quote! Auch den restlichen Tag verbringe ich größtenteils an meinem Laptop und tippe an meinem Blog – unterbrochen von Essenspausen auf dem Mercado Central. Am Abend würde ich eigentlich gerne das Convent San Felipe de Neri besuchen und von dessen Dachterrasse den Sonnenuntergang, nachdem daraus am Sonntag nichts geworden war. Doch als ich dort ankomme, hat man die Tür gerade abgeschlossen.
Mittwoch 08.10.2025
Nachdem ich die letzten zwei Tage größtenteils hinter dem Laptop verbracht hatte, zog es mich nach draußen. Sucre ist nicht wirklich als Wander-Destination bekannt und doch hatte ich einen kurzen Trail etwas außerhalb der Stadt gefunden, der ganz interessant klang. Mit einem Stadtbus fahre ich in den kleinen Außenort Alegría. Auf dem ersten Kilometer außerhalb des Dorfes, machen mir unzählige Straßenhunde Schwierigkeiten. Alle paar Meter versteckt sich einer der Köter und kommt mir laut kläffend und knurrend gefährlich nahe. Eigentlich habe ich keine Angst vor Hunden, doch bei Straßenhunden weiß man nie, wie sie drauf sind – und Bolivien ist, was Straßenhunde angeht, wirklich das Schlimmste aller Länder, in denen ich bisher war! Einmal aus dem Dorf raus, verstummt das Gebelle und der Trail führt durch eine kleine Schlucht ein trockenes Flussbett entlang. Sieben Wasserfälle sollen einen am Ende des Weges erwarten – vier von ihnen sind allerdings komplett ausgetrocknet, in den restlichen Dreien fließt ein schmales Rinnsal. Falsche Jahreszeit – naja, schön ist es hier trotzdem. Auf dem Rückweg gucke ich mir das Dorf ein wenig genauer an, gegen die Hunde hatte ich mich mit ein paar Steinen bewaffnet. Das ländliche Leben ist ein kompletter Kontrast zu dem Trubel der nur wenige Kilometer entfernten Stadt. Fast neben jedem Haus laufen Schweine, Ziegen und Hühner in improvisierten Ställen herum. Ein paar Männer schlagen mit Hammer, Meißel und Winkelschleifer weiße Steinblöcke kunstvoll in Form. Mit dem Bus gelange ich zurück in die Stadt, wo ich mich auf den Weg ins Hostel mache, um mich online zur gerade zuhause stattfindenden Männerzeit zuzuschalten – wie schön das Ganze doch war, wenn das Internet eine flüssige Unterhaltung zuließ! Am Abend kommt ein Ungare in das Dormitory, welches ich bisher für mich allein gehabt hatte. Wir unterhalten uns ein wenig über unsere Reisen und gehen schließlich gemeinsam ein lokales Bier trinken.
Donnerstag 09.10.2025
Der Ungare verlässt Sucre schon heute wieder und auch ich packe meine Sachen, gebe noch eine Nachhilfestunde und mache mich dann mit einem Bus auf den Weg an den Stadtrand. Dort ist nicht nur ein optimaler Ort zum Trampen, auch befindet sich dort der sich mit Dinosauriern beschäftigende Cretácico Park. Hier in Sucre befindet sich nämlich die längste zusammenhängende Fährte aus Dinosaurier-Fußspuren. Ein Guide gibt mir und einer Handvoll weiteren Touristen eine Tour über das Ausstellungsgelände, auf welchem man eine Handvoll lebensgroße Dino-Nachbildungen bestaunen kann, und führt uns schließlich in den daneben gelegenen Steinbruch, wo an einer Steilwand ein Abelisaurus – nein, das habe ich mir nicht ausgedacht, der heißt wirklich so – und andere Dinosaurierarten hunderte Fußabdrücke hinterlassen haben. Im Anschluss an die Tour gehe ich noch in einer kleinen Straßenkantine etwas essen, bevor ich mich dann nur ein paar hundert Meter weiter an der Straße positioniere. Es dauert etwa eine halbe Stunde, bis ein großer mit Zementsäcken beladener Lastwagen hält und mich einsammelt. Es ist im Begriff dunkel zu werden, als der Lastwagen vier Stunden später den kleinen Ort Aiquile erreicht, in dem sich unsere Wege trennen. Mich bedankend klettere ich aus dem Führerhaus in den Nieselregen, der vor einiger Zeit begonnen hatte. Angesichts des Wetters mittelmäßig motiviert, kundschafte ich den Ort nach potenziellen Plätzen aus, um mein Zelt aufzuschlagen – die Auswahl ist nicht sonderlich überzeugend. Es ist nicht so, dass es in Aiquile keine preiswerten Unterkünfte gäbe, doch ich hatte mir, nachdem nun fast zwei Wochen am Stück ein warmes Bett gehabt hatte, vorgenommen mal wieder eine Nacht im Zelt zu verbringen. Als der Regen stärker wird, suche ich vorerst in einem Restaurant Schutz und esse dort zu Abend. Es vergehen fast zwei Stunden bis der Regen wieder für ein paar Minuten stoppt – genug Zeit, um mein Zelt in einem kleinen Steinbruch neben der Straße aufzuschlagen. Das Bellen der Straßenhunde, die mich entdeckt hatten, verstummt, als ich den Reißverschluss zuziehe – im selben Moment setzt das Prasseln des Regens wieder ein. Gute Nacht!
Freitag 10.10.2025
Ein älterer Lastwagenfahrer sammelt mich am frühen Morgen an der Mautstelle am Ortsausgang von Aiquile ein. Kilometer für Kilometer rollen wir mit gemächlichen 80 km/h in Richtung Cochabamba. Gegen Mittag erreichen wir die Stadt. Cochabamba ist eine der größten Städte Boliviens. Die Stadt soll durchaus auch ganz schön sein, doch ich will mich hier nicht lange aufhalten, sondern weiterkommen – dafür ist die Stadt allerdings mittelmäßig geeignet. Anders als in anderen Städten gibt es keine Umgehungsstraße, stattdessen fließt der gesamte Fernverkehr einmal quer durch das urbane Verkehrschaos. Zu Fuß laufe ich von dem Ort, an dem man mich rausgelassen hatte, an die Hauptverkehrsachse, fahre von dort mit einem Collectivo zu einem Marktplatz auf der anderen Seite der Stadt, wo ich schließlich ein anderes Collectivo finde, dass zur Mautstation am Stadtrand fahren soll. Auf dem Weg durch die Stadt fällt mir die lange Schlage an LKWs auf, die am rechten Straßenrand einmal durch ganz Cochabamba führt. Die Schlange endet alle paar Kilometer an einer Tankstelle, hinter welcher jedoch gleich die neue kilometerlange Warteschlage für die nächste Tankstelle beginnt. Bolivien steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise – Kraftstoff ist im ganzen Land unglaublich knapp! Endlich an der Mautstelle angekommen, muss ich nicht lange warten, bis mich Carlos, der Fahrer eines blauen Chevrolets, einsammelt. Wir sind noch nicht lange unterwegs als mitten auf einem Bergpass die Straße vor uns gesperrt wird. Eine Stunde müssen wir warten, bevor wir weiterfahren können – naja, zumindest die Aussicht ist gut. Zwei weitere Stunden setzt Carlos mich an einem Polizeicheckpoint nahe der Stadt Oruro ab und instruiert die Beamtin gleich, dass sie mir ein Lift ins nur noch zehn Kilometer entfernte Caracollo organisiert. Caracollo ist ein winziger Ort noch etwa 200 Kilometer von La Paz entfernt. Rein theoretisch hätte ich es heute noch in die Hauptstadt schaffen können – das Auto, das mich hierhin mitnahm, fuhr nach La Paz – doch ich wollte ungerne am späten Abend in einer neuen, großen, mir unbekannten Stadt landen. Schnell habe ich ein günstiges Hotelzimmer in dem winzigen Ort ausfindig gemacht. Leider stellt sich heraus, dass das WLAN nicht funktioniert und so wechsle ich meine Unterkunft noch einmal – wie sich herausstellt, die richtige Entscheidung! Das neue Hotel hat nicht nur stabiles Internet, es ist auch das Günstigste auf meiner bisherigen Reise – gerade einmal 30 Bolivianos (2,14€) für ein privates Doppelzimmer!
Samstag 11.10.2025
Am Morgen gebe ich noch kurz eine Nachhilfestunde, dann stapfe ich mit meinem Gepäck zu der fünf Kilometer außerhalb des Ortes gelegenen Mautstelle. Gleich einer der ersten Lastwagen, denen ich meinen Daumen entgegenstrecke, hält an. Nach knappen drei Stunden Fahrt erreichen wir die ersten Außenbezirke von La Paz. Mit einem Collectivo geht es weiter in den städtischen Trubel hinein, bis wir schließlich in Fußreichweite einer der Seilbahnstation sind. La Paz ist mit 3650m über dem Meeresspiegel die höchstgelegenste Hauptstadt der Welt. Die Stadt besteht aus einem Hochplateau, dem El Alto, und einem Kessel, in dem das Stadtzentrum liegt. Aufgrund der komplizierten Geografie lassen sich die Stadtteile nicht effizient mit U-Bahnen oder Bussen verbinden. Stattdessen wird die Stadt vom größten städtischen Seilbahn-Netz weltweit überspannt – zehn verschiedene Linien mit insgesamt 26 Stationen. Mit einer dieser fahre ich, die beeindruckende Aussicht bestaunend, vom Hochplateau aus in den Stadtkessel und mache dort das Hostel ausfindig, welches ich online reserviert hatte. Dort angekommen teilt man mir mit, dass bereits alle Betten belegt seien – das Online-Buchungssystem sei nicht mit dem System vor Ort verknüpft, die Daten würden nur schleppend manuell übertragen. Der Rezeptionist sieht darin allerdings auch nicht seine Verantwortung – dass ich ein Bett bezahlt hatte, aber nun keines bekam war schließlich nicht sein, sondern mein Problem. Nach ein wenig Diskussion mit dem unfreundlichen Mann, bleibt mir nichts anderes übrig als ein neues Hostel zu suchen. Den restlichen Tag über laufe ich durch die steilen Gassen der Innenstadt und sauge den dort herrschenden Trubel in mich auf.
Sonntag 12.10.2025
Auf Empfehlung einer Französin, die ich im Aufenthaltsraum des Hostels treffe, mache ich mich nach dem Frühstück mit der Seilbahn erneut auf den Weg nach El Alto – dort finde sonntags ein großer Straßenmarkt stattfinden. Tatsächlich reiht sich auf dem gesamten Platz vor der Seilbahnstation ein Marktstand an den nächsten. Es gibt alles! Wirklich alles! – Kleidung, Schuhe, Drogerieprodukte, Elektrogeräte, Metallwaren. Je länger ich durch das Gedränge laufe, desto glaube ich in den scheinbar durcheinander angeordneten Ständen ein Muster zu erkennen – das System hinter dem Chaos! Mein Augenmerk gilt in erster Linie allerdings den Drogerie-Ständen – ich brauchte dringend neue Sonnencreme, denn so hoch über dem Meeresspiegel brannte die Sonne gnadenlos. Leider ist Sonnencreme in dem sonst so günstigen Bolivien unglaublich teuer: Eine 200-ml-Flasche kann gut und gerne 30 Euro kosten – in Deutschland bekommt man die gleiche Tube für ein Drittel dessen. Solltest du mal nach Bolivien fliegen und noch nach einer Möglichkeit suchen deinen Urlaub rezufinanzieren: Melde dich bei mir – ich hätte da eine Geschäftsidee! Gegen Mittag kehre ich ins Hostel zurück und ruhe mich ein wenig aus. Ich merke die Höhe deutlich: Egal, ob es die Treppenstufen in die zweite Etage des Hostels oder die steile Gasse auf dem Weg zum Abendessen sind – in 4000m Höhe bringt ein selbst die kleinste Aktivität außer Atem!























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